Ich bin im Sommer auf einen wirklich „mindblowing“ Text gestoßen, der mich zum Überlegen gebracht hat und der genau zeigt, dass alles, was wir so kennen und erleben, und vor allem glauben über das Universum und unsere Stellung darin zu wissen, einfach irrelevant sein kann.
Es geht um diese höchst interessante Frage: Theoretisch müsste es außer uns in der Galaxie so viele weitere intelligente Zivilisationen geben – wieso finden wir sie nicht?
Der folgende sehr interessante Text stammt von der englischsprachigen Seite waitbutwhy.com. Ich habe ihn nur übersetzt und leicht angepasst. Alles Folgende stammt also vom Original-Autor Tim Urban, nicht von mir. Viel zu lesen, aber es lohnt sich für jeden, der sich für das Thema außerirdische Zivilisationen, Dyson-Spähren usw. interessiert!
Was ist das Fermi-Paradoxon?
Von Tim Urban
Jeder fühlt etwas, wenn er an einem wirklich lichtarmen Ort in einer sehr sternenklaren Nacht nach oben schaut und das hier sieht:
Manche Leute halten wegen der epischen Schönheit nur inne, andere erstarren in Ehrfurcht vor der puren Größe des Universums. Ich persönlich erlebe die klassische „existentielle Kernschmelze, gefolgt von merkwürdigem Verhalten in der nächsten halben Stunde“. Jeder fühlt irgendwas.
Auch der Physiker Enrico Fermi hat etwas gefühlt und sich gefragt „Wo sind alle anderen?“
Ein sehr sternenklarer Himmel sieht RIESIG aus – aber alles, was wir sehen, befindet in unserer direkten Nachbarschaft. In den besten Nächten können wir mit bloßem Auge bis zu 3000 Sterne sehen, das ist nur etwa ein hundert Millionstel aller Sterne unserer Galaxie. Fast alle davon sind weniger als 1000 Lichtjahre von uns entfernt, der anders gesagt, wir sehen nur 1% des Durchmessers der Milchstraße. Alles was wir wirklich sehen können, ist das:
Wenn man mit dem Thema Sterne und Galaxien konfrontiert wird, fragen sich viele Menschen: „Gibt es dort draußen anderes intelligentes Leben?“. Sehen wir uns doch mal ein paar Zahlen an.
Von Sandkörnern und Sternen
Es gibt ungefähr gleich viele Galaxien wie Sterne in unserer Galaxie (100 – 400 Milliarden) im bekannten Universum. Das heißt, für jeden Stern in der riesigen Milchstraße gibt es eine ganze Galaxie da draußen. Insgesamt kommt das auf eine Größenordnung von typischerweise genannten 10^22 und 10^24 Sterne insgesamt, was bedeutet, dass auf JEDES Sandkorn auf jedem Strand der Erde 10.000 Sterne kommen.
Wissenschaftler sind sich nicht völlig einig darüber, wie viele dieser Sterne in
- Größe,
- Temperatur und
- Leuchtkraft
unserer Sonne ähneln. Die Meinungen variieren üblicherweise von 5% – 20% sonnenähnliche Sterne. Wenn man den zurückhaltendsten Wert (5%) sowie die kleinste Menge an Sternen im Universum (10^22) annimmt, sind das 500 Milliarden Milliarden sonnenähnliche Sterne.
Planeten mit erdähnlichem, intelligenten Leben
Unklar ist auch, um wie viele dieser sonnenähnlichen Sterne ein Planet mit erdähnlichen Bedingungen kreist, dh.
- flüssiges Wasser besitzen kann
- ähnliche Temperaturen aufweist
- Leben unterstützt, das dem auf der Erde ähnelt
Manche sagen, er liegt bei 50%, aber wir nehmen jetzt den zurückhaltenderen Wert von 22% an, der jüngst in einer PNAS-Studie ermittelt wurde. Das bedeutet, dass um wenigstens 1% aller Sterne im Universum ein potentiell erdähnlich bewohnbarer Planet kreist – insgesamt wären das also 100 Milliarden Milliarden erdähnliche Planeten.
Es gibt also 100 erdähnliche Planeten für jedes Sandkorn auf der Erde. Denk daran, wenn du das nächste Mal zum Strand gehst.
Ab jetzt können wir nur spekulieren. Nehmen wir an, dass sich nach einer Milliarde Jahren auf 1% der erdähnlichen Planeten Leben entwickelt. Um beim Sandkorn-Vergleich zu bleiben: Dann würde jedes Sandkorn der Erde einen belebten Planeten repräsentieren. Und nehmen wir an, dass auf 1% dieser Planeten das Leben ein ähnliches Intelligenz-Level erreicht wird wie hier auf der Erde. Das würde bedeuten, dass es 10 Millionen Milliarden intelligente Zivilisationen im bekannten Universum gäbe.
Wenn wir jetzt nur auf unsere Galaxie schauen und die selbe Rechnung nach der Drake-Formel für die kleinste angenommene Menge von Sternen in der Milchstraße (100 Milliarden) wiederholen, dann hätten wir eine angenommene Zahl von einer Milliarde erdähnlichen Planeten und 100.000 intelligenten Zivilisationen in unserer Galaxie.
SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence) ist eine Organisation, die nach Signalen von anderem intelligenten Leben sucht. Wenn es 100.000 oder mehr intelligente Zivilisationen in unserer Galaxie gibt, und wenigstens auch nur ein Bruchteil davon Radiosignale oder Lichtstrahlen versendet, sollten dann nicht SETIs Radioteleskope diese Signale aufzeichnen?
Aber sie haben keine Signale aufgezeichnet. Nicht eines. Niemals.
Wo sind denn die Aliens?
Zivilisationen mit Milliarden Jahren Vorsprung
Es wird verwirrender. Unsere Sonne ist relativ jung im Vergleich zur Existenz des Universums. Es gibt weit ältere Planeten mit weit älteren erdähnlichen Planeten, was in der Theorie bedeutet, dass es Zivilisationen gibt, die sehr viel weiter entwickelt sind als wir. Als Beispiel vergleichen wir unsere 4,54 Milliarden Jahre alte Erde mit einem hypothetischen, 8 Milliarden Jahre alten Planeten X.
Wenn Planet X eine ähnliche Geschichte hat wie die Erde, dann schauen wir nun, wie weit ihre Zivilisation heute wäre. Die orangene, 65 Mio. Jahre lange Zeitspanne dient als Vergleich, um zu zeigen, wie groß die grüne Zeitspanne ist:
Gehen wir von heute 1000 Jahre zurück, befinden wir uns im frühen Mittelalter. Der Fortschritt in Wissen und Technologie ist schon sehr krass. Eine Zivilisation, die eine Million Jahre weiter wäre als wir, wäre für uns so unverständlich wie die menschliche Kultur für einen Schimpansen. Und der hypothetische Planet X ist 3,4 Milliarden Jahre weiter als wir…!
Zivilisationen und ihr Energievorrat
Die sogenannte Kardaschow-Skala gruppiert intelligente Zivilisationen anhand der Energie, die sie nutzen, in drei Fortschrittskategorien:
- Typ I-Zivilisation: Kann die gesamte Energie auf ihrem Planeten nutzen. Wir sind noch nicht ganz eine Typ I-Zivilisation, aber wir sind nahe dran: Carl Sagan hat eine Formel für diese Skala erdacht, die uns immerhin als Typ 0,7-Zivilisation definiert.
- Typ II-Zivilisation: Kann die gesamte Energie ihres Heimatsterns nutzen. Unsere rückständigen Typ I-Gehirne können sich nur schwer vorstellen, wie so etwas möglich ist, aber wir immerhin schon Ideen, wie eine Dyson-Sphäre.
- Typ III-Zivilisation: Kann die Energie der gesamten Milchstraße nutzen und stellt die beiden anderen Zivilisationen in den Schatten.
Wenn dieses technologische Level unvorstellbar erscheint, dann denk an Planet X weiter oben und seine 3,4 Milliarden Jahre Vorsprung an Entwicklung. Wenn eine Zivilisation auf Planet X den gesamten Weg bis zur Typ III-Stufe überlebt hätte, dann hätten sie bis heute wahrscheinlich interstellares Reisen entwickelt. Vielleicht könnten sie sogar die gesamte Galaxie besiedeln.
Wie geht galaktische Kolonisierung?
Eine Hypothese, wie galaktische Kolonisierung möglich sein könnte, wäre dieses Schema:
- Zu einem anderen Planeten reisen, dort ungefähr 500 Jahre bleiben und sich selbst replizieren, indem die Rohmaterialien des neuen Planeten genutzt werden
- Dann zwei weitere Kolonisierungsexpeditionen schicken, die das selbe nochmal machen
So breitet sich die Zivilisation exponentiell aus. Selbst ohne das Reisen mit annähernder Lichtgeschwindigkeit könnte man die gesamte Galaxie innerhalb von 3,75 Millionen Jahren kolonisieren. Das ist ein kurzer Augenblick, wenn man in der Größenordnung von Milliarden Jahren denkt:
Um mit dem Spekulieren weiterzumachen: Nehmen wir an, immerhin 1 % des intelligenten Lebens überlebt lang genug, um eine interstellar reisende Typ III-Zivilisation zu werden. Nach unseren Berechnungen oben würde das bedeuten, dass es wenigstens 1000 Typ III-Zivilisationen in unserer Galaxie gäbe. Und wenn man die Technologie einer solchen Zivilisation bedenkt, dann würde ihre Präsenz ziemlich auffällig sein.
Und trotzdem sehen wir bisher nichts, hören nichts, und wir sind von niemandem besucht worden.
Also, wo sind sie alle?
Willkommen im Fermi-Paradoxon!
Wir haben keine Antwort auf das Fermi-Paradoxon – wir können uns nur mögliche Erklärungen dafür überlegen. Und wenn du zehn verschiedene Wissenschaftler nach der richtigen Erklärung fragst, wirst du zehn verschiedene Antworten bekommen. Genau wie in der Vergangenheit die Leute darüber stritten, ob die Erde rund ist oder ob sich die Sonne um die Erde dreht, oder dass sie dachten, dass Blitze von Zeus kommen. Genauso primitiv und im Dunkeln herumtappend sind wir jetzt, wenn es um das Fermi-Paradoxon geht.
Wenn man sich die am meisten diskutierten möglichen Antworten für das Fermi-Paradoxon anschaut, dann kann man sie in zwei große Erklärungskategorien unterteilen:
- Es gibt keine Anzeichen für Typ II- und Typ III-Zivilisationen, weil keine da sind.
- Es gibt Typ II- und III-Außerirdische, aber wir können sie aus irgendwelchen Gründen nicht hören oder sehen.
Erklärung 1) Ein Großer Filter sortiert alles aus
Manche Wissenschaftler sagen, dass es keine Hinweise auf höhere Zivilisationen gibt, weil keine da sind. Ihre Argumentation sieht so aus: Wenn Tausende oder Millionen von Zivilisationen existieren würden, dann hätten wir doch wenigstens eine davon bemerkt. Vielleicht gibt es eine universelle Regel, die besagt, dass man uns nicht kontaktieren soll. Aber selbst, wenn uns 99,99% der höheren Zivilisationen nicht beachteten, würden die übrigen 0,1% anders handeln und wir würden ihre Existenz bemerken.
Daher sagen diese Erklärungen dass es keine superfortschrittlichen Zivilisationen gibt. Da es aber nach den Rechnungen oben allein Tausende Zivilisationen in unserer Galaxie geben sollte, müssen wir uns fragen, warum es keine höheren Zivilisationen gibt.
Hier kommt der „Große Filter“ ins Spiel – irgendeine Hürde, die annähernd alle Zivilisationen davon abhält, sich zu einer Typ III-Intelligenz zu entwickeln. Demnach könnte so gut wie keine Spezies es schaffen, eine bestimmte Phase im langen Evolutionsprozess zu überstehen. Diese Phase ist der Große Filter: Er siebt fast alle Zivilisationen irgendwann aus.
Wenn diese Theorie zutrifft, dann ist die große Frage: Wann tritt der Große Filter in der Entwicklungszeitleiste auf? Und was ist diese Hürde überhaupt?
Auch für die Menschheit könnten diese Fragen sehr wichtig sein, wenn es diesen Filter gibt. Abhängig davon, wo der Große Filter auftritt, befinden wir uns in einem von drei möglichen Stadien:
- wir sind die einzigen
- wir sind die ersten
- oder wir sind im Arsch
1. Wir haben den Großen Filter schon überwunden
Vielleicht haben wir den Großen Filter bereits überwunden. Das würde bedeuten, dass Leben allgemein extrem selten unser Intelligenzlevel erreichen kann. Die Grafik unten zeigt als Beispiel nur zwei Spezies, die es in der Vergangenheit geschafft haben, und wir sind eine davon.
Dieses Szenario würde erklären, warum es keine Typ III-Zivilisationen gibt. Aber es würde auch bedeuten, dass wir eine der wenigen Ausnahmen wären, die es so weit geschafft haben. Das klingt erstmal ein wenig so, wie man vor 500 Jahren glaubte, dass die Erde das Zentrum des Universums ist. Es würde bedeuten, dass wir etwas Besonderes sind.
Der sogenannte „observation selection effect“ legt nahe, dass jemand, der über die eigene Existenz nachdenken kann, zwangsläufig etwas besonderes ist. Ob man wirklich so selten ist oder doch ganz gewöhnlich: Die ergrübelten Gedanken und die gezogenen Schlüsse sind identisch. Das zwingt uns dazu, einzugestehen, dass es zumindest möglich ist, dass wir etwas Besonderes sind.
Und wenn wir besonders sind, WANN genau wurden wir es? Oder besser: Welche Stufe, die wir überstanden haben, ist die, an der fast alle anderen scheitern?
Großer Filter: Entwicklung von Leben ansich
Der Große Filter tritt ganz am Anfang auf – es könnte unglaublich ungewöhnlich sein, dass Leben überhaupt entsteht. Immerhin hat es nach Entstehung der Erde etwa eine Milliarde Jahre gedauert, bis sich überhaupt etwas regte. Es gab immer wieder erfolglose Versuche, das Entstehen von Leben im Labor nachzustellen.
Wenn die Entstehung von Leben der Große Filter wäre, dann würde es nicht nur kein intelligentes Leben geben, sondern überhaupt kein anderes Leben.
Großer Filter: Entwicklung von komplexem Leben
Auch der Sprung von der einfachen prokaryotischen Zelle ohne Zellkern zur komplexen eukaryotischen Zelle mit Zellkern könnte die Hürde sein. Prokaryoten blieben für beinahe zwei Milliarden Jahre auf dieser Stufe, bevor die Evolution einen Zellkern und damit größere Komplexität ermöglichte.
Wenn das der Große Filter wäre, dann würde das Universum von simplen prokaryotischen Zellen wimmeln. Dafür gäbe es kaum etwas anderes oberhalb dieses Entwicklungsstadiums.
Großer Filter: Entwicklung von bewusstem, intelligentem Leben
Es gibt noch weitere Möglichkeiten – manche denken sogar, dass unsere aktuelle Phase der Globalisierung und der fortschreitenden Technisierung der Große Filter sein könnte. Obwohl die Hürde des Sprungs von semi-intelligentem Leben (Schimpansen) zu intelligentem Leben (Menschen) erstmal nicht so kompliziert aussieht, weist Steven Pinker die Idee eines „unvermeidlichen Aufstiegs“ der Evolution zurück:
„Da die Evolution kein Ziel hat, sondern einfach passiert, nutzt sie die Adaptionen, die am nützlichsten für eine ökologische Nische sind. Der Fakt, dass dies auf der Erde bisher nur einmal zu einer technologischen Intelligenz führte, mag darauf hindeuten, dass diese natürliche Selektion sehr selten ist und daher auf keine Weise eine sichere Entwicklung in der Evolution des Baums des Lebens darstellt.“
Welche Möglichkeit ist wahrscheinlich?
Die meisten dieser Hürden stellen keine Kandidaten für den Großen Filter dar. Jeder mögliche Große Filter muss derartig schwer oder zufällig zu überwinden sein, dass es es nur eine eins zu einer Milliarden-Chance gibt. So ist zB. der Sprung von einem Einzeller zu mehrzelligem Leben als Kandidat ausgeschlossen, denn es ist bereits 46 mal allein auf diesem Planeten bei isolierten Bedingungen aufgetreten. Wenn wir also irgendwann einmal versteinerte eukaryotische Zellen auf dem Mars finden, würde das die „einfaches zu kompliziertem Leben“-Hürde als möglichen Großen Filter ausschließen – genauso wie alle anderen Hürden vor diesem Punkt in der Evolutionskette. Denn wenn es sowohl auf der Erde als auch auf dem Mars passiert, dann ist es fast sicher kein eins-zu-einer-Milliarde-Ereignis.
Wenn unser Entwicklungsstand tatsächlich so selten ist, dann könnte das wegen eines absolut zufälligen biologischen Ereignisses sein. Denkbar wäre aber auch die „Seltene Erde-Hypothese“. Obwohl es sehr viele erdähnliche Planeten gibt, könnten die ganz speziellen Bedingungen auf der Erde so selten sein, dass wir ganz besonders viel Glück hatten. Diese Bedingungen könnten beispielsweise sein:
- besondere Spezifikationen unseres Sonnensystems
- unser ungewöhnlich großer Mond, der unser Wetter und die Meeresbedingungen beeinflusst
- irgendwas am Planeten Erde selbst
Demnach braucht es eben nicht nur einen erdähnlichen Planeten, sondern im Grunde eben unsere Erde, die das Leben ermöglicht.
2. Der Große Filter ist inzwischen verschwunden
Vielleicht ist die Entstehung von Leben und Intelligenz nicht so selten, sondern kommt häufig vor. Aber es könnte sein, dass sich die Bedingungen im Universum nach dem Urknall erst vor kurzem so verändert haben, dass sich Leben entwickeln kann. In diesem Fall sind wir und auch viele anderen Spezies noch auf dem Weg zu höchster Intelligenz. Wir waren dann einfach zur richtigen Zeit da, um eine der ersten super-intelligenten Zivilisationen zu werden.
Denkbar wäre zB. die Verbreitung von Gammastrahlenausbrüchen. Das sind unglaublich riesige Explosionen, die wir in weit entfernten Galaxien beobachtet haben. Auf der frühen Erde dauerte es einige hundert Millionen Jahre, bevor die Asteroideneinschläge und Vulkanausbrüche soweit abgeklungen waren, dass Leben möglich wurde. Genauso könnte es sein, dass in den ersten paar Milliarden Jahre des Universums kataklysmische Ereignisse wie Gammastrahlenausbrüche von Zeit zu Zeit alles in der näheren Umgebung einäscherte. Das könnte die Entwicklung jeglichen Lebens über eine bestimmte Stufe hinaus verhindern. Jetzt sind wir demnach vielleicht mitten in einer astrobiologischen Phasenveränderung und erst jetzt kann sich erstmals Leben entwickeln, ohne unterbrochen zu werden.
3. Der Große Filter steht uns noch bevor
Wenn wir allerdings weder selten sind, noch zu den ersten Intelligenzen gehören, könnte der Große Filter noch in der Zukunft liegen. Das würde bedeuten, dass Leben sich üblicherweise bis auf unsere Stufe entwickelt, aber dass dann irgendetwas einen weiteren Fortschritt verhindert.
Ein möglicher Großer Filter wäre ein regelmäßig auftretendes natürliches Ereignis, wie ein oben erwähnter Gammastrahlenausbruch, der irgendwann ganz plötzlich alles Leben auf der Erde auslöschen wird. Oder fast alle intelligenten Zivilisationen zerstören sich ganz einfach auf einer bestimmten Stufe der Technologie selbst.
Daher sagt der Oxford-Philosoph Nick Bostrom, dass „keine Nachrichten gute Nachrichten“ seien. Die Entdeckung von einfachstem Leben auf dem Mars wäre verheerend, denn das würde einige Hürden, die wir schon überwunden haben, als Große Filter ausschließen. Wenn wir sogar versteinertes komplexes Leben auf dem Mars finden würden, dann wäre das, wie Bostrom sagt, „die mit Abstand schlechteste Nachricht, die jemals auf der Titelseite einer Zeitung erscheinen würde“. Denn das würde bedeuten, dass der Große Filter mit Sicherheit noch bevorsteht und unsere Spezies vermutlich irgendwann vernichten würde. Bostrom glaubt in Bezug auf das Fermi-Paradoxon, dass „das Schweigen des Nachthimmels Gold sei“.
Erklärung 2) Logische Gründe erklären das Schweigen
Diese Erklärungsgruppe geht davon aus, dass es sehr viele höhere Zivilisationen gibt – wir haben bisher nur noch nichts von ihnen gehört. Diese Ideen distanzieren sich davon, dass wir selten oder besonders oder die ersten von irgendetwas sein könnten. Sie glauben im Gegenteil an das Mittelmäßigkeitsprinzip, wonach weder unsere Galaxie, noch unser Sonnensystem, unser Planet oder unsere Intelligenzstufe irgendwie ungewöhnlich oder selten ist.
Außerdem muss das Fehlen von Hinweisen auf höhere Intelligenz nicht bedeuten, dass es sie nicht gibt. Immerhin bezieht unsere Suche nach Signalen nur einen Umkreis von 100 Lichtjahren um uns herum (0,1% der Galaxie) mit ein. Sie haben dafür einige andere mögliche Erklärungen. Hier sind 10 davon:
Wir haben ihren Besuch verpasst
Super-intelligentes Leben könnte schon auf der Erde gewesen sein, bevor wir hier waren.
So wie sich die Lage darstellt, gibt es den Menschen erst seit 50.000 Jahren, in astronomischen Ausmaßen also nur einen ganz kurzen Augenblick. Wenn es zuvor einen Kontakt gab, könnten ein paar Vögel aufgescheucht worden sein, die dann panisch ins Wasser gerannt sind, aber das war es auch schon. Außerdem reicht die aufgezeichnete Geschichte nur 5500 Jahre zurück – eine Gruppe von frühen Jägern und Sammlern könnten echt krasses Außerirdischenzeugs erlebt haben, aber sie hatten keine Möglichkeit, den zukünftigen Erdbewohnern davon zu berichten.
Wir leben zu abgeschieden
Die Galaxie wurde kolonisiert, aber wir leben einfach in einem hoffnungslos abgeschiedenen Teil der Galaxie.
Amerika ist längst von den Europäern besiedelt worden, lange bevor irgendwelche weit im Norden lebenden Inuit-Stämme das bemerkt haben. Es könnte eine Art Ballungsgebiete im interstellaren Raum geben, wo sich die höheren Spezies aufhalten, und wo alle benachbarten Sonnensysteme kolonisiert sind und in gegenseitigem Kontakt stehen. Für sie könnte es einfach unpraktisch und unnötig sein, so weit zu unserem abgelegenen Spiralarm der Galaxie herauszukommen.
„Physisches Leben“ ist altmodisch
Das gesamte Konzept der physischen Besiedlung könnte für eine fortgeschrittene Lebensform absolut altmodisch sein.
Erinnerst du dich an das Bild der Typ II-Zivilisation weiter oben, mit der Dyson-Sphäre um einen Stern? Mit dieser Menge an Energie könnte sie eine perfekte Umgebung für sich selbst errichtet haben, die all ihre Bedürfnisse befriedigt. Sie könnten unglaubliche Möglichkeiten gefunden haben, ihren Bedarf an Ressourcen zu verringern und null Interesse daran haben, ihr glückliches Utopia zu verlassen, um das kalte, leere und unterentwickelte Universum zu erkunden.
Eine noch weiter entwickelte Zivilisation könnte die gesamte physische Existenz für schrecklich primitiv halten. Vielleicht hat sie vor langer Zeit eine Möglichkeit gefunden, sich in eine virtuelle Realität hochzuladen. Damit hätte sie das ewige Leben im Paradies. In der physischen Welt der Biologie zu leben, mit Sterblichkeit, Bedürfnissen und Wünschen könnte für sie wirken wie primitives Leben tief im kalten Ozean.
Gefährliche Räuber-Zivilisationen
Das meiste intelligente Leben möchte aus Angst vor bösen Aliens nicht auf sich aufmerksam machen.
Das ist ein ziemlich unangenehmes Konzept. Aber es könnte den Mangel an Signalen von außen erklären, obwohl unsere SETI-Satelliten so angestrengt danach suchen. Es würde auch bedeuten, dass wir ziemlich naive Anfänger wären, weil das Versenden von nach außen gerichteten Signalen dumm und riskant wäre.
Es gibt zur Zeit eine Debatte darüber, ob wir METI (Messaging to Extraterrestial Intelligence – das Gegenteil von SETI) fördern sollten oder nicht, und die meisten sagen, dass wir es lassen sollten. Stephen Hawking warnt, dass „wenn Außerirdische uns besuchten, wäre das so, wie die Ankunft Christopher Kolumbus‘ in Amerika, und das ging für die Einheimischen nicht gut aus.“ Carl Sagan glaubte, dass jede Zivilisation, die für interstellare Reisen weit genug fortgeschritten ist, eher rücksichtsvoll als feindselig eingestellt ist. Aber selbst er bezeichnete METI als „sehr unklug und unreif“ und empfahl, dass „das neueste Kind in einer fremden und unsicheren Umgebung erst lange Zeit lang leise zuhören sollte und dabei vorsichtig über das Universum lernen und Hinweise interpretieren sollte, bevor es in einen unbekannten Dschungel ruft, den wir nicht kennen.“ Beängstigend.
Eine Zivilisation hält alle anderen klein
Es könnte auch eine „Super-Räuber-Zivilisation“ geben, die viel weiter entwickelt ist als alle anderen. Sie will es auch dabei belassen und löscht daher alle intelligenten Zivilisationen aus, sobald diese ein bestimmtes Level erreichen.
Das wäre schlecht. Da wir jetzt noch da sind, könnte man vielleicht davon ausgehen, dass es Ressourcenverschwendung wäre, alle entstehenden Intelligenzen auszulöschen. Vielleicht, weil die meisten von alleine wieder aussterben. Aber ab einem bestimmten Punkt handeln die Super-Lebensformen dann doch – denn für sie wären entstehende intelligente Spezies wie ein Virus, der anfängt zu wachsen und sich zu verbreiten. Diese Theorie zielt darauf ab, dass der erste in der Galaxie den Intelligenz-Sieg erreicht hat und alle anderen daher keine Chance haben.
Das würde den Mangel an Aktivitäten da draußen erklären, da sich der Zähler der super-intelligenten Zivilisationen auf eins verringern würde.
Die Form der Verständigung passt nicht
Wir können die Kommunikationsversuche anderer Zivilisationen nicht wahrnehmen.
Wenn man in ein modernes Bürogebäude läuft, ein Walkie-Talkie einschaltet, wird nichts hören. Alle im Gebäude texten per Mail oder Handy, statt Walkie-Talkies zu benutzen. daraus könnte man schließen, dass das Gebäude leer ist. Oder, wie Carl Sagan schrieb, vielleicht arbeiten unsere Gehirne exponentiell schneller oder langsamer als jede andere Art von Intelligenz – z. B. könnten sie 12 Jahre brauchen, um „Hallo“ zu sagen und wenn wir es hören, klingt es einfach nur nach Rauschen.
Die Regierung hält den Kontakt geheim
Wir stehen bereits in Kontakt mit Zivilisationen, aber nur wenige wissen davon.
Je mehr ich über dieses Thema lese, desto mehr erscheint es mir wie eine idiotische Theorie, aber ich musste es erwähnen, denn darüber wird so viel geredet.
Die „Zoo-Hypothese“
Es könnte super-intelligentes, gut organisiertes Leben in unserer Galaxie existieren. Vielleicht behandelt man unsere Erde würde als gewaltigen, geschützten Naturpark,den man „anchauen, aber nicht anfassen“ darf. Wir würden das nicht bemerken, denn eine viel schlauere Spezies als wir würde wissen, wie man uns beobachten kann, ohne dass wir es bemerken.
Vielleicht gibt es eine Regel, ähnlich wie die „Oberste Direktive“ in Star Trek, die super-intelligenten Lebensformen verbietet, in offenen Kontakt mit weniger entwickelten Spezies wie uns zu treten oder sich sonst wie auf irgendeine Weise zu zeigen, bis die weiter entwickelte Spezies eine bestimmte Stufe der Intelligenz erreicht hat.
Wir können es nicht verstehen
Es gibt überall höhere Zivilisationen, aber wir sind zu primitiv, um sie zu bemerken. Michio Kaku fasst es so zusammen:
„Stellen wir uns einen Ameisenhügeln mitten in einem Wald vor. Und direkt neben dem Ameisenhügel bauen wir eine zehnspurige Autobahn. Die Frage ist „Würden die Ameisen verstehen können, was eine zehnspurige Autobahn ist? Würden sie die Technologie und die Absichten der Lebensformen verstehen können, die die Autobahn direkt neben sie baut?“
Es wäre also nicht so, dass wir die Signale von Planet X nicht auffangen könnten. Wir könnten eher nicht einmal verstehen, was die Lebensformen von Planet X überhaupt sind oder was sie tun wollen. Selbst wenn sie uns erleuchten wollten, wäre das so, wie wenn wir Ameisen das Internet zeigen wollten.
Damit geht die Antwort auf die Frage „Ok, wenn es so viele krasse Typ III-Zivilisationen gäbe, wieso sind sie dann nicht mit uns in Kontakt getreten?“ einher. Fragen wir uns einfach: Als die Spanier nach Südamerika kamen,
- haben sie an einem Ameisenhügel angehalten und versucht, mit ihm zu kommunizieren?
- Waren sie so großherzig, den Ameisen im Ameisenhügel zu helfen?
- Oder haben sie ihre ursprüngliche Absicht aufgegeben, um diesen Ameisenhügel zu zertreten?
- Oder war der Ameisenhügel für die Spanier einfach komplett vollkommen unwichtig für sie?
Das könnte unsere Situation hier sein.
Wir sind ein Experiment
Wir könnten auch VOLLKOMMEN falsch liegen mit allem, was wir denken. Das Universum könnte auf eine bestimmte Art erscheinen, und in Wirklichkeit etwas völlig anderes sein, wie z.B. ein Hologramm. Oder vielleicht sind wir die Außerirdischen, die hier als Experiment oder eine Art der künstliche Planetenbefruchtung abgesetzt wurden. Oder womöglich sind wir alle nur Teil einer Computersimulation einiger Forscher einer anderen Welt, und andere Lebensformen sind einfach nicht für diese Simulation programmiert worden.
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Tim Urbans Gedanken dazu
Wenn wir unsere vielleicht fruchtbare Suche nach außerirdischer Intelligenz fortsetzen, bin ich wirklich nicht sicher, was wir uns erwarten. Ob wir feststellen, dass wir offiziell alleine sind im Universum, oder dass wir offiziell neben anderen existieren – beides wäre unheimlich. Egal welches der oben beschriebenen Szenarien eintreten würde, es würde uns einfach umhauen.
Neben der schockierenden Science-Fiction-Komponente hinterlässt das Fermi-Paradoxon auch eine tiefe Demut bei mir. Nicht nur die normale „Och ja, ich bin mikroskopisch klein und meine Existenz dauert nur drei Sekunden“-Demut, die das Universum immer auslöst. Das Fermi-Paradoxon bringt eine schärfere, persönlichere Demut mit sich, die nur nach Stunden der Recherche über irrsinnige Theorien auftritt. Sie überlegen es sich immer wieder anders, widersprechen sich weitgehend gegenseitig. Das erinnert daran, wie wir heute auf antike Völker schauen: Sie waren sich sicher, dass die Sterne an der Unterseite eines Himmelsgewölbes befestigt sind. Genau wie wir heute könnte man in Zukunft denken: „Wow, sie hatten ECHT keine Ahnung, was wirklich läuft“.
Das Selbstbild unserer Spezies wird komplett zerstört, wenn es um Typ II- und III-Zivilisationen geht. Hier auf der Erde sind wir die Könige unseres kleinen Reiches, stolze Herrscher über die große Gruppe von Unterlegenen, die den Planeten mit uns teilen. Und in dieser Welt ohne Wettbewerb und niemandem, der uns bewertet oder angreifen kann, ist es eine unverständliche Vorstellung, dass wir selbst die dramatisch unterlegene Spezies für irgendjemanden sein könnten.
Bei der Beschäftigung mit dem Fermi-Paradoxon denke ich, dass die Menschheit ein einsamer Waise auf einem winzigen Felsbrocken mitten in einem trostlosen Universum ist. Und dass wir vielleicht nicht so schlau sind, wie wir zu sein glauben. Die Möglichkeit, dass vieles, was wir sicher sind zu wissen, einfach falsch sein könnte, ist einfach faszinierend. Sie öffnet die Tür einen Spalt breit für die Möglichkeit, dass es mehr da draußen gibt, als wir feststellen können.
Romane und Sachbücher zum Thema
Hier übernimmt wieder Lucyda. Leider findet man gar nicht so viel Literatur, die sich explizit mit dem Fermi-Paradoxon befasst. Gelegentlich erwähnen Romanautoren die Thematik, bauen sie aber nicht im größeren Stil in ihre Geschichte ein. Eine Ausnahme ist der Roman Paradox (wie .. paradox ^^) von Philipp P. Peterson.
Das Sachbuch Da draußen von Ben Moore befasst sich eher indirekt mit dem Fermi-Paradoxon. Es behandelt Astro-Biologie – also die Grundbausteine des Lebens, und davon ausgehend, wie außerirdisches Leben aussehen könnte. Auch hier habe ich sehr viel gelernt :D
Gute Sachbücher, die das Fermi-Paradoxon auf deutsch behandeln, habe ich noch nicht gefunden. Auf englisch gibt es einige Bücher, die ich auch irgendwann noch lesen möchte :D
Weitere Meldungen zum Fermi-Paradoxon
Hier übernimmt wieder Lucyda. Ich interessiere mich sehr für diese Thematik und werde sofort aufmerksam, wenn irgendwo „Fermi“ aufblinkt. Wenn ich News habe, melde ich mich damit natürlich sofort :D
Vielleicht hast du im Oktober 2015 die Meldungen (hier eine davon auf heise.de) um Spekulationen über eine mögliche, sehr weit fortgeschrittene Zivilisation um den Stern KIC 8462852 in knapp 1500 Lichtjahren Entfernung mitbekommen, die dort womöglich „Megastrukturen um den Stern“ baut. Dass solche Meldungen einschlagen wie eine Bombe, und dann auch gleich das Thema „außerirdische Zivilisationen“ so hochgebauscht wird, obwohl es wahrscheinlich eine andere Erklärung für das beobachtete Phänomen gibt, ist natürlich klar.
- [Thema Wahrscheinlichkeit außerirdischen Lebens] Neue Studie (Anfang Juni 2018) gibt hohe Wahrscheinlichkeit dafür an, dass wir als eine der wenigen oder einzige Zivilisation den Großen Filter bereits überwunden haben und die Entwicklung von Leben auf einen höheren technologischen Stand einfach extrem unwahrscheinlich ist. In meinem Beitrag mehr dazu!
- [Thema KIC 8462852 / „Megastrukturen“] Meldung vom 27.10.2016 (heise.de): Das größte bewegliche Radioteleskop wird den Stern innerhalb von zwei Monaten drei mal jeweils acht Stunden beobachten und dabei ein Petabyte an Daten über den Stern sammeln. Ein Petabyte sind 1000 Terabyte.. Da sind hoffentlich irgendwelche Erkenntnisse dabei :D
- [Thema Fermi-Paradoxon] Meldung vom 25.01.2016 (science.orf.at): Diesmal haben Astrobiologen (was für ein cooler Beruf!) eine Theorie aufgestellt, dass es tatsächlich an bewohnbaren Planeten mangele. Wenn ein Planet nicht innerhalb einer Milliarde Jahre nach seiner Entstehung Leben entwickle, dann ändere sich womöglich sein Klima immer mehr ins zu heiße (wie die Venus) oder zu kalte (wie der Mars) Extrem. Das entstandene Leben selbst würde dann dafür sorgen, dass das Klima in Balance bleibe – so wie (noch) bei uns.
- [Thema KIC 8462852 / „Megastrukturen“] Meldung vom 18.01.2016 (heise.de): Der Astronom Bradley Schaefer ist ins Archiv gegangen (jeder sollte das tun!) und hat dort Unterlagen früherer Beobachtungen des Sterns gefunden. Die merkwürdigen Lichtänderungen gab es schon 1890 und wurde seitdem immer wieder beobachtet. Damit kann es kein Kometenschwarm sein, der gerade vor dem Stern entlangzieht. Scheint also alles wieder offen zu sein!
- [Thema KIC 8462852 / „Megastrukturen“] Meldung vom 27.12.2015 (sciencealert.com): Die wahrscheinlichste Ursache für die schwer erklärliche, unregelmäßige Helligkeitsveränderung des Sterns sei ein Kometenschwarm, der vor dem Stern herumzieht.
- [Thema KIC 8462852 / „Megastrukturen“] Meldung vom 9.11.2015 (scienexx.de): SETI empfängt keine Radiosignale von KIC 8462852. Das kann bedeuten, dass es dort überhaupt keine Zivilisation gibt und das „merkwürdige Verhalten“ des Sterns muss eine natürliche Ursache haben. Es kann aber auch bedeuten, dass es dort tatsächlich eine fremde Zivilisation gibt, die aber nicht mit Radiosignalen kommuniziert. Darauf geht der Fermi-Text unten auch ein.
- [Thema Fermi-Paradoxon] Meldung vom 21.10.2015 (sciencealert.com): Gehört die Erde zu den ersten bewohnbaren Planeten, und wir leben daher einfach zu früh, um auf andere Zivilisationen zu treffen? -> Bezieht sich auf eines der oben beschriebenen Szenarien!
Servus!
Eine mögliche Antwort auf das Fermi-Paradoxon fehlt hier und findet sich in dem SF-Roman Aurora von Kim Stanley Robinson. Einer der Protagonisten sagt dort sinngemäß, eine Antwort auf das Fermi-Paradoxon sei, dass jede Zivilisation, die weit genug entwickelt ist, ins Universum zu reisen, smart genug ist, es nicht zu wollen, weil sich ihnen die Sinnlosigkeit eines solchen Unterfangens offenbart: Das Leben ist planetengebunden und kann nur dort gedeihen, wo es entstanden ist. Das Universum ist lebensfeindlich bis zum Exzess.
Selbst eine Besiedlung des Mars erscheint sinnlos und eskapistisch. Keine Chance auf Terraforming, zerstörerische Strahlung, zu wenig Schwerkraft …
Jetzt, in Zeiten der Umweltzerstörung und der Auswirkungen des Klimawandels, neuer Konflikte und zivilisatorischer Frustration scheint der Weg ins All ein Weg in die Zukunft. Ich meine, wir fliegen ja nicht einmal mehr zum Mond, weil das nur teuer und sinnlos wäre – was sollen wir da?
Wir sollten vielleicht das Geld für die Raumfahrt vielleicht in erneuerbare Energie, Erschließung neuer Lebensbereiche und in Bildung investieren, und den eskapistisch-träumerischen Unsinn mit Besiedelung fremder Welten vergessen …
Herzliche Grüße,
Peter
Hallo Peter,
klar, könnte sein, dass eine hochentwickelte Spezies einfach keine Lust auf Raumreisen hat. Allerdings hat dann jede Spezies ihr definitives Ablaufdatum: Spätestens am Ende der Lebenszeit ihres Sterns wird der eigene Planet unbewohnbar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine fortgeschrittene Zivilisation so un-eskapistisch ist zu sagen, okay, lieber gehen wir mit unserem Stern unter, als uns nach draußen zu orientieren. Vielleicht gelingt es ja, ein Utopia auf dem eigenen Planeten zu schaffen, ohne dass die Zivilisation sich selbst vernichtet (irgendein Irrer drückt den roten Knopf… oder eben Klimawandel, oder Zusammenbruch der Gesellschaft durch Ressourcenknappheit) oder der Planet durch irgendeine heftige Katastrophe wie Ausbruch eines Supervulkans oder Asteroideneinschlag unbewohnbar wird. Aber wer sich immer auf das Wohlbefinden im eigenen Haus konzentriert und sich niemals drum gekümmert hat, wie es draußen aussieht, der wird eiskalt überrascht werden, wenn das Haus einstürzt.
Du sagst, das Leben kann nur dort gedeihen, wo es entstanden ist. Aber das klingt wie: Wenn Gott gewollt hätte, dass wir fliegen, hätte er uns Flügel gegeben. Der Planet, auf dem das irdische Leben gedieh, ist nicht mehr der gleiche wie heute. Die Voraussetzungen haben sich durch unser Zutun geändert und allein durch unsere Existenz werden sie täglich schlechter – für alles Leben auf dem Planeten. Ich sag nicht, wir sollten wie die Heuschrecken einen Planeten nach dem anderen befallen, aber wir sind auf Gedeih und Verderb auf unseren kleinen, schönen Planeten angewiesen. Wir sollten ihn möglichst schützen, aber trotzdem nach Rettungsinseln schauen.
Viele Grüße
Debbie