Wie läuft’s ohne Fleisch?

„Ich verzichte auf Fleisch und versuche das fortzuführen.“ – das habe ich im Mai geschrieben. Und jetzt, ein gutes halbes Jahr später, wollte ich mal ein Update liefern. Wie ist es mit dem „Versuch“ weitergegangen?

Recht gut, würde ich resümieren. Ich kaufe im Alltag kein Fleisch mehr. Zu 100 % verzichtet habe ich aber auch nicht. Hier eine kleine Beichte: Für Pierres Geburtstagsfeier im Mai hatten wir Fleisch gekauft und ich habe ein Putenschnitzel gegessen. Auswärts habe ich auch mehrmals Fisch bestellt, besonders in unserem Großbritannien-Urlaub. In einem Hotel hab ich morgens eine Scheibe Schinken gegessen, damit sie nicht liegenbleibt und weggeworfen wird.

Es sind also spezielle Gelegenheiten, in denen ich schwach werde. Meistens ist die vegetarische Auswahl dann „dem Anlass entsprechend“ nicht interessant genug: Wenn wir schon weg sind, dann soll es auch was anderes geben als Kartoffeln mit Gemüse. Und zu Fish & Chips gehört eben Fish.

Was fehlt besonders?

Meistens habe ich dann aber auch ein schlechtes Gewissen. Mir ist immer bewusst, dass mein Essen ein totes Tier ist. Allein das hält mich schon davon ab, öfter Fleisch zu essen.

Aus dem Alltag haben wir Fleisch und Wust also komplett verbannt. Und das fiel mir erstaunlich leicht. Ja, ich vermisse hin und wieder eine ordentliche Bolognese-Soße und Pizza ohne Salami ist nicht dasselbe, finde ich.

Ich habe Pizza immer geliebt und eine selbstgemachte salami-lose Pizza ist eigentlich undenkbar. Die hat für mich fast ihren gesamten Reiz eingebüßt. Mit Salami-Ersatz aus Getreideprotein kann ich mich nicht anfreunden. Wie wird das erst beim nächsten Raclette werden? Auch für Döner fehlt mir noch eine Alternative. Beim Dönermann habe ich den Veggie-Döner mit Falafel probiert, aber das ist einfach nichts.

Aber dennoch – ich ziehe das durch. Eine nicht mehr ganz so gut schmeckende Pizza ist meiner Meinung nach die bessere Wahl als Fleisch aus Massentierhaltung für den besseren Geschmack.

Fleischersatz

Außerdem kann ich jedem nur ans Herz legen, von den Fleischersatz-Produkten im Supermarkt zu probieren. Davon gibt es mittlerweile eine ganze Menge. Es ist ja nicht so, dass wir jetzt nur noch gekochtes/gebratenes Gemüse essen. Manche dieser Produkte sind wirklich lecker und kommen dem Fleisch-Original tatsächlich recht nahe.

Sehr angetan haben es mir etwa die „Like Meat„-Produkte wie „Like Schnitzel“, „Like Nuggets“ und „Like Schnitzel“. Bei Aldi gibt es auch leckere Fischstäbchen ohne Fisch, und auch fleischlose Fleischbällchen aus Erbsenprotein habe ich mir schon gut schmecken lassen. Das ist keine Werbung, sondern eine Anregung :D Hier kann man einfach mal ein bisschen probieren. Mir schmeckt auch nicht alles davon – aber es eröffnet sich doch eine neue Welt.

Fleischersatz-Regal im Supermark

Dieser Fleischersatz ist aber nichts für täglich (auch wegen der vielen Kunststoffverpackungen… die Welt ist so schwierig ^^). Wir ergänzen nur hin und wieder die Mahlzeit damit, um sie aufzupeppen. Der gute Geschmack dieser Produkte hat mich wirklich überrascht, er kann teilweise wirklich mit echtem Fleisch mithalten.

Man mag nun einwenden: Dieses Fleischersatz-Zeug kommt mir nicht auf den Teller, das ist doch industriell verarbeitet und voller Zusatzstoffe! Ja. Das sind Wurstaufschnitt und andere Fleischprodukte aber auch. Beim Fleischersatz wurde auch öfter ein zu hoher Salz- und Mineralöl-Anteil festgestellt. Also die happy Traumlösung für morgens, mittags und abends sind hühnerlose Chicken Nuggets auch nicht. ABER: Wie ich Artikeln wie hier und hier entnehme, ist Fleischersatz noch immer etwas besser als vergleichbare Fleischprodukte.

Wenn ich also die Wahl habe zwischen ungesundem Fleisch + das Wissen über Tierleid, oder einem ungesunden Fleischersatz, dann entscheide ich mich für den Fleischersatz. Wir haben festgestellt, dass wir insgesamt auch weniger essen. Früher haben wir recht viel Fleisch gekauft und verbraucht. Heute kaufen wir eine Packung vegane Fischstäbchen, die nur fünf Teile enthält. Früher wäre mir das zu wenig gewesen, aber heute denke ich mir, was solls, es macht doch nicht die Masse. Ist ja nur eine Beilage ^^

Übers Fleisch hinaus: Was ist mit Milch und Eiern?

Auf Fleisch zu verzichten ist, finde ich, schon mal ein wichtiger Schritt. Für mich ist das aber auch ein Sprungbrett: Wenn es ohne Fleisch geht, dann vielleicht auch ohne Milch?

Weg mit der Kuhmilch – ich versuchs

Auch Milchkühen geht es nicht besonders gut. Und wenn man sich bewusst macht, was Milch genau ist, dann ist sie eigentlich auch nicht sooo appetitlich. Ich brauche Milch für mein tägliches Müsli und für den Kaffee. Also hab ich eine Weile nach Ersatzmilch gesucht, also Hafermilch. Das hat ein bisschen gedauert und auch Überwindung gekostet: Zu beige, zu dünn, zu haferig. Dann bin ich bei Alpro hängengeblieben.

Die empfinde ich persönlich als guten Ersatz und habe seit Mai oder so auch Kuhmilch komplett von meiner Einkaufsliste verbannt. Klar, der Geschmack ist erst „anders“. Aber: Wenn ich jetzt nochmal H-Milch oder frische Milch probiere, dann schmeckt die auch „anders“. Es ist alles eine Sache der Gewöhnung, und ich bin mit Hafermilch jetzt komplett zufrieden.

Leider ist Hafermilch teurer als Kuhmilch. Ich überlege, selbst Hafermilch herzustellen, das sei eigentlich ganz einfach und wäre ein weiterer Schritt hin zu mehr Unabhängigkeit :D

Von Alpro gibt es übrigens auch leckere Joghurts, die kaum anders schmecken als Milchjoghurt. Allgemein lohnt es sich meiner Meinung nach, die veganen Alternativen zu Joghurt auszuprobieren. Bei Aldi hab ich z.B. interessanten Joghurt auf Kokosmilchbasis probiert.

Auf Butter zu verzichten ist ja relativ einfach. Magerine ist ein guter pflanzlicher Ersatz (zwar nicht ganz so lecker, finde ich, aber ok). Mir fehlt allerdings Frischkäse, also sowas wie Exquisa oder Philadelphia, das war mein Standard-Brotschmiermittel (statt Butter) als Unterlage für Käse, Sirup, Marmelade etc.

Große Probleme habe ich aber mit Käse. Bisher konnte ich mich nicht auf einen milchfreien Käse einlassen. Zu sehr liebe ich einfach Gouda, Gran Padano, Camembert etc. Immerhin: Davon esse ich nicht sooo viel. Vielleicht ist es vertretbar, Hafermilch zu trinken, veganen Joghurt zu essen und trotzdem Käse zu genießen. Aber mal schauen – nachdem ich mich vom Fleisch getrennt hab, kommt vielleicht auch noch der klassische Käse unter die Räder.

Statt viel Käse zu essen könnte man seinen Blick auch auf die orientalische Küche richten. Hummus (Kichererbsenmus – mit verschiedenen Geschmacksrichtungen) ist ja schon recht weit verbreitet. Tahina hab ich erst in Marokko kennengelernt. Das ist eine flüssige Sesampaste, die ähnlich schmeckt wie Erdnussbutter. Seit Marokko haben wir immer ein Glas Tahina da und man kann das als herzhaften Aufstrich aufs Brot schmieren. I like it :D

Eier – kein gutes Thema

Auch von Eiern komme ich bisher nicht los. Selbst Bio-Haltung ist für Hühner nicht besonders artgerecht. Und ich dachte, dass Bio-Eier eigentlich gut wären, deswegen hatte ich sie gekauft, um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Die PETA zeigt aber auf, dass auch Bio-Haltung mit schwerem Tierleid verbunden ist. Demnach sollte man eigentlich komplett auf industriell erzeugte Eier verzichten.

Und auch dann, wenn man selbst Hühner hält und sie ein glückliches Leben mit genügend Auslauf haben, handelt es sich meistens um überzüchtete Hühnerrassen, die viel mehr Eier legen, als für das Tier erforderlich. Das führt zu Entzündungen und viel Stress.

Also: Das Thema Eier ist leider nicht mit Freude verbunden. Ich weiß das und kaufe trotzdem immer welche. Immerhin essen wir nicht mehr so viele wie früher. 1-3 pro Woche pro Person – früher waren es locker 5 oder mehr. Wenn es sie gibt, kaufe ich Eier aus Mobilstallhaltung. Das ist wohl besser als normale Bio-Haltung. Leider gibt es diese Eier auch nicht in jedem Supermarkt.

Leid tut mir an dieser Stelle, dass für Nudeln häufig Eier aus den schlimmsten Haltungsformen verwendet werden, weil sie am billigsten sind. Und diese Eier müssen auch nicht gekennzeichnet werden. Deswegen kaufe ich auch wenn möglich Nudeln mit Eiern aus Mobilstallhaltung (danke an dieser Stelle an den tollen Rewe in Ziegelhausen, der Mobilstall-Produkte und auch Unverpackt-Waren verkauft :D).

Natürlich merkt man das auch deutlich am Preis.

Ein Traum wäre, irgendwann mal eigene Hühner zu halten. Die wären auch nicht primär zum Eierlegen da – ich könnte mir vorstellen, gerettete Hühner aus Massentierhaltung aufzunehmen und ihnen ein schönes Leben zu ermöglichen. Eier gibt es dann zwar nicht so viele, aber meine Güte, was sollte man auch mit fünf Eiern oder so am Tag anstellen ^^ Eine andere Idee wäre die Haltung von älteren Rassen, die nicht aufs Eierlegen überzüchtet wurden – Fragezeichen, mal sehen. Ein Grundstück dafür haben wir bald :D (Info folgt ^^)

Vegetarier? Flexitarier? Und wie geht es weiter?

Tja. und was bin ich nun? Ich würde nicht versuchen, ein Label auf meine Ernährungsweise draufzukleben. Reiner Vegetarier bin ich nicht, weil ich Fleisch nicht grundsätzlich ablehne, sondern nur die industrielle Massentierhaltung. Aus Faulheit, nach Alternativen zu suchen, lebe ich allerdings größtenteils vegetarisch.

Nur Hafermilch macht natürlich auch keinen Veganer. Ich weiß auch nicht, ob es mein Ziel wäre, mich als Veganer bezeichnen zu wollen, also grundsätzlich nichts zu essen, was tierische Erzeugnisse enthält. Wenn ich es schaffe, zu 90 % pflanzenbasiert zu essen, wäre das für mich schon ein gutes Ziel. Die restlichen 10 % sollten idealerweise aus „kleinbäuerlicher“ bzw. Privaterzeugung stammen.

Ich freue mich, dass ich jetzt, mit immerhin 40 Jahren, mental so weit bin, auf Fleisch und Milch zu verzichten. Ich hätte das eigentlich nicht für möglich gehalten. Und ich schäme mich, wie ich die Dinge noch vor ein paar Jahren gesehen habe.

Als Pierre vor Jahren mal Hummus gekauft hat, wusste ich nicht, was das ist. „Hahaha, Humus, du isst Erde? Wääääh, da werd ich aber nix von essen, behalte das mal schön für dich“. Ja, ich wusste, dass es Hummus heißt und nicht Humus, aber ich wollte Pierre irgendwie ärgern, dafür, dass er es wagte, was Neues auszuprobieren. Pierre selbst verzichtet übrigens auch weitgehend auf Fleisch und hat sich mit Hafermilch angeschlossen, er greift aber in nicht-alltäglichen Situationen eher zu Fleisch als ich (Döner, Salamipizza etc).

Und auch über das Thema Fleischersatz hab ich mich vor 7-10 Jahren noch lustig gemacht. Als meine Schwester zu dem Zeitpunkt vegetarisch leben wollte, hab ich mal ein Sojaschnitzel probiert und fand es nicht gut. Daraufhin hab ich überall rumerzählt, dass Sojaschnitzel wie Karton schmecken und mir nie wieder auf den Teller kommen.

Auch Fleischersatzprodukte fand ich irgendwie inkonsequent: Wollen die jetzt Fleisch essen oder nicht? Mittlerweile bin ich zum Glück weiter. Und ja, „die“ mögen Fleisch eigentlich, aber „die“ wollen nicht, dass Tiere dafür ein elendiges Leben leben. Deswegen: Her mit dem veganen Schnitzel ^^

Gleichzeitig möchte ich meine neue Denkweise nicht zu sehr an die große Glocke hängen oder andere aufgrund ihres Fleischkonsums verurteilen. Das ist nicht unbedingt leicht, und das merke ich jetzt. Vor 7-10 Jahren war es für mich normal, Fleisch zu essen, über die Tiere habe ich mir eher wenige Gedanken gemacht. Heute tue ich es, und weiß: Wer Fleisch isst, der macht sich entweder ebenfalls keine Gedanken, oder das Tierleid ist ihm egal. Ergo: Ich habe dann das Gefühl, dass ich „schon weiter“ bin. Da ist der Vorwurf oder die Belehrung natürlich nicht weit.

Ich glaube aber, dass jeder Mensch selbst an den Punkt kommen muss, sich Gedanken über sein Essen zu machen, und Schimpfen hilft da einfach nicht. Daher halte ich mich beim Thema Fleisch einfach möglichst zurück. Ich muss mir nur bewusst machen, dass ich ja auch mal „so“ war.

Werter Leser, falls du es bisher noch nicht probiert hast: Schau dir die veganen Alternativen doch mal an :) Du hast ja nichts zu verlieren, aber einiges zu gewinnen. Und falls du selbst ähnliche Erfahrungen bzw. Gedanken machst wie ich: Wie ergeht es dir damit? Schreib mir gern ^^

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One Comment

  1. Vanessa

    Hi Debbie!
    Frohes neues Jahr erstmal und danke für deinen Artikel :-)
    Bei mir sieht es gerade ziemlich gleich aus und ich finds auch gut, sich bewusst keine Bezeichnung auf die Ernährung zu heften, sondern einfach zu schauen, was gut zu den eigenen Bedürfnissen, Werten und dem Alltag so passt.
    Mein Tipp für Veggie-Bolognese sind diese getrockneten Sojakrümel, die es z.B. in Drogeriemärketen, Supermärkten oder auch unverpackt gibt. Das funktioniert richtig gut, vor allem mit ordentlich Gewürzen, Knoblauch und einem Schluck Rotwein zum Ablöschen.
    Geheimtipp meiner Schwester ist gekochter Buchweizen in der Bolosoße, das habe ich aber noch nicht selbst ausprobiert.
    Inzwischen habe ich auch nur noch Hafermilch zuhause und mir schmeckt „richtige“ Milch gar nicht mehr gut im Kaffee. Zwei Produkte haben mir dabei auch gut gefallen, einmal das Haferdrink-Konzentrat von dm, das man sich nach Geschmack mit Wasser verdünnen kann (sind auch kleinere Packungen) und ein Haferdrink-Pulver zum Selbstmischen, das ich online und in Unverpackläden gefunden habe (auch campingtauglich).
    Die Ersatzprodukte nehmen wir auch gern zur Abwechslung, aber wir du sagst, eher als nette Beilage, als dauernd und viel davon.
    Wenn ich mal ganz weg will von Ersatzprodukte, finde ich Hülsenfrüchte inzwischen super, um viele Gerichte aufzuwerten, also einfach Kichererbsen, Bohnen in allen möglichen Varianten oder Linsen :-) Auf die Gewürze kommt es ja an.
    Teile doch mal wenn du Zeit und Lust hast, eure Lieblingsrezepte.
    Viele Grüße
    Vanessa

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