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Revolution mit Augmented Reality: Pokémon Go

Pokémon Go

Am 6.07. wurde das Free-to-play-Handyspiel Pokémon Go veröffentlicht. Zwar ist es bis jetzt offiziell nur in wenigen Ländern verfügbar, darunter nicht in Deutschland, aber es ist dennoch eingeschlagen wie eine Bombe. Auch bei uns kann man das Spiel schon spielen, wenn man die Installationsdatei runterlädt und manuell installiert.

Wer das Spiel, bzw. das Spielprinzip, noch nicht kennt, der wird es bald kennenlernen – das Spiel wird scheinbar von jeder Altersgruppe und jedem Bildungsstand gespielt, seriöse Nachrichtenagenturen sprechen wegen des hohen Erfolgs davon, und sobald es erstmal offiziell auch bei uns verfügbar ist, wird man dem nicht mehr entgehen können.

Wer es kennt und schon genervt ist: Zähne zusammenbeissen, sowas ist die Zukunft! Und zwar wegen des höchst interessanten Spielprinzips, durch das der Spieler gezwungen ist, das Haus zu verlassen und die Landschaft zu erkunden.

Pokémon, Augmented Reality und Geocaching

Lila: Schon besuchte PokéStops. Blau: PokéStops mit verfügbaren Items
Lila: Schon besuchte PokéStops. Blau: PokéStops mit verfügbaren Items

Was ist so toll an Pokémon? Ich hab weder den Pokémon-Hype vor 20 Jahren verstanden (und auch nicht mitgemacht, irgendwie ging das an mir vorbei), noch habe ich mich jemals irgendwie für Handyspiele interessiert. Tatsächlich habe ich bis auf ganz kurze Ausnahmen zum Ausprobieren niemals auch nur eines installiert gehabt.

Als ich nun vor wenigen Tagen zum ersten Mal vom Pokémon Go-Spielprinzip hörte, war ich aber sofort in höchstem Maße elektrisiert :D Es handelt sich um ein Augmented-Reality-Konzept: Die reale Welt wird um virtuelle Faktoren erweitert, die eigentlich nicht da sind – denken wir doch mal an Google Glass, die Google-Brille, die weitere Informationen einblenden kann, während wir uns durch die Welt bewegen.

Das Spielkonzept von Pokémon Go ist ziemlich neu und erinnert an eine Kombination aus Geocaching und Rollenspielen. Man sucht in der realen Welt bestimmte Orte auf, die auf einer Karte angezeigt werden. Beim Geocaching kann man dann in einem dort hinterlegten Buch einen Eintrag hinterlassen oder einen Gegenstand mitnehmen/ablegen.

Im Spiel hält sich an angezeigten Orten ein virtuelles Monsterchen auf, das wir mit dem Handy einfangen können. An markanten Punkten in der echten Welt befinden sich „PokéStops“: Stationen, die wir erreichen und dort virtuelle Gegenstände einsammeln können. Diese Stationen befinden sich etwa an

  • Spielplätzen
  • Sehenswürdigkeiten,
  • sonstigen markanten Orten wie Brücken, Springbrunnen, Kreuzungen,

die das Spiel aus Google Maps entnimmt.

Durch das Einfangen von Monstern und das Aufsuchen und Abgrasen von PokéStops sowie gewonnene Kämpfe gegen die Pokémon anderer Spieler erhalten wir Erfahrungspunkte und leveln dadurch unseren Charakter – also genau das, was wir aus üblichen Rollenspielen kennen.

Was genau macht man in Pokémon Go?

Grundsätzlich geht es also so: Das Handy zeigt uns eine Umgebungskarte an, in der wir uns bewegen. Per GPS werden wir geortet und unsere Spielfigur bewegt sich auf der Karte mit, wenn wir uns irgendwohin begeben. Auf der Karte werden nun spezielle Orte oder zufällig versteckte Pokémon angezeigt. Bewegen wir uns dort hin, können wir via Handy mit dem Ort/Monster interagieren. Interessant ist, dass das Spiel dabei Bezug auf die tatsächliche Umgebung nimmt – so findet man Wassermonster nur am Wasser. Ich habe eben ein Fischviech gefangen, das direkt an einem Bach angezeigt wurde. Wahnsinn ^^

Befindet sich ein Pokémon in der Nähe, weist uns das Handy per Vibrationsalarm darauf hin. Wenn das Handy es unterstützt (meins unterstützt es standardmäßig nicht, aber es gibt wohl eine Softwarelösung, die ich mir noch anschaue :D), dann sieht man nun auf dem Display live das Kamerabild, und darauf eingeblendet das Viech, das dort irgendwo herumsitzt und uns wehleidig anschaut :D Auf dem Display werfen wir nun Bälle auf der armselige Teil, besiegen es so und fügen es unserer Sammlung hinzu.

Diese Viecher kann man nun trainieren, verbessern und was weiss ich, so dass man sie gegen die Viecher anderer Spieler antreten lassen kann. Dazu gibt es verteilt in der Welt Arenen. Die muss man aufsuchen – indem man sich per pedes dorthin begibt ^^ – und kann dort seine Kämpfe austragen.

Bin mit den Pokémon noch immer nicht so warm, aber mich reizt es wahnsinnig, noch ein bisschen weiterzugehen zum nächsten Punkt, dort was zu finden und EP zu sammeln :D Das Spiel animiert einfach dazu, möglichst viele Orte zu besuchen.

Spielerevolution: Reale Virtualität

Welcher Zocker kennt nicht den Spruch „Real Life? Was ist das? – Es hat verdammt gute Grafik, aber beschissenes Gameplay!“. Wir rennen Stunden durch virtuelle Welten, hauen virtuelle Gegner kaputt und verdienen uns virtuelle Anerkennung. Tatsächlich sitzen wir uns aber vor dem Rechner den Hintern platt, sehen zu selten die Sonne und werden fett, obwohl wir geistig mit unserem Spielcharakter wahre Marathons zusammenrennen.

Die einzige, mir bekannte Möglichkeit, ein Spiel halbwegs adäquat ins echte Leben zu übertragen, sind LARP-Events, also live Action-Rollenspiele. Da fährt man zu so einem Event mit vielen anderen Leuten, schlüpft in die Klamotten seines Charakters und spielt dann für ein Wochenende dessen Rolle, zB. als Magier oder Krieger. Zwar hab ich nie ein LARP gesehen, aber ich finde das Prinzip nett :D

Laufen für den Erfolg!

Nun kommt ein Spiel daher, das virtuelle Elemente auf die REALE Welt legt. Man legt die Strecken nicht mehr in einer virtuellen Welt zurück, sondern man geht raus, läuft Punkte ab, klettert herum und kämpft am Handy, während man tatsächlich diesen Ort erstmal erreichen muss. Das ist bahnbrechend..!
In den Nachrichten liest man gerade davon, dass Millionen Menschen, die sonst keine Lust auf Spaziergänge haben, auf einmal stundenlang durch die Landschaft laufen, auf der Suche nach neuen Pokémon, Kämpfen und Items.

Ich habe das ganze vorher auch mal ausprobiert. Nachdem ich das Spiel installiert hab, hab ich gesehen, dass 200m weiter wohl ein Pokémon versteckt ist. Da konnte ich nicht anders, hab meine Schuhe angezogen, meinen Rucksack geholt und bin losgelaufen. Und es macht süchtig…

Man sieht, genau wie in einem schönen Rollenspiel, auf der Karte Punkte in der Nähe, die man schnell noch abklappern könnte. Und da geht man dann eben zu Fuß hin, oder von mir aus auch mit dem Rad. Ruckzuck hab ich nicht nur das Viech an der Ecke geholt, sondern bin noch 1-2 km Umweg gelaufen, um ein paar PokéStops zu aktivieren oO Und auf dem Rückweg musste ich mir klarmachen, dass ich gerade „zocke“… :D

Meine Ausbeute nach dem ersten Spaziergang: Vier Hausmonster
Meine Ausbeute nach dem ersten Spaziergang: Vier Hausmonster

Das Tolle an diesem Spielprinzip

  • Gezockt wird nicht im stillen Kämmerlein, sondern draußen, in der richtigen Welt
  • Anmation dazu, noch ein Stückchen weiter zu laufen und noch dies oder das aufzusuchen und so die echte Umgebung zu erkunden
  • Man sieht mal wieder die Sonne!
  • Spontane Treffen mit Fremden, die sich wegen des Spiels am gleichen Ort zusammenfinden
  • Nerdzeug wird gesellschaftsfähiger

Nachteile / Probleme

  • Nerdzeug wird gesellschaftsfähiger .. ^^
  • Überall (noch mehr) Smartphone-Zombies auf den Straßen
  • Das Spiel zieht ganz schnell den Saft aus dem Akku, da das Display und vor allem GPS ständig an ist (Lösung: tragbarer Solar-Akku, sowas kann man eh gut brauchen, wenn man länger irgendwo unterwegs ist, wo es keine Steckdosen gibt :D Gibt es schon ab 20 € bei Amazon)
  • Bei meiner kurzen Tour heute habe ich oft gesehen, dass sich in irgendwelchen Hinterhöfen was befindet .. Aber ich kann doch nicht einfach bei fremden Leuten auf dem Grundstück rumlatschen?
  • Die App wird gekillt, wenn das Display eine Weile aus ist. Das ist Einstellungssache und man kann es im Betriebssystem verhindern, aber die Einstellung gilt dann für ALLE Apps. Es ist nur etwas doof, dass man, wenn man 10 Min kurz mal nicht „gezockt“ hat, das Spiel wieder ganz neu öffnen muss – das kostet Ladezeit und natürlich bekommt man auch keine Hinweise auf Pokémon in der Nähe, wenn das Spiel geschlossen ist

Blick in die Zukunft

Pokémon interessiert mich und bestimmt auch (ein paar wenige) andere nun nicht sooo sehr. Aber da dieses Spiel einen derartigen Erfolg hat, dass die Nintendo-Aktie in allerkürzester Zeit um 20% nach oben kletterte, werden andere Entwickler auf diesen Zug aufspringen und ebenfalls Spiele dieser Art rausbringen. Ich bin absolut sicher, dass innerhalb kürzester Zeit jede Menge andere Spiele verfügbar sein werden, die die echte Welt mit der virtuellen Welt verbinden.

Auch Virtual-Reality-Brillen wie Oculus Rift sind ja groß im Kommen – wenn auch noch etwas zu teuer. Diese Brillen verfolgen zwar ein völlig anderes Konzept als diese Augmented Reality-Geschichten, aber auch sie locken Spieler vom Hintern auf die Füße und sorgen dafür, dass man sich tatsächlich von einer Spielwelt umgeben sieht (ob nun virtuell oder real :D) und sich in dieser bewegt. Weg vom zweidimensionalen Bildschirm, hin zu einer echten, dreidimensionalen Spielwelt. Dass bei Pokémon Go die Kämpfe eben doch auf einem kleinen Bildschirm stattfinden, tut der Sache keinen Abbruch, denn – wer nicht vor die Tür geht und sich in der echten Welt zu bestimmten Orten hinbewegt, der kommt gar nicht erst dazu, diese Kämpfe zu führen.

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