In der Mitte des 14. Jahrhunderts in England: Ein Earl wird wegen Verrats hingerichtet und seine Ländereien eingezogen. Der Sohn des früheren Earls steht auf einmal mittellos da und weiß nicht, wohin er sich wenden soll. Er beginnt ein neues Leben als Stallknecht – doch wie sollte es anders sein bei Gablé? Natürlich kommt er auch wieder in Kontakt mit der großen Politik in England ^^
Erstauflage: 1997
Seitenanzahl: 1193
Review online seit: 17.08.2013
Zuerst gelesen: Anfang 2000er, zuletzt: August 2013
Das Lächeln der Fortuna: Handlung
England anno domini 1360: Der zwölfjährige Robin, letzter Sohn und Erbe des Earls of Waringham, lebt seit 5 Jahren in einem Kloster. Durch einen Boten erfährt er, dass sein Vater in Frankreich als Verräter der Krone gestorben ist. Das Lehen wird eingezogen und Robin steht auf einmal als Waise und ohne Besitz oder Zukunft da. Er flieht aus dem Kloster und schlägt sich nach Waringham durch, wo er im dortigen Gestüt als Stallknecht aufgenommen wird.
Mit diesem neuen Leben ist er eigentlich zufrieden – wenn da nicht Mortimer Dermond wäre, der Sohn des neuen Earl of Waringham. Dieser macht ihm das Leben schwer. Einige Jahre später jedoch wird die Lage für Robin so ernst, dass er um sein Leben fürchten muss, und er flieht. Durch einen merkwürdigen Zufall kann er sich selbst als Earl of Waringham ausgeben und kommt so in Kontakt mit den Mächtigen des Reiches.
Das Lächeln der Fortuna: Rezension
Das Lächeln der Fortuna knüpft zeitlich an die Geschehnisse aus „Der König der purpurnen Stadt“ an, erzählt jedoch aus einer anderen Perspektive. Schön ist, dass einem die Welt dadurch nicht fremd ist. Einige Charaktere kennt man aus der purpurnen Stadt bereits, Robin selbst ist der Sohn eines Nebencharakters aus dem anderen Buch.
Ähnliche Grundgerüste bei Gablés Büchern
Wie in „purpurne Stadt“ ist der Hauptdarsteller zu Beginn der Geschichte eher machtlos und den Umständen ausgeliefert. Im Laufe der Jahre jedoch kann er sich behaupten und wird selbst zur mächtigen Person. Ich schreibe das nicht als Spoiler (dass Robin kein Stallknecht bleibt, kann man sich vorstellen, niemand schreibt 1200 Seiten über einen Stallknecht :D), sondern als eine Art von Kritik an Gablé. Man erkennt eben gewissermaßen ein Schema. So bleibt das Gerüst ihrer Bücher gleich, nur die Fassade ändert sich ^^
Zu „Das Lächeln der Fortuna“ passt es aber natürlich gut, dass Robin am Anfang alles verliert, zum Niemand wird und schließlich wieder mit den Mächtigen des Reichs im Bunde ist. Genau das zeigt auch das Rad der Fortuna auf dem Cover: Die Glücksgöttin Fortuna hebt zum Spaß den einen an und lässt den anderen Fallen – nur, um später alles wieder rückgängig zu machen.
Es ist sehr positiv anzumerken, dass Gablés Bücher aber alle einen gewissen Bildungscharakter haben. Die Autorin recherchiert immer sehr anständig und die „politische Großwetterlage“ in England präsentiert sich so bunter und greifbarer, als wenn man nur den Wikipedia-Artikel zu den historischen Ereignissen liest.
Charaktere und deren Nutzen
Die Charaktere sind leider sehr stereotypisch.
- Robin ist hier der Gute: anständig, ehrlich, loyal, natürlich auch politisch und handwerklich fähig. Das ist irgendwie etwas langweilig.
- Sein Gegenspieler Mortimer dagegen ist der Böse: willkürlich, ungerecht, hinterlistig. Auch das ist langweilig.
Zu Beginn ist die Geschichte sehr auf Robin und sein unmittelbares Leben beschränkt – das ändert sich jedoch im Verlauf der nächsten tausend Seiten. Am Ende ist Robin nicht mehr wirklich ein Mensch mit Wünschen und Gefühlen, sondern im Grunde nur noch ein „Mikrofon“ neben den wirklichen historischen Persönlichkeiten. Über Robin erfahren wir, was der Duke of Lancaster denkt und Robin dient ihm als loyaler Ratgeber. Das ist ein bisschen schade, es scheint, als hätte Gablé den roten Faden im Buch gewechselt. Als wollte sie erst ein Buch über Robins Leben schreiben – ist es auch, er kommt bis zum Ende jedenfalls vor – und geht dann dazu über, die historische Rahmenhandlung, die ja durch die tatsächlichen Umstände vorgegeben ist, mehr hervorheben.
Erschwerend kommt hinzu, dass vor allem in der zweiten Buchhälfte zeitliche Sprünge stattfinden, da sind dann locker mal 5-10 Jahre vergangen. Dadurch kommen neue wichtige Charaktere hinzu, die anfangs eben noch gar nicht geboren waren. Und es werden immer mehr, da gibt es auf einmal Enkelkinder und Söhne von einstigen Knappen, während ehemalige wichtige Figuren kaum noch Erwähnung finden. Das wird am Ende doch irgendwie unübersichtlich.
Das Lächeln der Fortuna: Wertung
Ich kritisiere hier viel, aber das täuscht! Alles in allem ist „Das Lächeln der Fortuna“ ein schönes Buch, das einige vergnügliche Lesestunden bietet. Zumindest mich hat es zum weiteren Schmökern auf Wikipedia anregt. Eigentlich hätte ich lieber 3,7 Sterne gegeben, aber das sieht mein Sternsystem nicht vor :D
Gablé versteht es gut, der Zeit und den Menschen Leben einzuhauchen. Irgendwas passiert immer und wirklich langweilig wird es nie. Der Handlungsspielraum ist recht großzügig:
- mal ist Robin auf seinem bescheidenen Gut und kümmert sich um die Pferde
- mal ist er im Krieg und unterminiert Stadtmauern
- dann wieder flieht er vor einer wütenden Menschenmenge in London
- als nächstes werden schon wieder Intrigen geschmiedet