Das römische Britannien

Meine Vorfreude auf die „Roman Britain“-Exkursion hielt sich deutlich in Grenzen. Aber eine Exkursion ist Pflicht, ich musste also so oder so eine machen, und da normalerweise in meinen Studienfach „Klassische Archäologie“ solche Exkursionen eher in den Süden gehen, Richtung Rom oder Athen, fand ich, dass Nordengland/Südschottland zumindest thematisch und geographisch die beste Wahl ist. Augen zu und durch, lautete die Devise ^^ Im Grunde waren vorher alles Unbekannte, zwei Leute kannte ich namentlich aus anderen Veranstaltungen, 1-2 weitere vom Sehen her.

Ich war nie – wirklich nienienie – Freund von „Klassenfahrten“, „Studienfahrten“, „Exkursionen“ oder wie auch immer man das nennen will. Schon während der kurzen Fahrt in der Grundschule hatte ich eigentlich genug von solchen Sachen ^^ Zuviel Stress, Grüppchenbildung, Anfeindungen und Geläster unter- und gegeneinander, und ich als ängstlicher und schreckhafter Mensch mitten drin.

Und das war gut so!

Hadrianswall

Soviel mal an Vorschussleistung ^^ Ich hatte dann beschlossen, das Beste draus zu machen.

Einen kompletten Bericht mit Tagesbeschreibungen wollte ich nicht machen, nur vielleicht die Höhe- und Tiefpunkte beschreiben und ein paar Fotos zeigen.
Dazu hatte ich unterwegs immer mal wieder „Denkwürdiges“ per Handy-Notizzettel (AK Notepad ^___^ ) notiert.

Hier also mein „Denkzettel“ in aller Kürze, falls es interessiert folgen anschließend, gespickt mit Fotos, ein paar Erläuterungen ^^

PS / Nachtrag: im Mai 2013 folgte die verkürzte Schwesternexkursion ins freie Germanien. Nicht so großes Gemecker – reloaded!

Britannia Romana

3.-14. August 2012, 28 Studenten, ein Professor und ein Busfahrer
Grobe Route:
Heidelberg – Amsterdam – mit Nachtfähre nach Newcastle, Nordengland – dort verschiedene Kastelle, Museen und Wanderungen am Hadrianswall zwischen Ost- und Westküste – Schottland: Glasgow – Edinburgh & Antoninuswall, verschiedene Kastelle und Museen – Perth – wieder Nordengland: York mit Stadtbesichtigung und römischen und mittelalterlichen Überresten in der Umgebung – Newcastle – Amsterdam – Heidelberg

  • Schifffahren toll
  • Tolle Häuser in Britain
  • Regenjacke dicht, Haare und Oberteil trocken; Hose, Schuhe, Strümpfe, Fototasche klitschnass
  • Hexham Abbey hammermäßig toll
  • Blöd, wenn die Schuhsohlen abfallen..
  • Spaßfaktor im Regen mit 8 Wochen alten Straßenschuhen über schlammige, kniehoch bewachsene, mit Schaf- und Kuhscheisse bestückte nasse Wiesen laufen um römische Überreste von 3-steinlagig erhaltenen Gebäuden zu suchen: 0,0
  • Busfahrers Techno-Channel: eine Qual
  • Speicherkarte 1 von insgesamt 2,4 ist voll, musste auf JPG umsteigen .. Nach 2 Tagen .. verdammt
  • Vindolanda [römisches Kastell, mein Referatsthema, habe dort auch Referat gehalten] reissts rum: bestes Wetter, beste Ausstellung
  • Bei schönem Wetter unfassbar faszinierende rauhe Landschaft
  • Wanderung: „nur schnell 2 Kastelle, höchstens eine Stunde“ …
  • Kommilitone im Matsch: „Während ich noch falle, höre ich ihn schon lachen“ .. Matsch und kein Ende
  • Engländer sehr freundliche Leute
  • Kapitalfehler: zu kleine Speicherkarte.. So viele schöne Bilder und nur begrenzte Möglichkeiten ..
  • Stimmungsschwankungen: total schlimm & Bitte um Koma bis Rückfahrt vs. „geht eigentlich“
  • Exkursion hat Vor- und Nachteile
  • Auf nach Edinburgh.. Gemischte Gefühle: Freude und Melancholie. – 3. Besuch von Edinburgh
  • Edinburgh Castle: Saor Patrol im Touri-Shop
  • Gestern und heute schon wieder 3 Namen meiner Mitreisenden gelernt, jetzt weiss ich bestimmt schon 3/4 der Namen! – Am 7. Tag, nach einer Woche

Soweit mal das grobe Gerüst. Wir sind viel rumgekommen, haben viel erlebt, oft genug dachte ich, dass das Ganze nur eine einzige riesige Folter und Katastrophe ist, nach ein paar Tagen aber, nach einer Zeit der Eingewöhnung, fand ich doch Spaß daran.

Schauen wir uns die ganze Sache mal etwas näher an.. Die Fotos sind nicht chronologisch geordnet, sondern irgendwie thematisch, hoffe ich jedenfalls ;D

Die Schifffahrt

Ich hatte bisher nur immer für kürzere Fahrten das Vergnügen, mich an Bord eines Schiffes zu befinden. Fähren zu Nordseeinseln, einmal nach Helgoland, hin und wieder mal auf einem Fluss oder auf dem Bodensee. Daher war ich doch gespannt drauf, wie es wäre, die ganze Nacht auf einem Schiff zu sein ^^
Mein Fazit: es ist super. Immer dieses leichte auf und ab, irgendwie fühlt man sich viel mehr lebendig, weil man merkt, dass sich die Umgebung auch bewegt, und nicht nur man selbst innerhalb der Umgebung :D Nachts fühlte ich mich wie ein Kind in einer Wiege, ein absolut beruhigendes Gefühl <3

Das Schiff war, wie ich überrascht feststellte, doch recht groß, mit 11 Decks, einem Kino und sauteuren Bars, Shops und Restaurants. Unsere Kabinen lagen auf Deck 2, also quasi ganz unten, da wo auf der Titanic die Heizer arbeiteten etwa ^^ Es gab auch keine Fenster nach außen. Schade, man hätte sicher schön die Fische beobachten können ;D
Die Fahrt dauerte von Nachmittags ca 17 Uhr bis zum nächsten Vormittag etwa 10 Uhr morgens. Bin nur einmal mitten in der Nacht aufgewacht und dachte, dass wir alle sterben, weil von unten irgendein komisches metallisches Geräusch kam, vllt. sowas wie Eisberg auf Schiffsrumpf, man weiss es nicht .. Leicht beängstigt konnte ich erstmal nicht mehr schlafen ^^

Schöne britische Häuser

Ich finds im Ausland immer wieder faszinierend, wie anders alles ist, und das, obwohl es wirklich sehr nahes Ausland ist. In Großbritannien haben sie so ganz andere Häuser. Das war jetzt mein 5. Besuch auf der Insel und mir fällt es jedes mal wieder aufs Neue positiv auf :D Diese recht kleinen, aber süßen unverputzten Steinhäuser mit den Schornsteinen an den Längsseiten – so süß. Und eben überhaupt, dass sie, offensichtlich vor allem im Norden, so viel aus Bruchsteinen bauen und nicht verputzen. Ich liebe diese Bauweise ^^ Und dann haben sie häufig noch „Hausnamen“ statt Nummern, dann steht über dem Eingang in gemalten Buchstaben „Queen’s View Cottage“ oder sowas <3
Und dann immer die Hausruinen mit eingestürztem Dach am Straßenrand oder irgendwo im Nirgendwo auf einer Wiese .. Denke dann immer, dass ich mir Geld leihen sollte und so eine Ruine kaufen und wieder aufbauen ^^

Die Mitreisenden

Außer mir gab es noch ein paar „Einzelgänger“ in unserer Gruppe, die sich irgendwie immer alleine durchschlugen. „Normale“ Leute sammelten sich immer zu einer Traube von 4-7 Leuten zusammen, mit denen sie umherzogen. Da ich aber leider nicht viel zu so einer Gruppe beitragen kann bzw. auch nicht viel davon habe, bin ich größtenteils alleine rumgelatscht. Dennoch hat es in den Jugendherbergen einigermaßen geklappt. Wir sind viel herumgereist und hatten mehrmals Zimmerwechsel, bei mir war es dann so, dass ich in Zimmern mit x Betten untergebracht war: 2 – 4 – 6 – 1 – 4 – 2
Meistens kam ich mit einer Kommilitonin aus China überein, die sehr nett ist und eben auch meist allein unterwegs. Aber auch mit anderen hat es ganz gut geklappt – die meisten haben abends das Zimmer sowieso wieder verlassen und sind mit irgendjemand wieder um die Häuser bzw. in der Herberge umhergestreift ^^ Während ich und Xue im Zimmer blieben, und sich so alles sehr unkompliziert gestaltete. Zudem waren wir meistens eh recht lang unterwegs und erst zwischen 6 und 7 abends wieder an der Herberge, dann wurde erstmal geduscht und gegessen und dann wars das auch schon. Letztendlich hab ich mich eigentlich nicht wirklich unwohl gefühlt, irgendwie waren doch alle sehr nett, manche sogar mehr als nett :D

Der Busfahrer, der uns von Heidelberg bis Heidelberg herumkutschierte, war ebenfalls sehr locker drauf und irgendwie immer am Grinsen. Und das Wichtigste: er konnte Bus fahren :D Er hat uns mehrmals mit Millimeterarbeit unter niedrigen Brücken durchbugsiert und in engen Straßen an anderen Verkehrsteilnehmern, oder durch Tore und Portale. Also ich hätte da keine Lust drauf gehabt ^^ Nur – entweder der Radiosender, den er immer hörte, hatte wenig Gequatsche und fast noch weniger Musikauswahl oder es war wirklich nur eine einzige CD, die er hat durchlaufen lassen: irgendwie moderner Pop auf Technogequietsche verzerrt. Und das gerne über die Lautsprecher, die sich über jedem Sitz befanden. Eine Qual für meine Ohren, die mir nach und nach auch das Gehirn zerfetzte :/

Unser Dozent, der Herr Prof. Dr. Stupperich, etwa 3x so alt wie die meisten der Studenten, war der Fitteste von uns allen. Munter sprang er immer 100m vor der Gruppe voraus, hüpfte hier über Gräben und überkletterte dort Zäune und Gatter. Dieser Mensch war einfach weder durch das Wetter noch durch längere Märsche kaputt zu kriegen und so handelte er sich eine Art Chuck Norris-Ruf ein. Als er einmal noch irgendwas erledigte, während alle anderen schon im Bus waren, fragte der Busfahrer aus Spaß, ob er schon mal losfahren solle. Von irgendwoher tönte die Antwort „egal, Stuppi holt den Bus sowieso ein„, von woanders der Zwischenruf „ach was, er wartet schon vor dem nächsten Kastell, wenn wir dort ankommen!„. Und er ist einer dieser Leute, die gerne „nur noch kurz dahin laufen“ sagen und damit einen Halbtagesmarsch meinen. Seine Zeit- und Kilometerangaben zu Laufwegen waren grundsätzlich um die Hälfte des realistischen Wertes reduziert, wie ich nach wenigen Tagen merkte. Vielleicht nutzte er auch einen anderen Algorithmus zur Umrechnung der Meilenangaben in Kilometer .. :D Absichtlich.

Meine Super-Regenjacke <3 – Regen en masse – Vindolanda

Weil mir schon eine Weile eine nette Regenjacke fehlt und man ja auch wieder irgendwann wandern gehen will, sowas ergo so oder so wieder her muss, habe ich mir im Vorfeld nach einigem Recherchieren auf Outdoorseiten und schließlich Amazon meine neue imba-Regenjacke gekauft. Sie war von 299,- EUR auf 69,99 runtergesetzt und sollte wasserdichter sein als mein Zelt und dabei toll atmungsaktiv. Dass mein Zelt 24h Dauerregen locker einsteckt weiss ich durch Ausprobieren in Schottland (mit ein Grund, warum ich nach einer guten Regenjacke geschaut habe.. das Reiseziel ^^).
Jedenfalls – die Jacke machte einen klasse Eindruck, das Gewebe ist sehr fein und fühlt sich dadurch schon fast seidig an, die Nähte sind alle nochmal extra abgeklebt und auch die Reißverschlüsse sind abgedeckt. Kein Vergleich mit „normalen“ Regenjacken, die ich sonst immer hatte.
Glücklicherweise hatte ich in England am Ende von Tag 2 und quasi den ganzen Tag 3 die Gelegenheit, die Jacke im Dauerregen ausgiebig zu testen. Das Ergebnis habe ich oben geschrieben: Jacke ist dicht, auch nach Stunden im Regen. Bringt nur nicht viel, wenn alles andere nass ist .. :D

Tag 3 war auch mein absoluter Tiefpunkt. Wir schauten einige Kastelle an, die sicher sehr interessant und gut gewesen wären, aber ich war rein mental einfach nur sauer und fertig mit der Welt. Es hat den ganzen Tag geregnet. Dazu sind meine Wanderschuhe kaputt gegangen und ich musste meine guten neuen Straßenschuhe anziehen, mit denen wir dann über Felder und Wiesen durch den Sumpf gelaufen sind. Die ganze Zeit hat es geregnet und einige Kommilitonen mussten ihr Referat im strömenden Regen halten. Es war einfach nur traurig.
Allerdings, als wir dann vom vorletzten Kastell (Housesteads) zum letzten Kastell des Tages fuhren – Vindolanda, hörte der Regen auf und die Sonne kam raus. Ich hielt mein Referat auf einer niedrigen Mauer in bester Laune und wunderschönem Sonnenschein. „Hiermit möchte ich euch alle im SONNIGEN Vindolanda begrüßen„, waren meine euphorischen und glücklichen Worte, nur durch das Wetter und die schöne Gegend hervorgerufen ^^ Ach ja: Vindolanda ist klasse. Einfach der Wahnsinn, was sich dort alles im Boden erhalten hat. Ledersandalen von 105 n. Chr., Haarperücken, und natürlich die Briefe, die Soldaten sich gegenseitig geschrieben haben. Vindolanda ist imba!

Römische Ledersandale in Vindolanda
Sandale der Frau des Präfekten der 9. Batavierkohorte in Vindolanda, zwischen 100-105 n. Chr.
Römisches Kastell Vindolanda
Am Kastell Vindolanda <3

Wanderschuhe ohne wandern

Ja … Das war eine sehr bittere Erfahrung. Ich besitze diese Wanderschuhe seit etwa 10 Jahren, vllt auch nur 9, man weiss es nicht. Aber jedenfalls sehr lang. Ich habe sie nur sehr sporadisch in wenigen Urlauben benutzt, und vor meiner Abreise habe ich nicht geschaut, ob sie okay sind. Jedenfalls waren sie das nicht. Sobald ich sie anhatte, fiel mir auf, dass in der Sohle an der Stelle zwischen Sohle und Schuh sich Löcher auftun, die zudem zusehends größer wurden. Ich hoffte, dass die Schuhe durch schonendes Laufen wenigstens die halbe Exkursion halten würden. Sie hielten bis zu Beginn des 3. Tages, dann hing die Sohle des einen Schuhs nur noch am seidenen Faden, und der andere hätte bald genauso ausgesehen. In weiser Voraussicht hatte ich meine normalen Schuhe noch mit in den Tagesrucksack gepackt und konnte so wechseln. Traurig, denn diese Schuhe mit sehr dünner Sohle hatte ich erst im Juni gekauft, sie waren nicht billig und sicher nicht dazu gedacht, tagelang über Stock und Stein oder durch sumpfige Wiesen zu laufen. Und genau das tat ich dann. Gleich am dritten Tag lief ich ca 11 Stunden mit nassen Füßen herum. Am Ende war es mir egal und ich stampfte mitten durch die sumpfigen Schlammwiesen. Ich weiss nicht, ob die Schuhe jemals wieder „straßentauglich“ werden können, sie sind schon recht abgelaufen und sehen aus wie schon mal gegessen und wieder ausgespuckt. Übrigens hatte ich mir nach dem 3. Tag angewöhnt (angeregt durch den Tipp einer Kommilitonin), über die Füße Plastiktüten zu ziehen, bevor ich die Schuhe anzog. So blieben wenigstens die Füße trocken – jedenfalls vom Regen, nicht vom Schweiß.. ^^ Ach, eine traurige und elendige Angelegenheit ^^

Alte Wanderschuhe
Neue Straßenschuhe -.-‚

Jedenfalls – am 3. Tag, ja genau, an dem Tag an dem morgens meine Wanderschuhe aufgegeben haben, schloss sich nach der Besichtigung von Vindolanda eine freiwillige Wanderung an. Es hieß: „Wir fahren nur 3-4 km von der Jugendherberge weg, da gibt es ein Kastell und ein Meilenkastell, und die wenigen km sind wir ruckzuck zurückgelaufen, in einer Stunde sind wir wieder in der Jugendherberge. Wer hat Lust?“ – Das Wetter war, wie erwähnt, endlich super. Das hat wohl meinen Gedanken „OMG, flieh, solange zu kannst!“ möglicherweise übertönt, jedenfalls fand ich mich dann auf einmal unter den etwa 15 Studenten plus Dozent, die verlassen in der Landschaft umherirrten. Natürlich hatte er untertrieben. Erstmal musste das eine Kastell erst gefunden werden und es lag etwa einen Kilometer über Schlammwiesen in entgegengesetzter Richtung der Herberge. Hier gaben meine Schuhe endgültig auf. Der Matsch war einfach nur noch allgegenwärtig und joah, das Kastell war dann auf Hinweis des Professors auch irgendwie erkennbar, entschädigte jedoch nicht den weiten Anmarschweg über schlammige Wiesen. Einer von uns landete dann auch noch ganzkörpermäßig im Sumpf und gab Anlass zum Lachen – „Ich bin noch am Fallen und hör ihn schon lachen!“ Immerhin hatte er dabei des Professors hochgeschätzte Roman Map halbwegs über Wasser halten können :D

Blick vom Hadrianswall
Blick vom Rand der zivilisierten Welt ins Land der Barbaren – vom Hadrianswall aus

Auf dem Rückweg kamen mir die angepriesenen 3-4 km auch eher vor wie 8-10 km, und einen großen Teil davon liefen wir direkt auf dem Hadrianswall entlang, weil die Wiesen unten einfach nur .. widerlich ausgesehen haben. Erfreulicherweise konnten wir in den Sonnenuntergang wandern, so dass ich die Gelegenheit erhielt, Sonnenuntergangsbilder direkt vom Rand der Welt aus zu schießen. Einmalig :D Angetrieben wurden wir trotz müde, Durst, kein Bock mehr, Füße tun weh durch deutlich erkennbare Regenschauer nur wenig südlich und die Aussicht auf müde, Durst, kein Bock mehr, Füße tun weh IM REGEN war dann doch motivierend. Erst auf den letzten 1-2 Kilometern erwischte uns ein leichter Tröpfelregen.
Es war dann gegen 10, dh. 11 deutscher Zeit abends, als wir wieder in der Herberge eingeschlagen sind und es war natürlich schon dunkel. Am Ende hatte hatte sich die Gruppe in mehrere Teile – im Grunde Vorhut, Haupttruppe und Nachhut aufgegliedert, aber es kamen tatsächlich alle wieder an der Herberge an, obwohl ich mich zwischenzeitlich gefragt hatte, wie viele wohl alleine sterbend am Wall zurückgelassen worden sind :/

Schlammwiesen und Museen

Ja – wir sahen viele Schlammwiesen. Natürlich hat man als Archäologe nur selten das „Glück“, vor gut ergrabenen Monumenten wie z.B. Vindolanda zu stehen und sie auf Kieswegen beschreiten zu können, während man sich die Infotafeln durchlesen kann (wir wären arbeitslos, wenn es so wäre) . Sehr oft fuhren wir ins Nirgendwo, weil dort auf irgendeiner Kuhweide an einigen Wällen ein Kastell erkennbar sei. Sei – denn der normale Mensch (eigentlich zähle ich mich auch noch dazu, inzwischen wurde mir das aber ausgetrieben) erkennt hier eine Wiese mit Kühen, Kuhscheisse und ein paar Wellen im Gelände. Selbstverständlich handelt es sich dabei aber um ein Kastell oder Marschlager, und das muss natürlich begangen werden. Dafür lohnt es sich auch, erstmal 5km hinzulaufen, dann einen km über das Gelände, um jeden Hügel in Augenschein zu nehmen und am Ende wieder 5km zurück zum Bus. Ohne auch nur einen einzigen Stein gesehen zu haben. Klar – eigentlich gehört das dazu. Mein abenteuerliches Ich sagt auch, dass es toll ist, auf Spurensuche zu gehen und „unentdecktes“ (dh. unergrabenes) Gelände zu erkunden.

Trotzdem – da laufen 28 Studenten, davon 20 meckernd und fluchend, hinter dem Professor her, der begeistert von Graben zu Graben springt und jedem, der Schritt halten kann, erzählt, was genau man da nun sehen könne. Wenn man die Muße hat und nicht schon von anderen Faktoren wie Wetter oder Anreiseweg oder persönlicher Zustand (kaputte Füße, Durst, Sonnenbrand, Hass auf alles) zu sehr genervt ist und rechtzeitig beim Professor ist, mag dabei durchaus was Lehrreiches bei rauskommen. Ist ja auch interessant, dass Hügel und Gräben im Gelände nicht einfach nur komisches Zeug sind, sondern zeigen, wo früher mal Mauern waren (bzw. noch immer, wenn sich jemand die Mühe machen würde sie auszugraben). Allerdings trat dieser lehrreiche Effekt zumindest bei mir nicht immer ein :/ Dennoch habe ich diese Geländebegehungen besser überstanden als der eine oder andere, wo man dann irgendwann aus dem Hintergrundrauschen doch so ein „WAS SOLL DER SCHEISS, DER SCHEISS BRINGT MIR GAR NIX, ÜBERALL NUR SCHAFSCHEISSE UND BLÖDE GRÄBEN, WTF, DAS IST DIE BESCHISSENSTE EXKURSION DIE ICH JEMALS HATTE!!!!!“ hörte. Wie dem auch sei. Die Schlammwiesen waren nicht unbedingt das Highlight der Exkursion – Museumsbesuche aber auch nicht. Normalerweise hieß es dann: „schaut euch mal 20 Minuten um, dann treffen wir uns und wir schauen uns die interessantesten Steine gemeinsam an„. Da sträubt sich mir jetzt das Nackenhaar, denn übersetzt heisst das, dass jeder römische Inschriftenstein des Museums ausführlich vom Professor begutachtet, diskutiert und kommentiert wird, so dass es am Ende, wie in Glasgow, gut vorkommen konnte, dass 18 Studenten und ein Professor sich 1,5h  auf etwa 20 m² Fläche bewegten, um auch wirklich keinen Stein zu übersehen. Die restlichen 10 Studenten sind nicht mit eingezählt, weil sie sich unauffällig davongeschlichen haben, um sich irgendwo hinzusetzen und Jupiter um Gnade anzuflehen.

Eine nette Anekdote noch von einer diese Schlammwiesenbegehungen. Nach dem kurzen Anmarschweg zur Wiese („höchstens ein Kilometer!“ – es waren mindestens 2, in brennender Sonne und gegen halb 5 nachmittags nach einem langen Tag auf anderen Wiesen) kamen wir vor einem Gatter an. Hier sollte sich das größte temporäre Kastell der römischen Besatzer befinden, bevor sie das permanente Kastell in York fertig hatten. Jedenfalls standen wir vor diesem Gatter. Dahinter so etwa 15-20 pechschwarze Rinder, die uns doof anglotzten.

Rindviecher auf der anderen Seite des Gatters ^^

Normalerweise hatten Gatter und Stacheldrahtzäune uns bisher nicht davon abgehalten Privatgelände trotzdem zu betreten, aber hier hatte unser Stuppi doch ein Einsehen. Auf die Hörner genommene Studenten wollte er wohl doch nicht verantworten. Also kamen wir in den Genuss eines weiteren Referats über dieses Kastell (von dem ICH zumindest wirklich gar nichts sehen konnte) und entschieden dann, außen am Zaun entlang zu gehen, bis wir einen besseren Zugang zu der riesigen Weide finden konnten.

Etwa einen Kilometer später auf einem sauber gemähten Rasenweg durch wild wachsendes Gebüsch näherten wir uns einem Anwesen, auf dessen Grundstück wir uns offensichtlich widerrechtlich bewegten. Aus etwa 100m Entfernung sahen wir einen Mann in seinen Allrad-Pickup vor dem Haus steigen, mit dem er auf uns zu fuhr. Er stellte ihn in einem Sicherheitsabstand von etwa 50m von uns ab. Zu unserer Erleichterung hatte er keine Pumpgun dabei. Stuppi sprang natürlich irgendwo in der hüfthohen Wiese herum und bekam gar nicht mit, dass sich Besuch ankündigte. Der gute Bauer oder Plantagenbesitzer oder was auch immer kam auf uns zu und rief so fragend-autoritär „HELLO?!“. Keiner von uns traute sich was zu sagen, als endlich Stuppi wieder aus dem Gebüsch auftauchte. Er ging auf den Besitzer zu, und statt irgendwie 1000 Entschuldigungen wegen widerrechtlichem Eindringen und Hausfriedensbruch vorzubringen hielt er dem Mann eine Geländekarte unter die Nase und fragte, ob wir hier richtig seien, römisches Kastell und so. Der gute Mann war völlig verdutzt, vergaß seinen Ärger dadurch, dass seine umfangreiche Kenntnis der lokalen Topographie gefragt war und zeigte Stuppi auf der Map, wo wir hin müssten. Eine Minute später, die ich sprachlos und mit offenem Mund verbrachte, winkte Stuppi zum Abschied, sprang wieder ins Unterholz, rief dem Mann noch ein „Sorry dass wir hier rumlaufen“ zu und verschwand. Der Mann schüttelte nur den Kopf, setzte sich wieder in seinen Allrad, um mit diesem die ungeheure Entfernung von etwa 50m zu seinem Anwesen zu überwinden.

Wir betraten also die Bullenwiese doch noch, liefen einmal quer drüber, ohne großartig ein Kastell zu erkennen und kamen dann wieder bei dem Gatter mit den Rindviechern raus, nur eben diesmal von innen statt von außen. Die Rinder schauten uns geschlossen misstrauisch an. Doch ein mulmiges Gefühl. Die Rinder standen in ein paar Metern Abstand zum Gatter, daher begannen die ersten von uns, mutig drüberzuklettern. Ich gehörte zu den letzten (werd mich doch hier nicht von 20 riesigen Bullen abschrecken lassen!), aber als die letzten Leute vor mir gerade am Klettern waren, kamen die Viecher dann doch langsam auf uns zu. Ich warf meine Sachen auf die sichere Seite und überwand das Gatter doch recht fix mit einer halb gekletterten Art von Hechtsprung. Letztendlich haben die Rinder aber nur angetäuscht, sie waren ganz brav <3

Oha … Unter Beobachtung :D

Edinburgh

Ich war bereits davor 2x in Edinburgh – einmal mit Chuck, dann mit Saph, und einmal „bei Glasgow“ (vom Flughafen dort direkt weiter nach Edinburgh ^^). Es waren immer sehr unterschiedliche Lebensabschnitte, und für mich war es merkwürdig, „einfach so“ nochmal wieder in Edinburgh zu sein. Es war auch nicht sehr toll – die Straßen, besonders ums Castle herum, waren voll mit Touristen und ich hatte keinen großen Spaß daran, mir das wieder anzuschauen. Allerdings war ich in einem Laden, den ich vor 9 Jahren schon mal besucht hatte – und dort lief lautsprecherbeschallt Musik, die mir verdächtig nach Saor Patrol klang :D – Eine schottische Trommel- und Dudelsack-Band, die man hierzulande immer wieder auf den Mittelalterlich Spectaculi antrifft, wie zB. nächstes Wochenende in Speyer :D

Naja, am Ende ließ ich Edinburgh relativ emotionslos hinter mir. Eine so vollgestopfte Stadt macht einfach keinen Spaß.

Fazit

Im Vergleich zu den Erwartungen die ich hatte, hat die Exkursion sehr gut abgeschnitten. Zwar dachte ich v. a. an den ersten Tagen noch, dass es kaum was Schlimmeres geben könne als diese Exkursion, aber ich gewöhnte mich daran. Wenn es regnet, regnet es halt. Wenn man viel laufen soll, dann läuft man halt. Und wenn die Herberge scheisse ist, dann wird man das trotzdem überleben. Jedenfalls – es gab durchaus mehrere Momente, die einfach nur Scheisse waren und oft genug hab ich gehofft, dass der Bus mal einfach nicht anhält und wir nicht aussteigen müssen, um zum nächsten Feld zu laufen. Und v.a. im Regen hätte ich irgendwann gesagt „es reicht jetzt, es bringt niemand was im Regen herumzulaufen“, und wir haben es trotzdem gemacht.

Letztendlich war es für mich so, dass die Nachteile – va. die ständige Aktivität – sich zum Vorteil gewandelt haben. Alleine bzw. privat hätte ich vieles nicht gemacht und wäre lieber im Hotelzimmer geblieben. Dann wäre mir was entgangen, und ich hab schon nach wenigen Tagen genossen, morgens früh aufzustehen und einfach viel zu unternehmen: viel sehen, viel laufen, sich anstrengen, Durst und Hunger zu haben und einfach zu leben. Ist bei mir meistens eh so, dass negative Erfahrungen in Urlauben hinterher für mich DIE Erfahrungen sind, die den gesamtem Urlaub seine gute Würze verleihen. Als ich wieder zu Hause war, fand ich es im Gegenteil scheisse, nicht mehr ständig herumgescheucht zu werden ^^ Gute Erinnerungen, gute Fotos, was will man mehr im Nachhinein :D Zumal durch die erfahrene Führung doch was hängen geblieben ist. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder an einer Wiese vorbeigehen kann ohne mich zu fragen, ob da nicht was drunter liegt.

Soviel von mir :D Hoffe diese paar Eindrücke und Fotos vermitteln ein kleines Bild von Klein-Lucyda auf „unfreiwilligen“ Reisen :D Nachfolgend noch ein paar weitere Fotos von unterwegs.

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