Was war eigentlich vor 224 Jahren in Karlsruhe los? Der Blick in das großherzlogische „Allgemeine Intelligenz- oder Wochenblatt“ (mit Hochfürstlich · Markgräflich · Badischem gnädigstem Privillegio) des heutigen Tages im Jahre 1798 gibt Aufschluss. Da stand so viel Interessantes drin, dass ich euch gleich mehrere Meldungen zeigen muss :D
Wegen Verschwendung mundtot gemacht
Obrigkeitliche Notifikation.
Transkription des unteren Absatzes
Hochberg. Jakob Arnold von Gundelfingen ist für einen Verschwender und für mundtot erklärt und ihm sein Bruder Wilhelm Arnold daselbst zum Pfleger gesetzt worden, ohne dessen Einwilligung demselben also Niemand etwas borgen oder mit ihm handeln solle bey Verlust der Forderung. Verordnet bey Oberamt Emmendingen den 31ten July 1798.
Mundtot gemacht? Das heißt doch, dass man jemanden zum Schweigen bringt? Nein, früher war das ein Ausdruck der Rechtsprechung und bedeutete die Aberkennung der Geschäftsfähigkeit. Da hat der Jakob offenbar zu viel Verschwendung betrieben. Ob sein Bruder ein guter Vormund war?
Scheidung wegen böslicher Verlassung
Carlsruhe. Der schon vor einem Jahr seine Ehefrau Dorothea, gebohrne Marbin [?], böslich verlassen habende Christoph Heinrich Bachmeier von Wössingen, soll auf angebrachte Ehescheidungsklage gedacht seiner Ehefrau wegen dieser böslichen Verlassung binnen 2 Monaten, von heute an, vor hiesigem Ehegericht in Person erscheinen, und auf die angebrachte Klage sich gehörig verantworten, sofort des Rechts abwarten, widrigendfalls klagende Ehefrau ihres Ehebandes entbunden erklärt gegen ihn aber auf Beitreten das Weitere vorbehalten werden wird. Verordnet im Fürstl. Ehegericht Carlsruhe den 18ten July. 1798.
Transkription
Oha, der olle Bachmeier hat seine Frau böslich verlassen und soll nun gefälligst in den nächsten zwei Monaten vor dem Ehegericht erscheinen. Ob er den Aufruf wohl mitbekommen hat und noch aufgetaucht ist? Und wenn nicht, was wurde aus Dorothea, geborene Marbin, als geschiedene Frau? Und warum hat er sich überhaupt davon gemacht? Fragen über Fragen!
Vom Wohnungs- und Kleinanzeigenmarkt
Sachen zu verleihen sind.
Transkription des dritten und vierten Absatzes
Carslruhe. Bey Jungfer Heningin rächt [rechts] der Post ist vor [für?] einen ledigen Herrn Stub und Kammer zu verlehnen, und kann gleich oder auf den 23ten October bezogen werden.
Sachen so zu verkaufen.
Carlsruhe. Es steht hier eine leichte vierrädrige Postchaise [Kutsche], die man auch mit einem Pferd führen kann, ferner ein Capriolet [andere Kutsche], auch ein englischer und ein Husaren Sattel nebst Zeug, täglich zu verkaufen. Ist in der Macklots Hofbuchhandlung [siehe unten] zu erfahren.
Dass man da auch noch Jungfer dazu schreiben muss ^^ Vermutlich war Frau Heningin eben als unverheiratete Dame bekannt, also als Jungfer. Bei Postchaise und Capriolet musste ich auch erstmal googeln.
Neues in der Buchhandlung
Apropos Macklots Hochbuchhandlung, da gibts neuen Lesestoff! Macklots Hofbuchhandlung bestand als Macklotsche Druckerei und Verlag bis 1978.
Transkription
In Macklots Hofbuchhandlung in Carlsruhe ist neu zu haben.
– Noch etwas über den Kantischen Begriff vom gerichtlichen Eid
– Provinzialblätter Schwäbische über Armenversorgung und Armenerziehung. 3tes Heft.
– Gangershausen [?]. Minos, oder Leben und Thaten Friedrichs II. in der Unterwelt. 8. Berlin
– Walter. Von trocknen Knochen des menschlichen Körpers. 4. verbesserte Aufl. 8. Berl.
– Dictionaire nouveau Franc. & Allem. & Allem-Francois p. le Roux
– Bernhards. Volksständ[?]. Abhandl. vom Wiesenbau, so wohl dem künstl. als natürl. 8. Stuttgardt
Da ist sicher für jeden Intellektuellen was dabei :D
Lusttragende ersteigern sich eine Wohnung
Carlsruhe. Bis Donnerstag den 6ten September dieses Jahres Nachmittag um 2 Uhr wird in der Wohnung des Anwalds [Anwalt] Kiefer zu Klein Karlsruhe [Teil der heutigen Karlsruher Altstadt, Innenstadt-Ost] die dem Reitknecht Hauck zugehörige zweystöckigte Behausung, einseits neben dem Korporal Hilbiwer, und anderseits neben dem Taglöhner Haas in der Durlacher Thor Strasse [heutige Kaiserstraße] gelegen, gegen baare Bezahlung an den Meistbietenden öffentlich versteigert werden. Die hierzu Lusttragende wollen also bey der Steigerung auf besagten Tag und Stunde in der Anwald Kieferischen Wohnung in Klein Karlsruhe sich einfinden und die nähere Bedingungen allda anhören. Verordnet beym Marschallamt Karlsruhe den 6. August 1798.
Transkription
Süß, wie dort steht, wer die direkten Nachbarn sind, natürlich alles ledige Herren.
Schreibe einen Kommentar