Wirklich wohlig warmes Wasser!

Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Vor einem Jahr und drei Wochen sind wir in unsere schöne neue Wohnung eingezogen. Vor einem Jahr und drei Wochen haben wir bemerkt, dass der Wasserhahn am Waschbecken im Badezimmer kein warmes Wasser rausrücken möchte. Also gar nicht.

Bei der Wohnungsübergabe sagte uns der Vermieter, dass man das Wasser eben ein bisschen länger laufen lassen muss. „Sehen Sie? Da kommt es warm“, sagte er nach 30 Sekunden Wassersturzbach. Jaaaaa, mit etwas Fantasie kam es dann warm.

Ich bohre nur noch schnell ein Loch!

Fleißiger Umzugshelfer letztes Jahr

Der Umzug selbst hatte seine eigenen Wasserprobleme – wir erinnern uns, Bohrmaschine traf auf Wasserleitung und Wasserfontäne traf dann auf Badezimmerwand. Das war genug H²O-Aufregung für die nächsten Wochen. Es kam überhaupt nicht in Frage, wegen eines Badezimmer-Wasserproblems wieder zum Vermieter rennen.

Dann irgendwann wollte ich der Sache mal auf den Grund gehen – denn der Duschwasserhahn im Badezimmer stellt tatsächlich wohlig warmes Wasser bereit, nur eben nicht der Hahn am Waschbecken.

Mit blutendem Herzen ließ ich das Wasser laufen. Eine Minute. Zwei Minuten, drei Minuten. Dann war Schluss. Ich hatte das Gefühl, dass das Wasser eher kälter wurde als wärmer. Gut möglich, dass ich alles in den Wasserleitungen gespeicherte Wasser des Hauses rausgezogen habe und tatsächlich eiskaltes Wasser aus den Tiefen der Wilhelmsfelder Rohrleitungen bekam.

Der Nicht-Klempner in mir zuckte mit den Schultern und dachte sich: Was soll’s. Im Sommer ist es ja auch ganz angenehm. Und wir hatten schon Schlimmeres erlebt, nämlich ein paar Tage kein warmes Duschwasser in der alten Wohnung.

Selbst ist die Frau

Als die Jahreszeit letztes Jahr vom Spätherbst zum Winter vorrückte, unternahm ich einen weiteren Versuch und lokalisierte unter dem Waschbecken die beiden Wasserzuleitungen. Zwei Leitungen, eine für kaltes Wasser und eine für warmes Wasser. Welche Leitung welches Wasser bringt, stand allerdings nicht dran. Beide haben große, äh, Schrauben dran, die man zu- oder aufdrehen kann. Ich experimentierte mit verschiedenen Öffnungsgraden und -kombinationen herum, bis es mir um das viele verlorene Wasser leid tat. Warmes Wasser ließ sich nicht blicken.

Der Nicht-Klempner in mir zuckte mit den Schultern und dachte sich: Was soll’s. Vor 200 Jahren hatten sie auch kein warmes Wasser.

Und der Mensch gewöhnt sich schließlich an alles. Nach dem Händewaschen im Bad immer gleich noch in die Küche zu gehen und dort an der Spüle mit ihrem Niederdruckboiler (= instant heißes Wasser) die Hände wieder aufzuwärmen, zum Beispiel. Pierre allerdings ging dazu über, seinen Bart etwas länger stehen zu lassen. „Mit kaltem Wasser rasieren macht keinen Spaß“, maulte er. Irgendwann kaufte er sich dann einen elektrischen Rasierer und das Problem war gelöst.

Kalk in Wassserleitung? Wo gibt’s denn sowas!

Und nun, ein Jahr und drei Wochen später, springt mir der Sieb am Wasserhahn ins Auge. Das Ding, das am Wasserhahnauslass sitzt und dafür sorgt, dass aus dem Wasserhahn ein säulengerader, weiß gesprudelter Wasserstrahl rauskommt. Das Wasser kam nicht säulengerade, sondern Kalk-verwirbelt heraus. Man könnte das Ding doch mal entkalken und reinigen, denke ich mir. Wär doch gelacht!

Ich rufe Pierre und seine Rohrzange herbei. „Hier, schraub mal ab“, sage ich. Pierre schraubt ab und wir legen das völlig verkalkte Sieb in eine Entkalkerlösung. Aus Neugierde teste ich mal, was der Wasserhahn ohne Sieb macht. Mit dem Wasser kommen erst kleine Kalkfragmente heraus, und dann warmes Wasser. WAS?, schreie ich den Wasserhahn an. WARUM?!

Dann spuckt mir der Wasserhahn ein Steinchen vom Durchmesser einer fünf Cent-Münze in die Hand. Ob Stein oder großes Kalkstück, ich weiß es nicht.

Römische Eifelleitung
Leitungsaufschluss in Euskirchen-Kreuzweingarten. Hier sind die Kalkablagerungen am Stärksten erhalten. Es ist der v-förmige „Stein“ im gemauerten Kanal. Alles Kalk aus dem durchfließenden Wasser!

Im Kopf macht es nun Klick. Offenbar saß dieses gottverdammte Ding die ganze Zeit in oder vor der Warmwasserleitung im Wasserhahn und verhinderte damit effizient, dass warmes Wasser in die Mischbatterie gelangen konnte.

Wer hätte sowas denn ahnen können? Gut, ich eigentlich. Schließlich waren römische Wasserleitungen Thema meiner Bachelor-Arbeit. Und der „Aquäduktmarmor“ (dicker, in den Leitungen abgelagerter Kalk mit schöner Maserung – siehe links im Foto) aus der Kölner Eifelleitung war landein, landaus als schöner Stein für Säulen und Altarsteine beliebt.

Nun jedenfalls haben wir säulengerade sprudelndes kaltes, lauwarmes und heißes Wasser im Badezimmer. Dass ich das noch erleben darf…!

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2 Comments

  1. Stefan Hübner

    Gratulation an den Klempner (m/w/d) in dir und von ganzem Herzen auch an deinen vortrefflichen, lieben Herrn Pierre, mit seiner Rohrza_h(!)_nge! „Hier, schraub mal ab“, sage ich. Pierre schraubt ab

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