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3. August 1803 – Die nordafrikanischen Piraten

Historische Zeitungen

Heute schauen wir mal auf ein Kapitel der mediterranen Geschichte, von dem ich niemals ernsthaft etwas mitbekommen hatte: Die ständigen Minikriege gegen die Barbareskenstaaten, also „Barbarenstaaten“, wie man Marokko, Algier, Tunis und Tripolis in Nordafrika bezeichnete.

Paris, den 25. Juli

Der Kaiser von Marokko hat nicht allein den Holländern, sondern auch den Nordamerikanern den Krieg angekündigt. Der holländische Admiral de Winter ist mit seiner Eskadre [= Flotte] zu Malaga angekommen, und wird also nicht säumen, gegen die Marokkaner zu kreuzen.

Schreiben aus Amsterdam, den 23. Juli

Der Kaiser [= Sultan] von Marokko hat unserer Republik förmlich den Krieg erklärt. So wenig seine elende Seemacht zu fürchten ist, so ersteht dennoch daraus die Notwendigkeit, eine Eskadre gegen ihn auszuschicken, damit unser Seehandel nach dem mittelländischen Meer nicht Not leide. Die 3 anderen Raubstaaten sind auch übermütiger als je. Wenn werden doch einmal die europäischen Seemächte sich vereinigen, und ihnen statt der Präsente, die sie Tribut nennen, Kugeln und Bomben zuschicken!

Wie leicht wäre es, diese Raubnester zu bombardieren, und jedes Schiff, das sie ausschicken, in den Grund zu bohren, sobald alle Seepotenzen einig wären.

Augsburgische Ordinari Postzeitung von Staats-, gelehrten, historisch- u. ökonomischen Neuigkeiten am 3. August 1803, S. 2, Quelle

Ich habe die Quelle vor allem wegen der Rhetorik ausgewählt :D Die elende Seemacht, Kugeln und Bomben, in den Grund bohren und die uneinigen Seepotenzen fand ich schön gesagt. Aber auch, dass offenbar Nordamerika in den Krieg verwickelt war, fand ich interessant.

Arabische Piraten im Mittelmeer

An Marokko habe ich ein gewisses Interesse, nachdem wir letztes Jahr für zwei Wochen dort waren. In den südlichen Gebieten (südlich von Marrakesch) fanden wir vor allem Wüste, Berber, bescheidene Familienlandwirtschaften und Bergdörfer vor und ich fragte mich bei dem Artikel oben erstmal verwundert, wieso Marokko den Holländern und den Nordamerikanern Krieg erklärt.

Aber klar, die südlichen Gebiete haben mit den nördlichen Küstenstädten wie Casablanca und Tangier so gut wie gar nichts gemeinsam. Auf Wikipedia ist zu lesen, dass die Mauren, die ab 1492 nach der Rückeroberung Spaniens von dort vertrieben wurden, sich im heutigen Marokko, Algerien und Tunesien ansiedelten und sich von hier aus bald darauf mit Piraterie bzw. Tributzahlungen („Schutzgeld“) ein gutes Einkommen schaffen konnten.

Offenbar stellten nordafrikanische Piraten über rund 300 Jahre für die europäische Seefahrt im Mittelmeer eine große Gefahr dar und die Piraten überfielen auch immer wieder vor allem spanische und italienische Küstenlandstriche, um Menschen zu erbeuten und sie als Sklaven zu verkaufen.

Daher führten europäische Seefahrernationen immer wieder Strafexpeditionen durch und bombardierten die Piraten-Hafenstädte, vor allem Tripolis, Algier und Tunis. Gebracht hat es aber nicht viel, und das Piratenproblem löste sich erst in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts endgültig, als Frankreich Algerien eroberte und Marokko 1844 militärisch besiegte.

Was hat nun Nordamerika damit zu tun?

Okay, Krieg gegen die niederländische Seemacht mag noch gerade so nachvollziehbar sein, aber warum erklärte Marokko den USA den Krieg? Wie passt das zusammen? Amerika ist schließlich weit weg.

Die USA waren 1803 noch sehr jung, erst seit 1783 waren sie unabhängig vom britischen Reich. Bis dahin standen die Handelsschiffe, die nach Nordamerika fuhren oder von dort kamen, unter dem Schutz der britischen Marine. Dieser Schutz fiel dann weg, als die Staaten unabhängig wurden.

In diesen ersten Jahren nach der Unabhängigkeit hatten die USA aber noch nicht die Möglichkeit, ihre Schiffe selbst zu schützen, weswegen die Schiffe Gefahr liefen, Ziel von Piratenangriffen zu werden. Auf Wikipedia lesen wir dann weiterhin, dass die USA in diesen Jahren bis zu 20 % ihrer jährlichen Staatseinkünfte für Tribut- und Lösegeldzahlungen an die Barbareskenstaaten ausgaben.

Als Jefferson 1801 Präsident wurde, stellte er die Zahlungen ein, woraufhin die Barbareskenstaaten den USA noch im gleichen Jahr den Krieg erklärten. Die USA entsandten dann einige Fregatten ins Mittelmeer, was als Abschreckung soweit reichte, dass Algier und Tunis sofort klein beigaben und es mit Marokko und Tripolis nicht zu größeren Gefechten kam.

1803 wurde dieser sogenannte Amerikanisch-Tripolitanischer Krieg dann heißer, es kam zu einigen Gefechten und erst 1805 konnten die USA mit den zermürbten Marokkanern einen Waffenstillstandsvertrag erwirken.

Interessant! Bis vor 180 Jahren überfielen Piraten der nördlichen Afrika-Staaten europäische (und amerikanische) Schiffe bis in die Nordsee hinein, und heute lebt Marokko zu einem großen Teil vom europäischen Tourismus.

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