Ein wunderbares Stück Imperialismus und Länderwettkampf aus der Zeit kurz vor dem 1. Weltkrieg, zu buntem Leben erweckt im Jahre 1965: Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten. Genau wie Eins, zwei, drei spielt er mit Klischees und einer geballten Ladung an dummen Sprüchen.
Diesen Film kenne ich schon quasi mein ganzes Leben. Mein Onkel Martin war schon immer flugbegeistert. Zu Zeiten, als es bei uns zu Hause noch keinen Videorekorder gab und ich auch nicht wusste, was das ist, hatte er den Film in den 80ern mal aufgenommen und irgendwie kamen mein Bruder ich dazu, ihn uns mit ihm anzuschauen. Seither freuten wir uns immer auf Onkel Martin und seine fliegenden Kisten :D
Grobe Handlung
Im Jahre 1910 ruft ein reicher englischer Zeitungsbesitzer einen Flugwettbewerb aus: Piloten aller Nationen und ihre Flugmaschinen dürfen teilnehmen und sich in England einfinden, um den ersten Flug über den Ärmelkanal zu absolvieren. Wer am Schnellsten von London nach Paris fliegt, gewinnt den Preis von 10.000 Pfund.
Der Wettberwerb wird international ausgeschrieben und es finden sich einige Teilnehmer aus verschiedensten Ländern ein. Darunter…
- ein englischer Gentleman-Offizier, der es als heilige Pflicht ansieht, den Sieg für England zu holen
- ein intriganter, reicher englischer Lord
- ein deutscher Offizier (Gert Fröbe!), der zwar nicht fliegen kann, aber vom Kaiser den Befehl erhält, den Wettbewerb zu gewinnen
- ein amerikanischer Habenichts
- ein italienischer Herzog mit Vorliebe für Familie und Flugmaschinen
- ein französischer Herzensbrecher
- ein japanischer Flugpionier
- weitere tollkühne Männer (und ihre fliegenden Kisten)
Zunächst absolvieren die tollkühnen Männer einige Trainingsflüge. Es geht dabei eher zu wie bei einer ausgedehnten Teeparty, mit inbegriffenem Badeausflug nach Dover. Schließlich starten die Teilnehmer ihren Flug, der in mehreren Etappen absolviert wird. Paris ist schließlich ein gutes Stück weg von London.
Darum sollte man den Film sehen!
Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten nehmen aus den unterschiedlichsten Beweggründen teil, daher sind Konflikte vorprogrammiert:
- Habgier
- Vaterlandsliebe
- Nationalismus
- „gewinnen, weil ich sonst nicht mehr fliegen kann“
- „gewinnen, weil ich eben gewinne“
Da treffen Nationalitätsklischees auf Intrigen, aufmüpfige (fast schon frühfeministische) Damen aus gutem Hause und kreative Technik zu einer Zeit, als Linienflüge noch in weiter Ferne waren.
Weitere liebenswerte Szenen aus „Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“:
- Der schwerreiche italienische Herzog Emilio Ponticelli reist nebst besorgter Gattin und einer riesigen Schar Kinder an. Kurz darauf droht er mit seiner Abreise, weil der Trainingsflug des Franzosen vor seinem eigenen angesetzt ist. Frankreich fliegt nicht vor Italia!
- Oder die deutschen Offiziere, die im Stechschritt jeden Morgen ein Fahnenritual vor ihrem Schuppen abziehen und nach Lehrbuch fliegen – „Schritt 1: Hinsetzen!“. „Es gibt nichts, was ein deutscher Offizier nicht kann!“
- Wie der ungeschliffene Amerikaner absolut keine Ahnung von europäischen Höflichkeitsregeln hat und wie ein abgerissener Cowboy in der schwerreichen oder politisierten High Society aufkreuzt.
- Wie der Franzose jede Gelegenheit nutzt, um hübsche Frauen zu erobern und schließlich wegen einer nichtigen Beleidigung durch den deutschen Oberst zum Duell aufgefordert wird.
Selbst der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten wird nicht geschont :D
Am Ende ist natürlich klar, wer das Rennen gewinnen muss – aber darauf kommt es gar nicht an.
Der ganze Film ist ein einziges Spektakel aus dem Nationalitätenkonglomerat des frühen 20. Jahrhunderts, als die Welt irgendwie noch unschuldiger war. Und der Film spart nicht an dummen Sprüchen und Anspielungen :D
Unbedingt anschauen!