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Im Dunstkreis von McDonalds

„Um Gottes Wuin“, so lautet die Zusammenfassung der gestrigen Schicht bei McDonalds von 18-24 Uhr in Bully Herbigs Worten. Allerdings nicht allzu verwunderlich: Samstag Abend und dazu Heidelberg im Aufruhr wegen eines 400jährigen Jubiläums (Hochzeit des Kurfürsten Friedrich V. mit Elizabeth Stuart) und dazugehöriger Schlossbeleuchtung und Feuerwerk. Man könnte also davon ausgehen, dass das eine oder andere Fass Alkohol konsumiert wurde an diesem Abend. Das bestätigen auch meine Beobachtungen gestern.

Nachfolgend ein Erfahrungbericht dessen, was man so erlebt, wenn man Samstag nachts in einer McDonalds-Filiale in der Stadtmitte arbeitet. Lachen oder weinen? :D

Erfreulicherweise hieß es für mich den ganzen Abend „McCafé“ und nicht Lobby (= Gastraum in Ordnung halten und Müll sortieren). Okay, wenn bei McCafé nix los ist, mach ich immer auch Lobby mit, aber zum Glück nicht nur.

Bis zum späten Abend verging die Zeit einigermaßen schnell und ohne größere Zwischenfälle.

Eine Chronologie der Vorgänge

22:15
Eine Stammgästin (…. wie lautet bitte das Femininum von Gast?) taucht auf. Eine kleine dicke Frau, die in fast jeder Abendschicht da ist und mindestens eine Stunde bleibt und die Leute beobachtet. Sie hat leider die nervige Angewohnheit, mit Argusaugen alle Unstimmigkeiten zu registrieren und vor allem mich als nächsten Ansprechpartner in der Lobby darauf hinzuweisen. Es ist nervig genug, von einer Kundin herumgescheucht zu werden. Erschwerend kommt hinzu, dass sie stumm zu sein scheint.

Irgendein Schnipsel am Boden: mmmhh mmmmnnnnghh heeeheee! sowie ein paar Gesten, wo der Unfall passiert ist oder um was es geht. Zwei Pommes auf einem leeren Tisch: mmmmh mmmhhh hmmm! Eine Serviette runtergefallen: nnnnggghh heeee! Jemand hat Cola verschüttet: meeeh mmmmh huuuuu! Das ist jetzt wirklich nicht abwertend, ich finde es toll, wie die Frau trotz ihrer Behinderung versucht zu kommunizieren. Aber es nervt mich einfach. Will sie uns helfen, den Laden sauberzuhalten? Macht es ihr nur Spass, Marionettenspieler zu spielen? Es nervt jedenfalls. Durch ihre Beobachtungen weiss sie doch, dass die Sachen sowieso innerhalb kürzester Zeit aufgeräumt werden.

22:25
Die stumme Frau macht auf sich aufmerksam, deutet auf einen der Tablettcontainer und macht mhhh nnnhhhhh mmmmm! Ich schaue hin und sehe einen Tablettcontainer. Was will sie? Es nervt… Sie macht weiter merkwürdige Gesten, zeigt auf mein McCafé. Irgendwann fällt mir auf, dass jemand ein McCafé-Tablett in den Container für die normalen roten McDonalds-Tablette gepackt hat. Um Gottes Wuin, bloß nicht. Ich sage der Gästin, dass das nicht schlimm ist und es nachher beim Sortieren jemand rüberbringt. Im Ernst. Das ist doch krank.

22:30
McCafé leer, Lobby so gut wie leer. Ich gehe Tische abwischen. Sehe an einem Tisch ein aufgetakeltes Mädchen mit dem Kopf auf dem Tisch liegen. Pennt sie..? Heult sie? Besoffen? Ich spreche sie an. „Alles in Ordnung?“. Keine Reaktion. Ich tippe sie an die Schulter und frage nochmal. Keine Reaktion, dann hebt sie leicht den Kopf, nickt, verdreht die Augen und macht sie wieder zu. Klarer Fall: Voll bis Oberkante Unterlippe. Was tun? Rauswerfen?
Da sehe ich schon zwei weitere aufgetakelte Damen von der McDonalds-Theke anlaufen und auf das Mädchen zuhalten. Sie haben wohl den Abendproviant geholt. Sie erkennen, dass ihre Begleiterin außer Gefecht gesetzt wurde. Ich mache mich vom Acker und beobachte die Szene von McCafé aus.

22:32
„Xenia? Xenia! Was soll der Scheiss? XE-NI-A!“ Die beiden versuchen ihre Freundin durch eifrige Zurufe wieder nüchtern zu machen. Xeniaaaa! Die eine haut Xenia auf den Kopf. Das hilft immer gegen Alkohol im Blut.

22:35
Ich mache eine Runde durch die Lobby. Es ist immer noch alles leer. Aber die Sache mit Xenia scheint unerfreulich auszugehen. Die beiden Damen versuchen sie aufzurichten und ihr einen Strohhalm in den Mund zu stecken, damit Xenia den Alkoholpegel durch Cola verwässern kann. Xenia scheint unwillig zu sein, hängt wirklich in den Seilen.

22:37
Ich sehe von McCafé aus wie die Sache in die Binsen geht. „Oh mein Gott Xenia! Ich schwör dir..! Was soll das?“ Die eine hält Xenias Haare, während diese sich des zu vielen Alkohols entledigt, quasi „nochmal durch den Kopf gehen lässt“, wie man so sagt. Ich verdrehe die Augen. Das wird an mir hängen bleiben, weil unser Volleinsatz-Lobbymann wieder mal irgendwo im Backstage verschwunden ist. Die stumme Stammgästin beobachtet die Szene ebenfalls. Ich weiss, dass ich den Mist wegputzen muss, habe aber keine Lust, durch die Stammgästin darauf aufmerksam gemacht zu werden, denn DAS NERVT. Daher verdrücke ich mich kurz ebenfalls Backstage.

22:39
Ich komme zurück. Lobby immer noch leer. Stammgästin erwischt mich eiskalt, mmmmmmh mhh hhhmmmmmm, und deutet in Richtung dahin, wo das Malheur passiert ist. Und dann zum Eingang. Will mir wohl sagen, dass das Trio irgendwie verschwunden ist. Ich gehe zum Tisch und schau mir die Sauerei an. Zum Glück schon Schlimmeres gesehen. Glücklicherweise hatte Xenia hier noch nichts gegessen, und wohl auch in den letzten Stunden nicht. Offensichtlich auch ein Grund für ihren traurigen gegenwärtigen Zustand. Jedenfalls riecht es sehr alkoholisch in der Umgebung der großen Pfütze am Boden. Auch der Tisch und die Stühle haben was abbekommen.

22:40
Ich hole Putzzeug und mach mich an die Arbeit. Manchmal finde ich 7,50 als Lohn zu niedrig für die Arbeit bei McDonalds. Die Lobby ist fast leer, ein Pärchen hinter mir beobachtet mich und scheint seinen Appetit verloren zu haben.

22:50
Lobby leer. Habe die Sauerei weggeputzt. Die Stammkundin steht inzwischen am Eingang und mmh-mmmmt mich zu sich. Sie deutet nach draußen. Xenia liegt am Boden, rührt sich nicht, ihre beiden Freundinnen springen wie die Hühner herum, versuchen sie aufzuheben und schimpfen lautstark. Arme Xenia. Ich hole den Schichtführer, weil ich auch nicht weiss, was man da macht. Der beschwert sich, dass genau das selbe erst am Abend zuvor passiert sei und geht raus.

22:51
Der Schichtführer kommt wieder rein und meint, dass die schon klarkommen. Sie hätten den Krankenwagen gerufen. Wäre aber nicht weiter schlimm, denn Xenia bewegt sich ab und zu und reagiert auch irgendwie. Der gestern wäre einfach nur fertig gewesen. Ich zucke mit den Achseln.

23:00
Die Ruhe vor dem Sturm. Der lustige Kollege an der McDonaldstheke wirft mir eine kleine Lachgummi-Tüte zu, die normalerweise als Beigabe zu irgendwelchen Menüs gegeben wird. „Hier junge Dame, diese herrliche Erfindung vertreibt Kummer und Sorgen!“. Ich bin eigentlich nicht bekümmert und besorgt, sondern wegen dem Wahnsinn bei McDonalds eher belustigt. Aber die Lachgummis nehme ich trotzdem. Der andere Kollege freut sich, dass er wie ich nur noch eine Stunde bis Feierabend hat. Der lustige Kollege bietet ihm eine Tüte Ketchup an. „Hier, kann ich Ihnen vielleicht diesen Ketchup anbieten? Es ist guter Ketchup, gesunder Ketchup, EHRLICHER Ketchup!“. Er ist verrückt.

23:10
Die Hölle bricht herein, in Form von Menschenmassen, die alle Hunger haben. Feuerwerk ist zu Ende und man hat den Weg zum Bismarckplatz gefunden. Die Bude ist gerammelt voll. Und viele der Besucher auch. Ich freue mich darüber, wieder was zu tun zu haben und bediene meine Gäste.

23:11
Zwei Frauen mittleren Alters mit 3 Kleinkindern auf den Armen geben eine größere Bestellung auf, ich hab alle Hände voll zu tun. Die eine Frau geht gaffen, sie sagt, vor der Tür stünde ein Krankenwagen, sie wolle wissen was los sei. Das hätte ich ihr sagen können.

23:12
Ich hab die Bestellung fast fertig, da kommt die Frau wieder rein und sagt zu mir, dass sie draußen an der Tür ihr Bein schlimm gestoßen hätte. Das kommt davon, sie will schauen wer sich draußen was getan hat und verletzt sich dabei selber. Ob ich ein Pflaster oder Verband hätte. Ich verdrehe die Augen und gehe zum Schichtführer, während sich ungefähr 100 Leute vor den Schaltern drängen. Der Schichtführer verdreht auch die Augen und wir verschwinden im Backstage, wo er mir ein Pflaster in die Hand drückt. Ich gebe es der Gafferin.

23:16
Ich bediene noch immer meine Kunden, die Lobby ist gerammelt voll, kein Mensch kümmert sich darum den Müll aufzuräumen, weil der Lobbymann noch immer weg ist und ich eben McCafé mache. Während ich an der Kaffeemaschine stehe quatscht mich ein Typ an. „Heee, da ist ein Eimer, da schwimmt was Weißes drin.“ .. Gott, wtf. Klar, der war angetrunken und fand es witzig, in einem vollen Laden den Angestellten auf die Nerven zu gehen. „Ich will ja nix sagen,“ meint er, „aber das sieht ein bisschen eklig aus.“ Ich konnte ihn nicht abwimmeln und er zeigte mir diesen Eimer. Ja, da stand tatsächlich ein Eimer an der Wand, es war der mit dem ich vorher die Sauerei weggemacht habe. Es schwammen auch tatsächlich irgendwelche Magensäfte drin herum. Und es sah auch wirklich nicht besonders schön aus. Aber wtf -.- „Nehmen Sie nachher neues Wasser?“ fragt mich der Spack. „Oder putzen Sie mit dem alten hier?“. Ich verdrehe die Augen und gehe wieder an meine Kaffeemaschine. Da taucht er schon wieder auf und meint „Ja sorry, ich wollte ja nur Bescheid sagen, war das jetzt falsch?“ … „Nein,“ sage ich und hoffe dass er endlich abhaut. „Ja ich hoffe das war jetzt nicht falsch.“ Grrr! Als ich ihn mit Nichtbeachtung strafte dampfte er endlich ab.

23:30
Ich habe noch immer genug zu tun und eine Schlange an meiner Kasse. Ein Pärchen bestellt was. Aus weiter hinten in der Schlange ruft ein angetrunkener 12jähriger (dem Aussehen nach) die ganze Zeit unverschämt dazwischen. „Hallo, haben Sie noch Cookies? Ich will Cookies! Halloooooo, Cookies? Antworten Sie mal!“. Ich werde langsam sauer. „Ja, wir haben Cookies“ fauche ich und ignoriere den Typen, aber mit der Konzentration ist es nicht allzu weit her wenn man ständig abgelenkt wird. Ein Irrenhaus ist das hier.

23:45
Es wird langsam leerer und ich bediene das letzte Pärchen an meiner Kasse und mache dabei ungefähr gleich 3 Fehler beim Berechnen. Peinlich, aber die beiden hatten Verständnis.

23:55
Es tauchen noch ein paar Leute auf, die ich im Eilverfahren abfertige, weil ich auf keinen Fall länger bleiben will, um dann meinen Bus zu verpassen. Pünktlich um 23:59 bin ich fertig.

Draußen hörte man ein Mischmasch aus Gröhlen, Lachen und weiter entfernten Polizeisirenen. Ganz Heidelberg muss besoffen gewesen sein. Der Bismarckplatz war voller torkelnder Leute. Drei Mädchen tranken ihren Wein direkt aus der Flasche.

Die Heimfahrt war zum Glück unspektakulär.

Spaß in den öffentlichen Verkehrsmitteln

Das war auch schon mal anders. Vor 2 oder 3 Monaten fuhr ich ebenfalls mit dem Bus nach Hause. Es war eine andere Linie auf einer Strecke durch den Odenwald, so dass der Bus schnell leer war. Ich hörte Musik und außer mir waren im Bus nur noch 3 andere Typen, die zusammen gehörten, von denen einer in einem ähnlich stoischen Zustand auf dem Sitz saß wie Xenia gestern. Aber ich bekam nicht so viel mit, der Bus war auch abgedunkelt.

Dann auf einmal fuhr der Bus mitten in der Walachei rechts ran und hielt an, der Busfahrer sprang wie von der Terantel gestochen von seinem Sitz auf, machte das Licht an und kam nach hinten. Ich blinzelte. Er schrie die drei an, ob sie noch ganz dicht wären (mh ja, der eine offensichtlich nicht.. :D). Ich drehte mich um, bemerkte den widerlichen Geruch und sah die riesige Pfütze am Boden. Der stoische Typ hatte noch eine kleine, aufgeweichte, völlig unzureichende Papiertüte in der Hand und starrte mit Ellenbogen auf den Knien zu Boden. Und der HATTE ordentlich gegessen. Es war widerlich. Der Busfahrer machte dann ein Mordstheater, schrieb sich die Adressen auf, damit die drei morgen zum Saubermachen kommen (was da wohl draus geworden ist..).

Ein anderes mal fuhr ich Sonntag nachmittags mit der S-Bahn zu McDonalds. Da war niemand besoffen, aber noch während ich auf einer Bank auf die S-Bahn wartete, pflanzte sich ein dunkelhäutiger Typ neben mich, ein paar Jahre älter als ich. Und sagte „hey, du bist schön.“ … „Wollen wir Kaffee trinken gehen?“ .. Wtf. Ganz im Ernst, ich war sprachlos. Wie kann jemand so aufdringlich sein? „Wirklich, du gefällst mir gut. Lass mal Kaffee trinken.“ Ich bin ein höflicher Mensch und kann schwer abweisend sein, daher ließ ich mich irgendwie auf ein Gespräch ein.

Es stellte sich heraus, der Mann war ein Iraker, seit 5 ahren in Deutschland, bei einem Reinigungsunternehmen tätig und ganz offensichtlich auf der Suche nach weiblicher Begleitung. „Bist du deutsch? Wo wohnst du? Wohnst du alleine? Wie alt bist du?“ Selbst als ich in die S-Bahn stieg und dort demonstrativ in die ihm entgegengesetzte Richtung ging, kam er mir hinterher und setzte sich wieder neben mich.

Das war so ein Typ der auch gleich auf Tuchfühlung geht. Meine Güte, macht man das im Irak so? Also irgendwie erlebt man doch einiges bei McDonalds, davor oder danach.

Kommentare

2 Antworten zu „Im Dunstkreis von McDonalds“

  1. Masamune

    „Ganz Heidelberg muss besoffen gewesen sein. Der Bismarckplatz war voller torkelnder Leute. Drei Mädchen tranken ihren Wein direkt aus der Flasche.“

    Ich stelle fest: Im Westen braucht es nicht viel um betrunken zu werden. : )
    Und die stumme Frau solltest du dir warmhalten, scheint dich ja zu mögen.

    1. Ravana

      Einen Grund gibts immer!
      Und ja, ich bin so glücklich dass die stumme Frau mich immer dazu auserwählt, irgendwelche Schmiere aufzuputzen. Freu!

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