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Don’t look up – Lustig, weil leider wahr

Don't look up - Filmposter

Oh, was springt mich denn da auf Netflix an? Eine Tragi-Komödie mit hochkarätigster Besetzung, die erst im Dezember veröffentlicht wurde? Namen wie Leonardo DiCaprio, Jennifer Lawrence und Meryl Streep fallen sofort ins Auge. Weitere bekannte Namen oder zumindest Gesichter folgen auf den zweiten Blick, darunter Cate Blanchett, Jonah Hill, Ron Perlman, Rob Morgan, Timothée Chalamet (Dune) und Ariana Grande. Und Don’t look up handelt von einem meiner Lieblings-Genres: Ein Komet fliegt auf die Erde zu, Katastrophe, Panik, hach schön! Also los, sofort rein damit!

Was ich erwartete: Eine Art Persiflage wie die Serie „Space Force“, die unfähige und ignorante Politiker und Entscheidungsträger aufs Korn nimmt.
Was ich bekam: Einen zutiefst verstörenden Film über menschliche Eitelkeiten, Wissenschaftsignoranz und falsche Prioritäten. Und er war auch witzig, ja, weil er so traurig realistisch ist.

Don't look up - Filmposter

Um was geht es nun?

Don’t Look beginnt wie etwa auch Deep Impact. Die Doktorandin Kate Dibiasky (Jennifer Lawrence) entdeckt zufällig einen unbekannten Kometen. Zunächst wird die Entdeckung im Kreise der Studenten und ihres Professors Dr. Mindy (Leonardo DiCaprio) gefeiert – bis sich herausstellt, dass dieser 9 km große Komet mit 99,78 prozentiger Sicherheit in sechs Monaten auf der Erde einschlagen wird. Ein Komet dieser Größe gilt als „globaler Killer„, der zu einem Massensterben auf der Erde führen würde. Ein solcher Asteroid hat mutmaßlich vor 66 Millionen Jahren die Dinosaurier ausgelöscht.

In Filmen wie Deep Impact oder Armageddon beginnt an dieser Stelle eine fieberhafte Suche nach Möglichkeiten, den Einschlag abzuwenden. So auch in Don’t look up. Kreidebleiche Wissenschaftler, die umgehend nach Washington geflogen werden, wo sie zittrig nach Beruhigungspillen tastend die katastrophale Nachricht der Präsidentin überbringen sollen. Doch im Oval Office sind die Zwischenwahlen und eine Geburtstagsfeier erstmal wichtiger. Die Wissenschaftler und Dr. Oglethorne (Rob Morgan), Chef der „Planetary Defense“, sitzen stundenlang draußen und warten auf das Treffen mit Präsidentin Janie Orlean (Meryl Streep).

Erst am nächsten Tag werden sie ins Büro gebeten. Prof. Mindy berichtet stockend von den Erkenntnissen und den Auswirkungen des Einschlags. „Sein Gestottere nervt mich zu Tode“, stöhnt Präsidentensohn und Präsidentenberater Jason Orelan Mindys ungeschickte Erklärungen weg. „Was wollen die uns denn nun sagen?“ Dass ein riesiger Komet auf der Erde einschlagen wird und den Großteil allen Lebens auslöschen wird. „Und wie sicher ist das?“ fragt die Präsidentin. „Hundertprozentig sicher“, antwortet Mindy. Die Präsidentin lacht. „Hundert Prozent? So eine Zahl gibt es gar nicht. Sagen wir doch 70 Prozent. Okay, was wird mich dieses Theater kosten?

Während die Mindy, Kate und Oglethorne versuchen zu erklären, wie ernst die Situation ist, zweifeln die Präsidentin und ihre Berater ihre wissenschaftliche Kompetenz an. Sie beschließen, zunächst abzuwarten und zu sondieren. Das Bekanntwerden eines solchen Ereignisses würde die Kongresswahlen in wenigen Monaten ja auch ziemlich negativ beeinflussen. Und überhaupt, „Wissen Sie, wie oft wir schon solche Weltuntergangsgespräche im Oval Office hatten?“, kichert Präsidentin Orlean.

Fassungslos verlassen Prof. Mindy und seine Begleiter das Weiße Haus. Sie beschließen, dann eben allein etwas gegen das Ende der Welt zu unternehmen. Sie wollen an die Öffentlichkeit gehen und können in einer Talk-Runde im Fernsehen auftreten. Aber ihre wissenschaftliche Sensation („Sie haben einen Planeten entdeckt?“) ist erst nach der Show einer Sängerin und Influencerin (Ariana Grande) dran, die gerade erst öffentlichkeitswirksam mit ihrem Freund Schluss gemacht hat. Das Thema ist immerhin gerade in aller Munde.

Was nun folgt, ist eine traurige Odyssee, in der die Wissenschaftler versuchen, irgendwie Gehör zu finden und gegen interessantere Themen wie Social Media-Skandale und natürlich Kongresswahlen anzukämpfen. Der Untergang der Welt ist schließlich auch irgendwie relevant, aber das scheint so fern und unrealistisch, dass keiner der Sache richtig Glauben schenken möchte.

Selbst, als die Regierung endlich die Gefahr einsieht und handeln will, wird der Ernst der Lage nicht klar. Man könnte aus dieser Gelegenheit doch Geld schlagen. Und überhaupt, gibt es diesen Kometen denn wirklich? Und wenn ja, wird es wirklich so schlimm? Oder wird uns das nur von „denen“ erzählt, um uns zu manipulieren?

Irgendwann ist der Komet auch mit bloßem Auge zu sehen. „Schaut hoch“, rufen Mindy, Kate und Oglethorne allen „Ungläubigen“ zu. Man sieht das Ding doch sogar! Woraufhin eine Gegenbewegung unter dem Motto „Don’t look up“, also schaut nicht hoch, entsteht. Diese versucht zu beruhigen und das Vertrauen in die Präsidentin zu stärken, alles andere sei ja Panikmache.

Meine Meinung zu Don’t look up

Manche Dinge in Don’t look up wurden mir recht schnell klar. Eine Katastrophe, die man nicht so recht sehen und schon gar nicht glauben kann? Die die Menschheit aber schwer treffen wird, wenn man sie nicht abwendet? Die Prioritäten von Konzernen, die weiter Geld im Geld schwimmen wollen? Die Prioritäten von Regierungen, die um ihre Wiederwahl bangen? Das Leugnen und Herunterspielen der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Katastrophe?

Don’t look up ist metaphorisch Greta Thunbergs filmgewordene „Unser Haus steht in Flammen“-Rede, die sie im Januar 2019 auf dem World Economic Forum in Davos hielt. Sie sprach hier davon, dass Politiker nicht wirklich auf die Klimakrise reagiert und Medien nicht ausreichend über ihre Relevanz berichtet haben. „I want you to panic“, ich möchte, dass ihr in Panik ausbrecht und die Krise so behandelt, wie ihr eine offenkundige Krise wie ein brennendes Haus behandeln würdet. Man muss etwas dagegen tun.

I want you to panic-Spruch kommt tatsächlich auch fast wörtlich in Don’t look up vor. Stellt euch vor, ein Asteroid fliegt auf die Erde zu und wird sie zu großen Teilen unbewohnbar machen. Doch niemand nimmt die Warnung ernst, man glaubt nicht daran, man hat anderes im Kopf, es erscheint unrealistisch. … Klingt völlig schräg, oder? Natürlich würde bei einem anfliegenden Asteroiden sofort Panik ausbrechen und alle Regierungen würden sofort zusammenarbeiten, um die Katastrophe abzuwenden. So machen es die bekannten Asteroidenfilmchen ja auch vor. Man nimmt die Gefahr ernst.

Nicht aber in Don’t look up. Der Film zieht dieses Szenario der Ignoranz durch. Ach, ein globaler Killer? Na, der kommt jetzt aber ungelegen. Außerdem werden wir fortschrittliche Techniken dagegen entwickeln, durch die wir den Kometen sogar noch zu Geld machen können. Wie wäre das – den Welthunger lösen? Wollen Sie das denn nicht?

Don’t look up ist lustig, weil es stimmt und weil es so traurig macht – ich habe darüber vor zwei Jahren schon geschrieben. Schaut man sich den Film an, könnte sich der Gedanke einschleichen: Die Menschheit verdient es nicht anders. Konsum, Likes, Wählerstimmen und Seltene Erden, das interessiert doch viel mehr als irgendeine Gefahr, die ein paar Wissenschaftler hier panisch verbreiten wollen.

So ist es, durch die gesamte Gesellschaft hindurch. Ich habe viel mit Menschen und ihren Meinungen zu tun und lese es immer wieder: Fuck you Greta, „Ein bisschen Extra-Gasgeben für Greta“, die Grünen und ihre „Klimareligion“ sind unser Untergang. Sehen denn so viele nicht die Gefahr? Interessiert es so wenige, wohin wir steuern?

Don’t look up ist genau der Film für diese Situation. Es ist einfach irre. Ein Komet soll die Erde zerstören und keinen interessiert’s. Leonardo DiCaprio selbst engagiert sich schon seit Jahren für den Umweltschutz und zur Verhinderung der Klimakrise. Er selbst erklärt in einem Interview Don’t look up als einen Film, der sich mit der Ignoranz gegenüber Wissenschaft und dem Aufkommen von Verschwörungstheorien befasst, auch vor dem Hintergrund der Klimakrise.

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Deutscher Trailer zu Don’t look up

Manchen Schauspielern wie auf den Leib geschneidert?

Ich weiß nicht unbedingt viel über die anderen Schauspieler in Don’t look up, aber bei manchen fiel mir sofort auf, wie passend sie besetzt sind. Leonardo DiCaprio als warnender Wissenschaftler passt natürlich sehr gut.

Meryl Streep hatte 2017 eine emotionale Rede gehalten, in dem sie Donald Trump für sein respektloses Auftreten gegenüber einem behinderten Journalisten kritisierte. Der schoss daraufhin zurück und betitelte die dreifache Oscar-Preisträgerin als eine völlig überschätzte Schauspielerin. Und nun verkörpert sie in Don’t look up eine Art weiblichen Präsident Trump, inklusive seiner kurzen Aufmerksamkeitsspanne und Wahlkampfauftritten in großen Stadien.

Jonah Hill übernimmt die Rolle von Trumps Tochter Ivanka und ist als Sohn und zugleich offiziellem Berater mit dabei. Es darf auch die peinliche Trump würde Ivanka daten-Szene nicht fehlen, nur umgekehrt: Sie ist so scharf, wenn sie nicht meine Mutter wäre, ….

Dann haben wir noch Ron Perlman. Das ist der Anführer einer Motorrad-Gang in Sons of Anarchy und natürlich Hellboy. Der Mann nimmt kein Blatt vor den Mund und zeigt sich auf Twitter – wo ich ihm genau deswegen folge – als ziemlich rüder Trumpgegner (Motherfucker ist eines seiner Lieblingswörter, glaube ich). Er hat recht liberale Meinungen und steht auch dem typischen ‚Murica-Klischee („meine Waffe, meine Flagge, meine Freiheit“) äußerst kritisch gegenüber.

Er spielt in Don’t look up zwar nur eine Nebenrolle, aber die hat es in sich, denn er spielt sie komplett ironisch. Sein Charakter im Film ist rassistisch und homophob bis ins Mark und er glaubt, er kann mit seinem Sturmgewehr den Kometen einfach wegschießen. Einfach zu schön.

Mein Fazit

Letztlich ist Don’t look up natürlich eine … Komödie? Satire? Parodie auf das wirkliche Leben? Alles ist ein wenig überzogener als in Wirklichkeit. Aber so, wie die letzten Jahre liefen, ist sie nicht weit weg von der Realität und ja, ich fand den Film doch sehr beklemmend.

Ich denke, man muss für die enthaltende Kritik empfänglich sein, um ihn mögen zu können. Ansonsten würde man Don’t look up vielleicht als völlig unrealistische und unlustige Komödie auffassen. Für mich war der Film aber so gut und auch so wichtig, dass ich sofort danach nach langer Abstinenz auf meinem Blog mal wieder einen Artikel geschrieben habe. Ich hoffe, er gefällt – der Film ^^ Schau ihn dir an, wenn du es noch nicht getan hast :D Und schreib mir gern deine Meinung drunter.

Kommentare

3 Antworten zu „Don’t look up – Lustig, weil leider wahr“

  1. Masamune

    Habe den Film auch gestern abend gesehen.
    Habe aber neben den Klima-Paralellen auch viel von der Querdenker-Bewegung zum Thema Corona gesehen.
    Aber wen interessieren schon die versteckten Botschaften wenn es doch viel interessanter ist warum ein 3-Sterne General den armen Wissenschaftlern das Geld abknöpft. : )

  2. Elke Becker

    Ich hab den Film erst gestern Abend gesehen.
    Der Film ist genial und beschäftigt mich sehr. Grandios gespielt, diese Starbesetzung kann schon was. DiCaprio war exzellent. Langsam verzeihe ich ihm das irgendwie sinnlose Erfrieren in der Nordsee ;)

    Die Message des Films ist erschütternd. Erschreckend. Beängstigend. Vielschichtig.

    1. Lucyda

      Hallo Elke,
      danke für deinen Kommentar. Naja, das Erfrieren in der Nordsee musste schon sein, wegen der Tränendrüse, und damit es nicht Titanic Teil 2 gibt :D

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