2 Wochen backpacking in den schottischen Highlands

Wie es sich zufällig ergab, hatte ich in diesem Jahr (2008) früh Urlaub beantragt für Ende Juli/Anfang August. Und so kamen Saph und ich auf die Idee, diese Zeit zu nutzen und zusammen Urlaub zu machen. Da wir nicht über unbegrenzte Finanzmittel verfügen und weil ich im Gegenteil letztes Jahr schon Zelt und Spirituskocher gekauft hatte, kristallisierte sich die glorreiche Idee heraus, einen Wanderurlaub in Schottland zu machen.

Mit Zelt und campen in der Wildnis – in Schottland darf man überall zelten, sofern man niemanden stört, keinen Müll hinterlässt und sich nicht direkt in einem Garten niederlässt. Schottland ist sowieso mein Lieblingsland, und zu Fuss war ich nie dort unterwegs. Oder irgendwo anders ^^

Planung und Ausrüstung

Unsere Planung war bestenfalls vage, die Ausrüstung aus finanziellen Gründen improvisiert. Ist beachtlich, an was man alles denken muss, zB.

  • gute Wanderschuhe
  • Kompass
  • Klopapier
  • chemische Keimtötungsbrühe für gutes Wasser und
  • jede Menge Fertigfutter in Pulverform

Dazu habe ich noch einen 65+10l Trekkingrucksack gekauft. Mein Zelt ist leider alles andere als ein Leichtgewicht. Ich hatte es zum Zweck des „Auto-Campens“ gekauft: Mit dem Auto irgendwohinfahren, zelten, weiterfahren. Nicht zum damit laufen. Damit wiegt es natürlich schon ein paar Kilo.

Trekking in Schottland (2008)

Mehr als 15kg pro Person transportiert die Fluggesellschaft nicht ohne Aufpreis, und so kamen wir wegen Platz und Gewicht ein wenig in die Bredouille. Saphs 45l-Rucksack wurde bis zum Platzen vollgeladen und eine Matratze noch außen dran geschnallt. Letztendlich hatte tatsächlich jeder ca. 15 kg auf dem Rücken. Plus noch

  • Regenjacke,
  • meine kleine Umhängetasche, die nirgends mehr reinpasste und die wir noch mit Schottlandführern und lebensnotwendigem Futterzeugs vollstopften,
  • sowie meinen schöner neuer Fotoapparat Fujifilm S6500FD

… Extrazeug, das wir die ganze Zeit noch am Körper trugen oder in Schottland am Rucksack festschnallten.

Über unsere Route hatten wir uns vorher nicht so richtig Gedanken gemacht – ich war auch irgendwie wegen anderer Sachen kurz vor dem Urlaub ziemlich abgelenkt. Jedenfalls ging unser Flug am 27.07.2008 nach Edinburgh.

Wir haben uns überlegt, von Edinburgh mit dem Bus nach Inverness zu fahren und von da aus nach Glen Affric zu laufen, wo es sehr schön sein soll. Daher buchte ich im Internet die 3,5-stündige Busfahrt nach Inverness. Weiter haben wir nicht geplant. Tatsächlich haben wir Glen Affric nie erreicht. Wir hatten uns zwar in die Richtung auf den Weg gemacht, sind dann aber ganz woanders gelandet.


Ende 2008 habe ich den gesamten Text sowie die meisten Bilder nochmals optisch und lesetechnisch verbessert und anschließend das Ganze als kleines Projekt mit Adobe InDesign in eine Art illustrierten Reisebericht in DIN A4-Form verwandelt. Links siehst du die Titelseite sowie eine Doppelseite aus dem Inhalt. Text und Bilder kannst du auch hier auf der Webseite ansehen – nur die verbesserte und vermutlich lesefreundlichere Form ist definitiv die neue Magazinform im PDF-Format 😀


Und hier die Routenkarte, damit der verehrte Leser erkennen kann, wo sich zwei Amateurwanderer ohne Kondition, aber mit bravourösem Willen 2 Wochen lang in Schottland aufgehalten haben.

Routenkarten Schottland
Die Route

Und nun endlich, worauf jeder hier gewartet hat, mein Bericht über 2 Wochen wandern in Schottland, auf der Suche nach sich selbst und auf der Flucht vor den Midge-Schwärmen.

Flug nach Edinburgh und Fahrt nach Inverness (1. Tag)

Unser Flug ging um 9:50 von Düsseldorf-Weeze aus. Warum der Flughafen an der holländischen Grenze, ca 100 km von Düsseldorf entfernt, Düsseldorf-Weeze heißt, ist uns nicht so richtig aufgegangen 😀 Mit den jeweils knapp 15kg Gepäck auf dem Rücken waren wir unsportlichen Nerds schon gut bedient, oder um genauer zu sein: es war unerträglich >_>

Bis zur Landung in Edinburgh hatten wir allerdings eine Gnadenfrist, erst dort mussten wir uns mal richtig mit diesen fiesen Anhängseln auseinandersetzen und fingen an uns zu fragen, ob wir uns nicht zuviel zugemutet haben. 3 Schritte laufen, bisschen stöhnen und so schön und gut, aber KILOMETER? Huh. Ich hatte jedenfalls das Gefühl, mit dem Rucksack durch den Boden zu brechen 😀

Die erste lange Etappe zu laufen waren ca 100 m zum Edingburgh-Busshuttle. Zum Glück hatte der eine tolle Gepäckablage. So konnten wir uns wohlverdient ohne Gepäck in den Bus hängen und die Fahrt durch Edinburgh genießen. Wir waren durchaus positiv überrascht 😀

Bei meinem letzten Besuch 2003 muss ich wohl woanders reingekommen sein, hatte jedenfalls eher Industrie und .. Hinterhof gesehen ^^ Das Wetter begrüßte uns zuerst schottisch-grau, wechselte dann aber immer mehr zu sonnig-blau bei angenehmen bisschen-über-20°. Weniger angenehm wieder die Rucksäcke, die uns die Erdanziehungskraft kräftig spüren ließen.

Auf der Suche nach Spiritus

Nachdem wir in Edinburgh, Waverly Bridge, direkt am Zentrum ausgestiegen waren, konnte uns nichts und niemand vor den Tragen der Rucksäcke beschützen und wir machten uns auf die lange Suche nach dem Heiligen Spiritus-Gral. Für den Spirituskocher haben wir jede Menge Trockenfutter (faktisch Suppen und Nudelzeugs) dabei. Kochen mit dem Spiritus-Kocher setzte aber genau zwei liquide Essenzen voraus:

  1. Wasser
  2. Spiritus

Wir hatten nichts von beidem. Da wir davon ausgingen, dass Wasser im Gegensatz zu Brennspiritus in der zivilisierten Welt überall erhältlich ist, peilten wir zuerst einen Outdoorladen an, dessen Adresse ich zu Hause im Internet noch rausgefunden hatte. Spiritus vor Wasser!

Um 14:35 sollte unser gebuchter Bus weiter nach Inverness gehen – genug Zeit also. Mit Hilfe von Stadtplan und Kompass (ja, echt ^^) navigierten wir uns schließlich zu dem Laden, nachdem wir erst einmal mit Tränen in den Augen wegen der Rucksäcke dran vorbei geächzt sind. Kühle Luft empfing uns und Gott.. – äh nein, ein Verkäufer – kam uns entgegen und empfahl uns, die unseligen Rucksäcke in einer Ecke zu deponieren, da der Spiritus „at top floor“ im 4. Stock käuflich zu erwerben sei. Problem 1: gelöst!

Auf der Suche nach Wasser

Um 3 Flaschen mit jeweils 0,5l Spiritus und eine Landrangermap 1:50 000 für Aviemore reicher verließen wir diesen Hort der Menschlichkeit wieder und wandten uns nun der Suche nach Wasser zu. Selbstverständlich findet sich in der Innenstadt von Edinburgh kein einziger Supermarkt, zumindest keiner, der für zwei leidende Rucksackträger erreichbar wäre. So mussten wir die ersten 2 Flaschen mit jeweils 1,5l zum Wucherpreis in einem Touristenabzockerladen kaufen. Aber so war wenigstens unser Bedarf an Wasser fürs Erste gedeckt.

Natürlich war uns klar, dass 3l Wasser nicht sehr lang reichen, wenn man sie zum

  • Trinken
  • Kochen
  • Waschen und
  • Abwaschen

benötigt, aber wir bauten darauf, dass wir bald „woanders“ Wasser nachkaufen oder aus einem feinen Flusslauf schöpfen könnten.

Derart gesegnet mit optimistischen Gedanken quälten wir uns wenige 100 m zum St. Andrews Square, um dort der baldigen Abfahrt des Busses nach Inverness zu harren.

Ging alles erstklassig – gut gebucht, Weib ^__^ und während der dreieinhalbstündigen Fahrt nach Inverness, die Saph halb verpennte, konnte ich ganz meinen glücklichen Gedanken nachhängen und mich an der schottischen Landschaft erfreuen. Das Wetter wandelte sich leider wieder gegenteilig in grau und etwas regnerisch, aber meiner Stimmung tat das keinen Abbruch.

Auf der Suche nach Wasser und einem Schlafplatz

Nachdem wir schließlich in Inverness ankamen – kurz nach 6 abends – standen wir dann allerdings ein bisschen dumm da. Wir wussten die Richtung, in die wir wollten: über den Weitwanderweg „Great Glen Way“ zum Städtchen Drumnadrochit am Loch Ness und von dort aus nach Glen Affric. Nur: es war nach 6 abends, wir waren müde vom Tag, hatten noch nichts gegessen und mussten noch ein gutes Stück aus der Stadt raus, damit wir außerhalb unser Zelt aufbauen können würden.

Jeder Marathon beginnt mit dem ersten Schritt, also legten wir los. Der Rucksack drückte heftig auf die Schultern, der Rücken tat weh und die Anstrengung machte mir wirklich Kopfschmerzen. Ich hätte es vorher nicht für möglich gehalten – ich dachte, es wird ein bisschen weh tun vielleicht und eben anstrengend sein. Aber es tat RICHTIG weh. Ich konnte nur vornübergebeugt gehen und musste oft Pause machen.

Saph ging es wohl ähnlich, nur dass er weniger jammerte ^^ Am River Ness, der uns aus der Stadt führen sollte, standen alle 100 m Bänke, die wir alle mitnehmen mussten, um jeweils ein paar Minuten zu rasten. Ja, der erste Kilometer auf dem Weg war der schwerste. Trotzdem war die Stimmung gut 😀

Wir stellten allerdings fest, dass unser Wasser nicht lang reichen würde – in Inverness hatten alle Läden schon geschlossen und aus dem großen River Ness wollten wir zuerst kein Wasser holen. Also fassten wir den Entschluss, das Wasser hartnäckig zu rationieren und bei der nächsten Möglichkeit aufzufüllen. Gesagt – und in diesem Moment fiel eine der Flaschen runter und kullerte über die Böschung in den Fluss.

Fassungslos und mit offenem Mund starrte ich der Flasche nach. Saph dagegen ließ umgehend Rucksack, Jacken und meine Handtasche fallen und hechtete den Hang runter, der Flasche hinterher. Die hatte sich glücklicherweise in einem Ast verfangen und harrte ihrer Rettung, welche auch schon unterwegs war. Saph hatte Erfolg und konnte die Wasserflasche aus dem Wasser retten. Kichernd zog ich ihn die Böschung wieder hoch. Was für ein Chaos.

Der Weg führte durch schöne Parks am Fluss entlang, bis er schließlich einen Bogen machte und wir den Fluss hinter uns ließen. Wir hätten Wasser im Fluss auffüllen sollen, als es noch ging. Optimistisch wegen der Aussicht auf Spaghetti Napoli, sobald wir Wasser bekämen, liefen wir weiter, in den Sonnenuntergang hinein, und noch kein Platz zum Zeltaufschlagen in Sicht.

Am River Ness bei Inverness
Am River Ness bei InvernessAm River Ness bei Inverness

Um es kurz zu machen: wir fanden kein Wasser, und für einen Zeltplatz hatten wir noch an die 3 km vor uns. Der einzige mögliche Platz war von zwei anderen Typen und ihrem Zelt schon besetzt -.-

Verschwitzt, ausgekühlt und hungrig machten wir schließlich am Unterstand einer Bushaltestelle Halt und brieten uns Bratkartoffeln – das einzige Gericht, das wir ohne Wasser zubereiten konnten. Wir wollten ja das wenige Wasser nicht verschwenden.

Wegen Nebel und aufziehender Dunkelheit war es danach kaum noch möglich, was zu erkennen und wir schlugen schließlich gegen 23 Uhr unser Zelt auf einem schlammigen Acker neben einer Straße auf.

Vom Wandern und vom Wasser (2. Tag)

Nachdem wir erstaunlich gut geschlafen hatten, hatte ein neuer nebliger Tag uns wieder. Recht zügig bauten wir unser Zelt wieder ab und verstauten das ganze Zeug. In der Nähe war ein Kirchturm zu sehen – wo es eine Kirche gibt, gibt es auch einen Laden und Wasser, ganz sicher ^_^

Zeltplatz der ersten Nacht
Das Zelt nach der ersten Nacht. Umgebung eher weniger idyllisch…

Also ließen wir unser Zeug mal zusammengepackt auf der Schlammwiese liegen und hielten auf den Kirchturm zu. Der Turm ragte über einige Dächer nicht weit entfernt heraus. Erst bemerkten wir eine Mauer, die den ganzen Ort umgab und dann, dass die Häuser keine Scheiben mehr hatten oder die Fenster gleich mit Holz vernagelt waren. Mh, naja, eine Art Geisterstadt. Ok, dann kein Wasser.

"Geisterstadt"
Die „Geisterstadt“ – leider kein Wasser für uns

Wasser, Wasser bitte!

Zurück bei unseren Sachen gab es für jeden einen Schluck Wasser – wir hatten nur noch eine Flasche übrig – und Schokolade zum Frühstück. Nicht gewaschen, Zähne nicht geputzt, keinen Tee, kein Müsli. Ohne Wasser ist es schon scheiße ^^

Aber wir waren optimistisch und gut gelaunt und machten und fröhlich auf den Weg einen schmalen Pfad durch den Wald. Den Berg hoch. Bald hatten wir schon einen guten Überblick über die seltsame Stadt, die wohl irgendwann mal eine Klapsmühle war. Wir mussten oft Pause machen und konnten dabei immer nur jeweils einen kleinen Schluck Wasser trinken. Ich fing an darüber nachzudenken, das Morgentau vom Gras zu schlürfen, soweit war ich aber dann doch noch nicht ^^

Oben am Berg schließlich kam wieder die Sonne raus. Regen hätte ich scheiße gefunden, die Sonne trieb uns aber weiter den Schweiß auf die Stirn – und nicht nur dahin. Wir waren sicher, dass wir bald einen Bach finden würden, aus dem wir Wasser schöpfen könnten. Trotzdem rationierten wir das Wasser weiter.

Es ist wirklich ein bisschen beängstigend, wenn man vollgepackt mit Zeugs ist, weit weg von Zivilisation und das Wasser aus der einzigen Flasche zusehends schwindet..

Wandern durch die Highlands
Vormittags, bei mehr oder weniger sonnigem Wetter

Der Weg führte lange durch den Wald und öfters kamen uns dann andere Wanderer entgegen, die wohl früher aufgestanden waren als wir und Inverness schon bald erreichen würden.

Oft ließen wir uns einfach auf den Waldweg fallen und machten Pause. Trotz des fehlenden Wassers war es sehr schön dort, nicht zu warm oder zu kalt, sehr gute Luft, schönes Wetter und schöner Wald. Schön wars 😀

Wir begannen, die Etappe bis zur nächsten Stadt genauer zu studieren. Laut unseren Karten war die nächste Stadt Drumnadrochit 30 km von Inverness entfernt. Ca 10 km von hier sollte es einen Ökocampingplatz geben. Aber 10 km.. Davon 6 km auf einem Teerweg über kahle Hügel, der Sonne ausgesetzt. Ein wenig schockiert packten wir die Bücher wieder ein und machten uns auf den Weg. Der Durst begleitete uns und wurde größer.

Aus Trotz verdursten

Einige Kilometer ging es durch den Wald – kein Wasser, nirgends. Endlich ging es aus dem Wald raus und wir entdeckten neben dem Weg ein Wasserrinnsal. Ca 3 cm hoch stand das Wasser und es war grad noch erkennbar, dass es fließt.

Da unsere Flasche bis auf wenige Schlücke geleert war, machten wir den ersten Versuch mit unserer chemischen Keule, dem Keimtötungsmittel, mit dem man Wasser trinkbar machen kann. Mit der einen Flasche nahmen wir ein paar Schlücke Wasser auf, ließen sie durch Saphs Mütze in eine Schüssel laufen und füllten das Ganze dann in die leere Flasche. Gleich ein paar Antikeimtropfen hinterher, schütteln, den hässlichen Schaum und die gelbe Wasserfarbe ignorieren und 15 Minuten warten. Dieses widerwärtig aussehende Wasser nahmen wir dann als eiserne Reserve mit.

Die folgenden Kilometer wurden wirklich hart. Der Weg war staubig, die Sonne heiß und die Hügel um uns rum kahl und einsam. Wir schleppten uns durch den Staub, fantasierten von Wasser, Äpfeln, Pfirsichen und … WATER TAP. Wir waren irgendwann auf ein Schild getroffen, „Water Tap 3.5 Miles“ und daneben ein Wasserhahnsymbol. Unsere Oase ^^ Ich begann mir auszumalen, wie wir hinfallen, sterben und vertrocknen. Es war hart. WATER TAP ließ sich nicht blicken.

Als der Staubweg zum Teerweg wurde, fuhr alle halbe Stunde ein Auto an uns vorbei. Wir versuchten uns als Tramper, hatten aber Pech. Beim ersten und einzigen Haus, das wir sahen, wollten wir klingeln und nach Wasser fragen. Selbstbewusst gingen wir auf das Eingangstor zu. Dann bemerkten wir das Schild, das Leute wie uns darauf hinwies, dass es nicht möglich ist, hier Wasser aufzufüllen, da das Haus von einem unterirdischen Sammeldings oder so versorgt wird. Eigentlich hätten wir aus Trotz vor dem Schild verdursten sollen ;_;

Die eiserne Reserve half uns dann aber weiter, und endlich, als die Sonne sich schon langsam dem westlichen Horizont näherte, hörte ich das lang ersehnte Rauschen eines Baches. Yeah, strike 😀

Leider war er durch einen Zaun von der Straße abgetrennt. Kein Hindernis für Saph, kurzerhand kletterte er rüber und füllte die Flaschen, während ich die Keimtropfen vorbereitete und damit 2 herrlich volle Flaschen Wasser chemisch flashte.

Und wieder auf der Suche nach einem Schlafplatz

Wow, das Gefühl muss man sich vorstellen. 15 Minuten und einen halben Kilometer später stürzten wir uns auf das Wasser. Wegen des nicht grad angenehmen Geschmacks nach.. Chlor lösten wir Multivitamintabletten auf und tranken jeder 0,2l von dem herrlichen Gebräu. Mehr war erstmal nicht drin – wer weiß, wann es wieder Wasser gibt.

Lerneffekt des Tages: NIE WIEDER Wassermangel! Wir würden ab jetzt nur noch an Wasserläufen wandern, oder auf Routen, die definitiv an einem See oder größeren Bach vorbeikommen. Aber gut. Das Wasserproblem war vorerst gelöst, blieb nur noch das Müdigkeitsproblem.

Der Sonnenuntergang war nahe, der Teerweg war zu beiden Seiten eingezäunt und daneben dichter Nadelwald. Schlecht zum Campen ^^ Uns tat alles weh und wir waren einfach am Ende mit den Kräften. Wir waren weit über 10 km gelaufen an diesem Tag. Irgendwann fiel ich hin, blieb liegen und wollte nicht mehr weiter. Saph legte sich dazu und wir delirierten ein wenig vor uns hin. Bis uns einfiel, dass 10 km die magische Zahl der Entfernung zum Ökocampingplatz war. Aufgeregt blätterte Saph in unserem Routenbuch, anhand von diversen Merkmalen stellten wir fest, dass es nur noch wenige 100 m bis zum Paradies sein könnte. Campingplatz, Wasser, Schlafplatz, Ruhe ^____^

Wir rafften uns auf und torkelten weiter. Tatsächlich tauchte bald darauf zwischen den Bäumen ein Schild auf, „Abriachan Cafe Campsite“ rechts. Unsere Laune stieg um 500% und wir schwenkten ein auf den schmalen Pfad, der zwischen Büschen und vereinzelten Bäumen in eine andere Welt führte. Eine Welt, wie wir sie noch nicht erlebt haben.

Abriachan Cafe Campsite
Hier geht der Weg rechts ab vom Great Glen Way

Zuerst wand sich der Pfad immer weiter und die durch das Campsite-Schild mobilisierten Kräfte schwanden, so dass wir nach kurzer Zeit wieder am Boden lagen.

Dann tauchten links vom Weg alle 50 m handbemalte bunte Schilder mit den himmlischen Texten „COFFEE“, „SNACKS“, „HOT CHOCOLATE“, „TEA“, „REFRESHMENTS“ auf. Erinnert ein wenig an eine ausgelegte Süßigkeitenspur 😀 Wir schleppten uns im Licht der untergehenden Sonne weiter durch die Heidelandschaft. Endlich, endlich erreichten wir ein natürliches Tor aus Zweigen und Bäumen, schritten hindurch und standen vor einem Lagerfeuer.

Ein .. seltsamer … Typ saß am rauchenden, noch kleinen Feuer. Er trug blaue Stoffklamotten und hellbraune Lederstiefel, hatte einen dichten schwarzen langen Vollbart und entsprechend einen schwarzen Pferdeschwanz, in der Hand hatte er einen langen hölzernen Spieß, mit dem er ab und zu im Feuer stocherte und ihn sonst auf die Schulter legte. Seine Augen blickten irgendwie ein bisschen weggetreten, aber durchaus freundlich.

„Heeeey, what can I do for you?“ fragte uns die Erscheinung. „Are you the owner of this campsite?“ fragte ich. „Yeeeeaaaaah“ kam die Antwort. „I am Rury“. Eine leichte Alkoholfahne wehte uns entgegen, als er aufstand.

Rury und ein Campingplatz der anderen Art: Abriachan Cafe Campsite

Was er für uns tun konnte, war schnell geklärt, wir gaben uns ja mit einem Platz zum Schlafen und Wasser zufrieden 😀 Das sowie ein Frühstück sollte uns 10 Pfund kosten. Rury führte uns einen Trampelpfad zwischen einigen Büschen hindurch zu einer freien Stelle in dem Gebüsch. Das war unser Platz, und Rury verließ uns mit den Worten, dass wir eingeladen sind, später an sein Feuer zu kommen. Und dass wir sagen sollen, wenn irgendwas ist. „I could be your grandfather and I am your grandfather for today.“

Campingplatz in der Heide
Campingplatz in der Heide, links am Baum Freddy, das tote Schaf

Wir waren glücklich, überglücklich sogar. Ein paar Meter entfernt standen ein paar Wasserkanister mit gutem, klaren Wasser. Schnell war unser Zelt aufgebaut und wir begannen, endlich unsere seit gestern ersehnten Spaghetti zu kochen.

Eine Frau näherte sich unserer Behausung und meldete sich mit den Worten „knock knock! May I come in?“ Sie stellte sich als Sandra vor und war neben Rury die Besitzerin des Campinplatzes. Ein Aussteiger-Hippie-Paar, das hier in der Wildnis in einem Campingwagen und ein paar Baracken lebte. Sie lud uns auch nochmal ans Feuer ein, an dem sich jetzt neben Rury noch zwei Freunde von ihm aufhielten.

Nach dem Essen, als es schon dunkel war, kamen wir dann auch schließlich ans Feuer, obwohl mir mehr nach pennen zumute war. Andererseits kann man so eine Einladung ja nicht ablehnen, und diese Leute hatten wohl ne Menge Spaß am Feuer. Musikfetzen von „All summer long“ klangen uns entgegen und es wurde mit Bier in der Hand gechillt. Rurys Freunde waren

  • ein großer, rot- und langhaariger Kerl mit Hut, der so aussah wie man sich einen Schotten vorstellt – genannt Harry
  • ein großer Mann, der mit seinen grauen, zum Pferdeschwanz gebundenen langen Haaren und dem olivgrünen Kilt und dazu wadenhohen schwarzen Arbeiterstiefeln noch schottischer aussah: Jimmy

Wir gesellten uns ans Feuer, wärmten uns, Sandra machte ein wenig Smalltalk und ansonsten hörten wir den Schotten zu, die sich gechillt unterhielten und Bier tranken. Außer uns waren an diesem Abend keine Camper da. Schließlich stand Rury auf und schipperte zu uns rüber. Er goss Whisky in den Drehverschluss der Flasche, reichte ihn Saph, der den Schluck schnell runterspülte und sagte zu ihm „welcome to Scotland„. Ich bekam den nächsten Schluck und die Flasche ging dann die Runde weiter, bei jedem einmal vorbei. Welcome to Scotland.

So und unter diesen Umständen wird wohl nicht jeder in Schottland begrüßt. Ich war glücklich 😀 Kontakt zu echten Schotten, Whisky am Lagerfeuer 😀 Sandra erzählte, sie käme von den Northern Isles – also eine richtige Ureinwohnerin Schottlands, und bot uns Bier an.

Nachdem wir unser Bier geleert hatten, verzogen wir uns dann aber ins Zelt, nachdem Sandra uns nochmal daran erinnerte, dass wir um 9 zum Frühstück kommen sollen. Es war wohl auch schon gegen halb 12.

Nachts regnete es viel und hörte auch um kurz vor 9 morgens erst auf. Als wir aus dem Zelt krochen, umfing uns dichter Nebel.

Weiter zum Loch Ness (3. Tag)

Wir stolperten über verschiedene schmale Pfade über Baumstümpfe hinweg in die Richtung, in die Sandra abends gedeutet hatte und schließlich tauchte aus dem Nebel ein Holzunterstand auf, dann ein Gehege mit mehreren großen Hunden und schließlich eine Baracke, halb an einen Wohnwagen gekoppelt.

Sandra kam uns in Tarnhose entgegen und wies uns zu unserem Frühstücksplatz: 2 nasse Bänke und ein klappriger Tisch unter dem Unterstand, unter dem sich außerdem noch eine Kreissäge befand sowie einige der bemalten Holzschilder, die wir auf dem Weg zum Platz gesehen hatten, und noch weitere Gerätschaften. Hühner liefen uns um die Füße, als wir uns niederließen, und ein paar Nebelschwaden zogen zwischen uns durch. Es war unheimlich gemütlich.

Nebel auf dem Zeltplatz in der Heide
Unser Zelt morgens gegen 10. Ca eine Stunde später war schönster Sonnenschein.

Sandra brachte uns dann eine Kanne mit frisch gebrühtem Kaffee, selbstgemachte Marmelade und seeeehr leckeren Porridge. Selig genoss ich mein Frühstück 😀

Schottische Musik im Nebel – unser Braveheart-Moment

Nachdem wir unsere 10 Pfund – oder eher 9,10 Pfund + Euro mangels Pfund bezahlt haben, stapften wir durch den Nebel zurück zum durchweichten Zelt und fingen mit dem Abbruch an. Plötzlich hörten meine erfreuten Ohren einen Dudelsack zu uns rüberklingen. Jemand hatte angefangen, ein paar einsame Weisen zu spielen und derjenige begab sich offensichtlich auf eine Runde um den ganzen „Campingplatz“.

Ich war gerührt. Das war richtig schöne Musik – kein kommerzielles Gedudel der schottischen Nationalhymne von traditionell rausgeputzten Touristenfängern in Edinburgh, sondern wirklich schöne Musik. Gespielt am Stück und ohne Pause.

Ich war ganz durcheinander, Saph musste alleine abbauen, während ich der näherkommenden Musik lauschte. Man muss sich das auch ein bisschen unheimlich vorstellen. Im Nebel mitten in der Heide zwischen Büschen, und wunderschöne Musik, die durch den Nebel klingt.

Dudelsack im schottischen Nebel
Jimmy und seine Bag Pipes im Morgennebel – Also wenn das nicht Braveheart ist, dann weiß ich auch nicht 😀

Ich lief an den größten Trampelpfad dorthin, wohin die Musik sich bewegte und sah schließlich Jimmy, noch immer im Kilt, mit seinen Dudelsack näherkommen. Ohne ein Foto ging es nicht :/ Jimmy setzte seine langsame Runde fort, kam später wieder bei uns in der Nähe vorbei.

Sandra ließ sich auch nochmal blicken und knöpfte uns Kohle für das Bier vom Abend davor ab. Ich dachte zwar, dass das free war, aber irgendwie müssen sie ihr Leben ja finanzieren, und das alles war es mir wert ^^ Sie sagte noch, wenn wir Probleme haben, sollen wir sie anrufen, sie würden eine Menge Leute kennen, die helfen könnten.

Diese Nacht auf dem Campingplatz hat uns für die bisherigen eher unschönen Erfahrungen wirklich entschädigt und wir können die „Abriachan Cafe Campsite“ am Great Glen Way mitten im Nirgendwo nur wärmstens empfehlen – so einen Campingplatz gibt es nicht überall!

Als wir mit dem Zelt fertig waren, war die Sonne rausgekommen und brachte uns um 12 mittags, als wir dem Campingplatz die Rucksäcke zukehrten, zum Schwitzen. Aber wir waren hervorragend gelaunt. Diese Nacht hatte uns gutgetan, und als wir außer Hörweite waren, sangen wir „Drunken Sailor“ in der normalen Version und im Saltatio Mortis-Remix 😀

Nebel über den Schafweiden
In der Nähe des Campingplatzes

Wieder auf Schusters Rappen

Nachdem wir uns direkt nach dem Campingplatz 2x um einen knappen Kilometer verlaufen hatten, setzten wir schließlich in Ermangelung einer Alternative den Weg in die falsche Richtung fort, weg vom Great Glen Way, einen Teerweg entlang.

Wir waren klasse gelaunt, das Leben war schön 😀 Das Wetter hielt sich, die Gegend war aber eher unspektakulär und gegen halb 3 blitzte zum ersten Mal Loch Ness zwischen den Bäumen, weit vor – und einiges unter uns hindurch. Beschwingt hielten wir auf das Ziel zu. Wir wollten Drumnadrochit unbedingt erreichen, wussten aber nicht genau, wo wir uns befanden, nur dass wir irgendwo vor Drum am Loch Ness rauskommen würden.

Um kurz nach 3 machten wir Pause unter einigen Bäumen mit Blick auf den See. Dort hätten wir auch zelten können, nach kurzer Überlegung aber trieb uns die Aussicht auf einen Laden mit Pfirsichen in Drum weiter.

Falsche Entscheidung, aber wer hätte es wissen können ^^

Es ging nun steil bergab zum See, unsere Füße taten weh vom „bremsen“, die Knie wurden ebenso wackelig. Unten trafen wir dann schließlich auf die A82 – eine Schnellstraße direkt am See, ohne Fußgängerweg am Straßenrand. Nur so ein Schotterbett mit großen Steinen. Natürlich wenig schön, die Option wäre aber gewesen, wieder den ganzen Berg hoch zu laufen und woanders irgendwo einen Fußpfad zu suchen – keine attraktive Alternative. Da wird nicht zurückgewichen und so. Also an der Schnellstraße entlang.

Zu Fuß entlang der Schnellstraße

Nach einem Kilometer waren wir müde. Das Laufen auf den Steinen war anstrengend, die dicht vorbeirauschenden Autos auch. Nach zwei Kilometern waren wir uns einig, dass wir doch wieder zurück auf den Berg hätten gehen sollen. Nach drei Kilometern trafen wir um 6 Uhr auf ein großes Hotel, The Clansman.

Fertig mit der Welt, verschwitzt und hungrig ging ich erst in den obligatorischen Touristenladen mit Plüschnessis und versuchte, am Geldautomat dort Geld zu ziehen, da wir kein bisschen Bargeld mehr hatten. Automat defekt. Schließlich fragte ich an der Rezeption, die gerade geschlossen hatte, ob ein Zimmer frei wäre – nein. Tja, viel Pech.

Rasten an der A82 bei Loch Ness
Highway-Romantik an der A82 am Loch Ness

Das Hotel steht direkt an der A82, kein Fußgängerweg irgendwoanders hin. Also.. tief durchgeatmet und weiter. Langsam machte ich mir auch Sorgen um unseren Schlafplatz. Wasser hatten wir genug, aber wir waren so müde, es war schon nach 6 und eine Karte beim Clansman zeigte uns, dass wir noch einige Kilometer vor uns hätten bis Drumnadrochit. Drumnadrochit war Saphs hartnäckiges Ziel, er trieb uns weiter in der Aussicht, dass wir dort sofort am Ziel sind, wenn wir ankommen. Ich selbst machte mir eher Sorgen. Mitten in einem Ort kann man nicht campen. Aber gut. Weiter.

Mir taten nicht nur Füße, Knie und Schultern weh, sondern auch mein Herz machte irgendwelche komischen Sprünge. Jeder Herzschlag tat irgendwie weh, tief einatmen sowieso, und so schlich ich stöhnend hinter Saph her. Der aber schaffte es immer wieder, mich aufzuheitern und den Schmerz einigermaßen für einige Zeit zu vergessen und rumzualbern.

Gegen ca 8 abends sahen wir auch zum ersten Mal Castle Urquhart, eine beeindruckende Burgruine auf einer Halbinsel 2 km vor Drumnadrochit. Bis Drumnadrochit waren es auch noch ca 2 km. Diese letzte Zeit war wirklich ein Horror. Noch immer auf der Schnellstraße, gab es keine Möglichkeit, am Rand irgendwo zu zelten. Ab etwa einen Kilometer vor Drumnadrochit gab es immerhin einen Bürgersteig an der Straße, so dass wir nicht mehr am Rand auf dem Schotter laufen mussten.

Loch Ness in der Abenddämmerung
Loch Ness am Abend von der A82 aus

Die Hölle auf Erden?

Etwa um 9 trafen wir auf die ersten Häuser in Drumnadrochit, das allererste sogar ein Bed & Breakfast. Hätte ich Geld gehabt, wäre das unser Ziel gewesen. So konnte ich mich nur irgendwo hinwerfen und ausruhen, während Saph allein die Gegend nach einem Zeltplatz absuchte. Nichts – wie erwartet. Also weiter in die Stadt. Nach einem weiteren halben Kilometer tauchte ein Geldautomat auf, wo ich mir 70 Pfund rauszockte.

Mit Geld ausgerüstet suchten wir uns den schnellsten Weg aus der Stadt raus Richtung Cannich, einerseits, weil wir dachten, dass wir noch an einigen B&Bs vorbeikommen (das wäre genau das Richtige gewesen an diesem Abend… Nur noch waschen und pennen), andererseits weil wir so schneller die Stadt hinter uns lassen würden, wegen einem Platz zum Campen. Die B&Bs waren allerdings entweder besetzt oder viel zu teuer, also weiter.

Einen Kilometer nach dem Geldautomat waren wir aus der Stadt raus und es fing an zu regnen. Nur leicht, aber es zog die Stimmung weiter runter. Von Rumalbern war inzwischen nichts mehr zu sehen. Wir gingen wirklich auf dem Zahnfleisch und das erste Mal machte ich mir Gedanken, dass es meine persönliche Hölle wäre, immer weiterlaufen zu müssen, wenn jeder Schritt schon eine Überwindung ist.

Es wurde dämmrig. Kein B&B zu finden, und an den Straßenrändern entweder Viehweiden, Wald oder Privatgrundstück. Es wurde dunkel, Häuser gab es schon lange nicht mehr. Ich war drauf und dran, mich einfach nur noch in den Straßengraben zu legen. Saph ging einen Seitenweg der Straße nach oben und kam schließlich zurück und sagte, dass nur ein kleines Stück weiter oben an diesem Schotterweg ein freier Grasplatz wäre.

Zwar Privatgrundstück – aber das war uns egal. Also hin, Zelt aufgebaut, nicht mal ausgezogen und in die Schlafsäcke. Es war 11 Uhr abends, wir waren 10 Stunden auf den Beinen – wohlgemerkt auf den Beinen mit Rucksack auf dem Rücken. Die dritte Nacht nacheinander, in der wir vollkommen fertig nur noch schlafen wollten.

Kräfte sammeln am Fluss (4. Tag)

Mitten im traumlosen Schlaf wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Neben dem Zelt stand ein Auto und ließ den Motor laufen. Erschreckt setzte ich mich auf, das Auto fuhr weiter. Aus Angst vor dem Besitzer mit seiner Pumpgun, die er jetzt wohl holen würde (oder die Polizei anrufen, wegen Landstreichern und Hausfriedensbruch oder sowas) rüttelte ich panisch Saph wach. Im Zelt war es noch ziemlich duster.

Ein Blick aufs Handy zeigte 5:42 an, als wir noch immer müde und zerschlagen anfingen, alles zusammenzupacken und abzuhauen, bevor jemand uns vertreiben würde. Das Zelt war natürlich nass, genau wie die Plane unter dem Zelt und alles im Rucksack, weil gestern zu allem Übel offensichtlich noch unser Wasserkanister ausgelaufen war, ohne dass wir es merkten.

Wenigstens war der Morgen schön, die Sonne war grade aufgegangen. Saph war noch ziemlich fertig und daher brummig und eher weniger gut drauf – ich dafür umso mehr. Das Wetter trug einiges dazu bei, ausserdem hatten wir beschlossen, dass wir heute nur das Nötigste gehen werden und abends in nem Hotel oder B&B pennen. Wir hatten wieder was gelernt: nie wieder abends bis zur völligen Entkräftung laufen, lieber schon um 3 oder 4 Zelt aufschlagen und den Rest des Tages chillen.

Nur wenige hundert Meter vom Paradies!

Für den Augenblick wollten wir aber erstmal nur ne Stelle finden zum nen Kaffee trinken und frühstücken und wenn möglich bis nachmittags dort bleiben. Die Stelle war näher als erwartet 😀

Abends hatte ich noch einen Fluss rauschen hören, morgens stellten wir fest, dass der nur ca 200 m von unserem Schlafplatz entfernt war. Ich meine damit nicht irgendnen blöden stinkigen breiten tiefen Fluss, sondern einen flachen Lauf über Felsen und Steine. Von sowas bin ich großer Fan 😀

Ich zog den allgemein wenig begeisterten und ziemlich ruhigen Saph hinter mir her und kurz darauf tat sich das Paradies auf. Ein abgelegener Flußlauf, den man nicht von der Straße aus direkt sehen konnte, ein breites Ufer mit großen und kleinen Steinen, ein paar Bäume. Saph ließ sich wieder fallen, während ich aus dem Fluss Wasser schöpfte. Es war glasklar. Dann gab es einen Kaffee und anschließend richteten wir uns für einige Stunden am Fluß ein. Ich breitete unsere nassen Sachen zum Trocknen in der Sonne aus, während Saph sich auf einen großen Fels im Fluß setzte und anfing zu zeichnen. Die geplagten Füße im kalten Wasser kühlen war eine Wohltat ohnegleichen.

River Enrick
Das Paradies für zwei Tage und zwei Nächte am River Enrick

Gegen Mittag rum war die Vorstellung von B&B abends gar nicht mehr so attraktiv. Wir konnten uns gut vorstellen, einfach den ganzen Tag hier zu bleiben und auch die Nacht zu verbringen. Das Zelt hatten wir dann schnell aufgebaut und bis ca 4 taten wir nichts außer zu chillen, was auch bitter nötig war nach den letzten sehr anstrengenden Tagen. Saph fertigte Tuschezeichnungen an, ich probierte mit der Kamera rum und schrieb Reisetagebuch – das mir hier im Übrigen auch ein wenig als Leitfaden hilft.

Um 4 wollten wir dann doch mal nach Drumnadrochit zurücklaufen, um unseren verschleppten Drang nach Pfirsichen auszuleben. Also ließen wir alles liegen und latschten los. Die Strecke war ganz schön weit, wir hatten uns abends tatsächlich noch 3-4 km aus der Stadt geschleppt.

Drumnadrochit ist aber eher unspekatukär und enttäuschend. Es gab nur einen winzigen, dafür teuren Laden, wo wir uns mit Äpfeln (es gab keine Pfirsiche >_>), Eiern, Kuchen, einer weiteren Wasserflasche und Käse eindeckten.

Auf dem Weg zurück hinkten wir schon wieder, die Füße taten noch immer weh ^^ Ich war von Blasen verschont geblieben, Saph aber hatte es erwischt. Das half uns sehr bei der Entscheidung, wie wir den nächsten Tag verbringen würden ^^ Weiter Pause machen.

Abends saßen wir, bis es zu kühl wurde, draußen auf Steinen, hörten zusammen mit meinem MP3-Player Musik und zeichneten/schrieben dabei.

Weiter am Fluss entspannen (5. Tag)

Der nächste Tag begann mit einer kalten Dusche – wortwörtlich. Wir trugen Dreck und Schweiß von 4 Tagen herum und das Verlangen nach etwas Hygiene war dann doch groß, größer als unser Respekt vor eiskaltem Wasser ^^ So erwies sich der unselige undichte 5l-Kanister als hilfreich. Saph war zuerst dran. Mit den Zähnen klappernd ertrug er meinen kalten Guß. Ich selbst fands dann nicht sooo schlimm, ich steh doch auf Abenteuer :/

Der Tag verlief gechillt, aber ereignislos – für meinen Geschmack schon fast langweilig und ich begann unsere abenteuerliche oder auch katastrophale Zeit der letzten Tage zu vermissen. Unsere Planung für die nächste Zeit nahm langsam Gestalt an. Glen Affric wollten wir uns lieber doch nicht vornehmen. Das wäre eine Strecke von ca 60km, für die eine Dauer von 2 Tagen in den Routenbüchern angegeben war. Wir hatten für 30km gute 2 Tage gebraucht und wären dabei fast verdurstet. So trauten wir uns das einfach nicht zu.

Wir hatten in Edinburgh ja bereits eine Karte von Aviemore gekauft, wo auch einige schöne Wanderungen angegeben waren. Also planten wir, zurück nach Inverness zu fahren und von dort aus weiter nach Aviemore.

Kochen am Fluss
Unsere moderne Küchenzeile am Flussplatz

Nachmittags pennte ich 2,5h im Zelt und abends brachte Saph mir ein Kartenspiel bei, das wir im Zelt weiterzockten. Für den nächsten Tag sah unsere Planung dann wieder etwas mehr Action vor: Um 6 Uhr wollten wir aufstehen, alles abbrechen und nach Drumnadrochit laufen, um den 9:39 Bus nach Inverness zu erwischen.

Auf nach Aviemore und den Cairngorn Mountains (6. Tag)

Selbstverständlich kam es anders. Es regnete. Nachts und auch den ganzen Morgen. Wir konnten uns nicht wirklich dazu durchringen, bei Monsun alles abzubrechen und blieben im Zelt. Als es dann gegen 12 aber nur noch tröpfelte, rafften wir uns schließlich auf, verpackten alles und nahmen unseren Abschied von der Idylle.

Schottisches Wetter
Abschiedswetter bei Drumnadrochit

4 Minuten nach Ankunft in Drum fuhr gleich ein Bus und wir hatten das Vergnügen, unsere geliebte A82 mal von oben, etwas schneller und in der anderen Richtung zu sehen, und auch dem Clansman Hotel konnten wir so nochmals zuwinken.

In Inverness mussten wir auch nur 10 Minuten auf den nächsten Bus nach Aviemore warten, und so ging das Ganze recht zügig voran. Noch dazu klarte das Wetter auf, blauer Himmel und die Sonne kam durch und bescherte uns verdammt tolle Ausblicke auf die Cairngorm Mountains.

Die Cairngorm Mountains

Ca um 4 kamen wir in Aviemore an, wo es uns gleich sehr gut gefiel. Es handelt sich um eine weitläufige Stadt an einer schnurgraden Hauptstraße, es gab einige Lokale, verschiedene Geschäfte und einen großen Tesco-Supermarkt ^___^ Die Konsumkinder in uns riefen nach Befriedigung. Die Rucksäcke blieben draußen stehen und wir enterten heißhungrig den Supermarkt.

20 Minuten später kamen wir mit Pfirsichen, Crackern, Müsliriegeln und anderen tollen Sachen wieder raus und machten uns gut gelaunt auf den Weg. Unser erstes Ziel sollte Loch an Eilein, ein See, nur ca 6-7 km weit entfernt, sein. Das wollten wir heute natürlich nicht mehr schaffen, wir hatten unseren Vorsatz nicht vergessen, lieber früher einen Schlafplatz zu finden.

Cairngorm Mountains
Die Cairngorms bei Aviemore im Abendlicht

In einem sehr idyllischen Kiefernwald im Oblivion-Stil bogen wir auf einen schmalen Fußpfad ab und schlugen das Zelt in der Wildnis unter Bäumen auf. Das abendliche Licht war unglaublich, es bescherte uns einen richtigen Märchenwald. Und der Geruuuuch ^^

Beängstigende Nacht im Wald

Leider hatte ich ziemlich heftige Kopfschmerzen und war froh, dass Saph uns Spaghetti gekocht hat. Nach dem Abwasch legte ich mich mit den Schmerzen ins Zelt, in der Hoffnung, dass sie besser würden oder ich einschlafen könnte. Obwohl es noch früh war, kam Saph nach, nachdem er das Chaos vor dem Zelt beseitigt hatte.

Die Nacht war merkwürdig. Ich träumte viel und seltsam und wachte oft auf, meistens wegen rasender Kopfschmerzen. Einmal wegen einem lauten Röhren neben dem Zelt. Ziemlich unheimlich, der Wald war bis auf leichtes Windrauschen die ganze Zeit über ganz leise, und plötzlich tönt so ein blutgefrierendes gespenstisches Röhren durch den Wald.

Ich war sofort hellwach und lag starr in meinem Schlafsack, traute mich nicht mal, Saph zu wecken. Der Elch oder Hirsch – denn dafür hielt ich das Tier, entfernte sich weiter vor sich hinröhrend langsam in einem weiten Bogen. Ich konnte es noch lange hören, bis das Geräusch schließlich nicht aufhörte, sondern aufgrund der Entfernung verschwand. Kurz darauf schlief ich wieder ein.

Träumte dann noch von einem aus dem Knast ausgebrochenen Axt- und Kettensägenmörder, der durch den Wald zog und zu guter Letzt musste ich noch im Dunkeln vors Zelt. Nachdem ich aber später noch eine Schmerztablette geschluckt hab, ging auch diese Nacht vorbei.

Um Loch an Eilein (7. Tag)

Saph hatte nichts gehört in der Nacht und ich war mir nicht mehr sicher, dass ich wirklich was gehört hatte. Er zog mich daher mit meinem „Geister-Elch“ auf :/ Nach unserem leckeren Frühstück fiel uns aber die aufgewühlte viele Meter lange Erdrinne direkt neben dem Zelt auf, die sich bis auf den nächsten Hügel zog. Da hatte sich irgendwas in der Nacht ziemlich ausgetobt. Ich vermute ein Wildschwein. Relativ beunruhigende Vorstellung…!

Schottische Highlandrinder
Schottische Highlandrinder

Unspektakulär erreichten wir nach ca. 2h und einem kurzen Regenguss Loch an Eilein. Ein sehr schöner See, leider auch bei Einheimischen Wochenend-Ausflüglern beliebt. Wir kochten am Ufer des sehr klaren Sees unter Kiefern und setzten dann unseren Weg am See entlang fort. Im See thront auf einer kleinen Insel eine alte Ruine.

Die Landschaft wandelte sich im Laufe des Nachmittags erst in einen sehr dichten, tot aussehenden Kiefernwald und später in eine Heidelandschaft, in der die Farben lila, grün und grau vorherrschten. Den ganzen Tag trafen wir immer wieder auf klare Bäche, unsere Versorgung sah also gut aus ^^ Trotzdem war ich irgendwie gedrückter Stimmung. Ich weiss gar nicht mehr wieso, jedenfalls war der Tag nicht so erfüllt von Albernheiten und Hochgefühlen.

Bei Loch an Eilein
Bach an irgendeinem kleinen Loch bei Loch an Eilein.

Midgets und Heide

So entschieden wir uns auch gegen 5 oder 6 abends, unser Zelt direkt oberhalb des Wegs zwischen niedrigen Heidebüschen aufzuschlagen, obwohl wir damit rechnen mussten, dass noch ein paar Leute vorbei wandern, laufen, joggen oder radfahren. War ja einiges los tagsüber an dem See. Hatten aber Glück, denn wir waren von der See-Route ein paar Meter auf einen abzweigenden Weg gelaufen.

Zelten mitten in der Heide
8. Nacht mitten in der Heide

Weniger Glück hatten wir mit anderen abendlichen Besuchern: Midges. Diese fiesen Biester hatten uns bis dahin weitgehend verschont, kamen jetzt aber wie die Heuschrecken über uns. Midges sind winzige Fliegenviecher, so groß wie bei uns Obstfliegen ca. Nur: sie stechen. Und es gibt nicht nur einzelne davon wie bei Stechmücken, sondern sie sind in Schwärmen unterwegs.

Beim Laufen hat man seine Ruhe, aber sobald man 2 Minuten sitzt, werden es immer mehr und sie krabbeln einem auf der Haut rum, es kitzelt und juckt und sticht. Mich machte das fast wahnsinnig. Man kann sie nicht verscheuchen, sie setzen sich einem auf die Hand oder krabbeln einem unter die Haare. Immer, wenn man sich über das Gesicht wischt, hat man hinterher ein paar Midgeleichen an der Hand. Das ist wirklich Horror.

Aus dem Grund verzogen wir uns auch direkt nach dem Kochen und einem Tee ins Zelt, wo wir unsere Ruhe hatten zum Glück. Trotzdem schade um einen eigtl. schönen Abend. Saph, der Navigator, navigierte uns mit Routenkarten und der Detailgebietskarte eine schöne Tour zusammen, die gleich mehrere der im Buch beschriebenen Wanderungen zusammenfasste. Es sollte also am nächsten Morgen den abzweigenden Weg, auf dem wir uns sowieso schon befanden, Richtung Osten weitergehen bis zu Loch Morlich, einem größeren Freizeitsee. Dort wollten wir den Aussichtsgipfel Meall a‘ Buchaille besteigen.

So zockten wir den Rest des Abends Saphs „Durak“-Spiel, das er natürlich immer gewann und legten uns schließlich pennen. Ich habe btw. vergessen zu erwähnen, dass wir eigentlich jeden Tag mindestens eine meistens größere Spinne im Zelt hatten, und das, wo wir beide doch so unglauuuubliche Spinnenfans sind ;__; Am Fluss krabbelte mal ein Weberknecht an Saph hoch, ich bemerkte sie erst, als sie schon am T-Shirtkragen saß.. Kurz herrschte Panik, bis wir sie von Saph wieder runtergekriegt hatten >_>

Durch wunderschöne, einsame Natur (8. Tag)

Der Morgen begann, wie der Abend aufhörte. Die Midges waren noch da. Das war gegen die Naturgesetze, laut unserem schlauen Buch wussten wir, dass Midges Sonne nicht mögen und am Liebsten abends erscheinen. Aber gut, dann mussten wir uns eben mit diesen Ausgeburten der Hölle herumschlagen und bauten fluchend das Zelt ab.

Saph hatte in unserer Rollenverteilung das schlechtere Los gezogen: es hat sich eingebürgert, dass wir zusammen innen alles zusammenpacken, er dann rausgeht und alles in die Rucksäcke stopft, während ich drinnen den Dreck zusammenfege. So durfte er vor Midges davonrennen, während ich gechillt die Putzfrau spielte.

Und so flüchteten wir in einen wunderschönen Morgen, ohne Frühstück. Wie immer dachten wir, dass wir „später“ halt frühstücken werden, wenn keine Midges mehr da sind, die ja sowieso eigentlich nicht in der Sonne existieren können, elende Brut. Wenn wir das so angehen, wird das natürlich nichts ^^

Der Tag war aufs Edelste sonnig, lila Heide dominierte die schöne Landschaft und am Horizont thronten majestätisch die Cairngorm-Gipfel. Auf die wir uns ja nun zu bewegten.

Regen und Midgets 🙁

Nach ca ein-zwei Stunden allerdings mussten wir die schöne lila Landschaft schon verlassen, es ging über eine Brücke über den goldenen Fluss. Der heisst nicht so, aber er ist es ^^ Die Steine am Grund leuchteten in der Sonne strahlend golden.

Leider nicht lange, den Wolken waren aufgezogen und brachten auch ein wenig Regen mit. Wer mich kennt – ok, das sind nicht viele – weiß, dass ich es absolut gar nicht haben kann, dem Regen ungeschützt ausgesetzt zu sein.

So war ich auch eher nicht so richtig ansprechbar, als wir uns durch den leichten Regen langsam weiterquälten. Die Stimmung erlitt endgültig einen Tiefschlag, als wir an einer Biegung des Baches ankam, der ein unheimlich schöner Platz zum Rasten gewesen wäre. Wir packten unter einem Baum unsere Kochsachen aus, einigermaßen geschützt vor dem Regen. Aber nicht vor den Midges. Kreischend und schimpfend rannte ich weg, fuchtelte in der Luft rum, stampfte auf den Boden und packte fluchend alles wieder ein, denn bei dieser Plage kann man einfach nicht lange sitzen.

Die Stimmung kam also irgendwie nicht richtig hoch, und in brütendem Schweigen und im Regen stapften wir weiter.

Irgendwann hörte der Regen auch wieder auf und wir marschierten durch die 8000 Jahre alten Überreste des früheren schottischen Urwalds. Man merkt wirklich, wie alt dieser Wald ist – umgestürzte Bäume und Steine waren derartig von Moos überwuchert, dass man wohl bis zu den Knien erstmal einsinken würde, wenn man es wagen sollte, den Weg zu verlassen. Das wagten wir uns eher nicht, und die Midges, die uns in jeder Pause überfielen, trieben uns weiter.

Ärger mit Midgets und Regen am Loch Morlich

Endlich kamen wir gegen 4 am Loch Morlich an. Leider waren auf dem Weg, der auch nicht besonders schön war, einige Leute unterwegs und auch der See selbst war rege von Kanufahrern und anderen Sportlern besetzt.

Da wir für diesen Tag genug hatten und noch immer unser Frühstück ausstand, machten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Platz. Den fanden wir schließlich unterhalb des Wegs direkt am Wasser. Wir testeten die Stelle ein paar Minuten auf Midges und wurden vorerst verschont, daher befanden wir den Platz als optimal. Sehr schön war er nicht, aber essen und schlafen hat noch niemandem geschadet ^^

Die Midges kamen dann natürlich doch. Zuhauf und aggressiv besetzten sie uns ohne Unterlass. Zusammen mit dem wieder einsetzenden Regen strapazierten sie unsere Nerven aufs Äußerste. Gegessen haben wir im Gehen – 10m laufen, umdrehen, 10m zurück, umdrehen, usw – da es nicht möglich war, an einer Stelle zu bleiben. Es gab lecker Tortellini, aber in meiner Wut über die Midges hätte ich das Essen lieber nach den Midges geworfen, wenn es was gebracht hätte.

Nachdem wir uns ins Zelt geflüchtet haben und erstmal panisch unsere Gesichter rieben wegen dem Juckreiz, spürten wir, dass die ganz hügelig geworden waren. Obwohl ich immer versuchte, die Midges zu verscheuchen, ist es einigen doch gelungen, mein lecker Blut zu saugen. Saph hatte T-Shirt und kurze Hosen an… Wie seine Arme und Beine aussahen, kann man sich vorstellen.

Im Zelt schrieb ich am Tagebuch weiter und Saph zeichnete den gelben Joker aus dem Standard-Pokerkartensatz. Danach gab es noch gemeinsames Headbangen zu MP3-Playermusik 😀
Abends stieg ich nochmal schnell aus dem Zelt und bekam die Gelegenheit, ein sehr schönes Foto vom letzten Sonnenlicht über dem See zu machen.

Loch Morlich bei Sonnenuntergang
Loch Morlich kurz nach Sonnenuntergang und bei etwas tröpfelndem Regen

Yeah, und so war auch dieser Tag schon zu Ende. Am nächsten Tag wollten wir es bis zum Fuß des Berges schaffen, den wir besteigen wollten. Kein Problem, das waren viel weniger als 10km. Wir haben ganz schön nachgelassen 😀

Kurzer Ausflug in die Zivilisation (9. Tag)

An die Nacht und den Morgen erinnere ich mich kaum noch. Nur dass ich endlich mal Müsli mit Milchpulver essen konnte ^^

Den Schlafplatz haben wir ohne Tränen in den Augen verlassen, wie gesagt war es nicht wirklich richtig schön dort, also dackelten wir weiter am See entlang. Da es sich um einen Touristensee handelt, mit großem Campingplatz am einzigen „Ort“ dort, Glenmore Village, gab es dort jede Menge ausgewiesene Wanderwege, auf denen wir uns gründlich verirrten. SO hoch aufgelöst war unsere Landranger Map auch nicht und die genauere Routenbeschreibung in einem unserer Bücher brachte uns nur zu einem Umweg von ca einem Kilometer oder etwas mehr. Aber was solls, die Gegend war trotzdem schön 😀

Einmal standen wir an einer Abzweigung und waren nicht ganz sicher, wo wir hinsollten, da starrte Saph plötzlich auf einen Punkt hinter mich, machte ein entsetztes Gesicht und rief „Setz den Rucksack ab, setz den Rucksack ab!“ Aufgrund meiner strengen Ausbildung im SWAT-Lager … oder so ähnlich, hab ich natürlich sofort geschnallt und das Ding von mir geworfen und mich umgedreht. Die Spinne oben drauf war ziemlich dick und hässlich… Puah ;__;

Apple Strudel!

Nun gut, wir setzten über einen weiteren wunderbar klaren schnellen Bach und erreichten dann endlich irgendwann um ca 3 Glenmore Village. Dort gibt es

  • den erwähnten Campingplatz
  • ein Visitor Center
  • ein Rentier-Center
  • 1-2 Hotels
  • einen winzigen Laden
  • ein winziges, aber gemütliches Amateurcafé

Na und ein paar wenige Privathäuser am Berghang. Wir jedenfalls enterten mal wieder erst den kleinen Lebensmittelladen und fassten Proviant. Anschließend kamen wir nicht drumrum, auch in das Café reinzuschauen, wo zwei alte Hutzelweibchen in einer kleinen zusammengepuzzleten Küche alle möglichen Snacks, Kuchen und Getränke feilboten.

Das Café war süß eingerichtet: Die Wände waren mit Postkarten und Souvenirs aus allen möglichen Ländern bedeckt, darunter ein deutsches Rezept für Apfelstrudel in omagerechter altdeutscher Schrift. Entsprechend gab es auch heißen „Apple Strudel“ zu kaufen, was ich mir auch gleich gegönnt hab. Parallel gabs den ganzen Tag über schottisches Frühstück, was ich gerne gegessen hätte, aber ich war dazu zu geizig. Saph futterte erst ein riesiges Schokoladenteil mit Cornflakes drin und anschließend machten uns Fish & Chips so an, dass wir die auch noch mitnehmen mussten.

Ziel: Der Feensee (An Lochan Uaine)

Als wir uns schließlich auf den Weg machten, nieselte es wieder und das Wetter war allgemein grau und nicht sehr schön. Trotzdem – es ist gut, unterwegs zu sein, und die Landschaft war auch fein. Die ersten Kilometer kamen uns noch einige Leute entgegen, unter anderem ne Mutter mit Kinderwagen -.- Als wir schließlich zu unserem Ziel für heute kamen, dem Feensee (der so heißt, weil nachts Feen ihre Wäsche dort waschen), war zum Glück nicht mehr so viel los. Ok, eigentlich heißt er nicht so, er heißt „An Lochan Uaine“, grüner See, aber irgendwo hatten wir das mit den Feen gesehen 😀

Der Feensee. Ich glaube, schöner kann es kaum sein, klares grünblaues Wasser, geschmiegt an einen Felsrutsch und umrundet von sandigem Ufer. Wirklich wunderschön, ich dachte so ein bisschen an Karibik wegen des türkisen Wassers. Obwohl ein paar Leute dort rumhingen, waren wir uns sofort einig, dass wir hier die Nacht verbringen würden, auf dem Sandufer direkt am See.

Nachdem die paar anderen Leute weg waren und der Regen wieder einsetzte, bauten wir unser Zelt mal wieder auf. Leider kamen die Midges wieder auf, es war wirklich abartig. Miese Bande… Das wäre genau die richtige Kulisse gewesen, um den Abend gechillt am See zu verbringen und dabei locker nen Wein zu trinken. Mal davon abgesehen, dass wir keinen Wein hatten, haben diese Biester uns das gründlich vergällt.

Der Feensee
Der Feensee

Das regnerische Wetter hatte mich auch noch ein bisschen deprimiert. Macht einfach wenig Spaß, bei Niesel rumzulaufen, und ich befürchtete, dass es am nächsten Tag auch noch so wäre, wenn wir auf den Berg steigen… Es sollte Aussicht geben, und für Wolken und Regen tut man sich das ja nicht an ^^

Naja, dafür gibt’s ja Kartenspiele, mit denen wir uns die Zeit im Zelt vertreiben konnten. Und das war dann der Tag schon wieder, eher ereignislos.

Der Meall a‘ Bhuachaille (10. Tag)

Morgens stieg ich aus dem Zelt und das Wetter war glücklicherweise sehr schön. Aus irgendwelchen Gründen wollten wir nicht mehr auf die Uhr – heisst: Handy – sehen und ich wusste die Uhrzeit nicht, es war aber bestimmt nicht nach 8. Der See lag im Schatten, aber der gegenüberliegende Berg war von der Sonne beschienen, Nebelschwaden hingen am Gipfel und das alles spiegelte sich im See.

Leider kamen die Midges gleich wieder und wir mussten uns mal wieder mit dem Zeltabbau beeilen und sind ohne Frühstück losgetrabt. Ich dachte an eine Schutzhütte ca einen km weiter. Da kann jeder rein, nur keine Midges 😀

Frühstück unter festem Dach

Also liefen wir ca eine halbe Stunde bei schönstem Wetter und toller Morgenluft und trafen schließlich auf diese Steinhütte, die extra für Wanderer gebaut wurde, um darin Schutz zu suchen. Es handelte sich um eine Hütte mit nur einem einzigen Raum, einem Tisch, ein paar Stühlen und einem großen Kamin. Es lag auch ein dickes Gästebuch drin, und die vielen Einträge von den Tagen davor zeigten, dass die Hütte nicht grad schlecht besucht ist. Und so packten wir denn unsere Kochutensilien aus und kochten unsere Frühstückseier halt in der verdammten Hütte statt in der Natur, aber immerhin ungestört 😀

Fingergroße Raupe
Irgendeine Monsterraupe.. Gabs da öfters

Aufstieg bei bestem Wetter

Frisch gekräftigt konnten wir also den Weg einschlagen, der drohend direkt von der Hütte aus bergan führte. Alles kein Problem, dachte ich erst – locker flockig da hoch rushen, und so lief es erst auch, bei schönstem Wetter den Berg hoch und die Aussicht wurde immer toller. Die Kondition ließ dann aber so irgendwie irgendwann nach.

Es ging jetzt nicht senkrecht nach oben oder so, waren insgesamt dann aber doch 450-500 Höhenmeter, die wir da gekillt haben. Ohne Rucksack wär ich natürlich hochgehüpft 😀

Das Wetter ließ uns nicht im Stich – die Sonne kämpfte gegen reinziehende Wolken, wurde einmal ne Weile verdeckt, siegte letztendlich aber. Und Kinders, ich kann euch nur raten: klettert mal aus eigener Kraft auf einen Berg 😀 Das Gefühl, es geschafft zu haben, ist ziemlich toll.

Gipfelfreuden

Als wir oben ankamen, waren wir leider nicht allein, aber die Aussicht war gigantisch. Der Meall a‘ Bhuchaille ist zwar nur 811m hoch, was für unsereins hier eher nicht viel klingt – aber man sollte das mit einem anderen Maßstab messen als in den Alpen 😀

Die Sicht war klasse, wie hatten einfach Glück. Im Norden schien es uns, als könnten wir das Meer sehen, im Westen gab es einen schönen Blick auf unsere bisherige Route von Aviemore über Loch an Eilein zu Loch Morlich und schließlich den Berg hoch. Im Süden reichte der Blick nicht ganz so weit, nur über ein riesiges einsames Tal bis zur nächsten Bergkette. Und im Osten.. Hügel, Felder, und das ziemlich weit. Erinnerte mich ein bisschen ans Auenland 😀

Ausblick vom Meall a Buchaille
Ausblick vom Gipfel auf 811m Höhe

Jedenfalls war es sehr geil, da oben zu sein. Gab erstmal schön was zu trinken, Äpfel, Kekse und ich hab ohne schlechtes Gewissen ein paar Stücke Schokolade gefuttert, auch mal tolles Gefühl 😀

Es wurde dann auf einmal ziemlich kalt und wir machten uns an den Abstieg. Der Berg scheint so ne Art Familiensport zu sein, es waren einige Parteien oben, auch mit ca 10jährigen Kindern, und auf dem Weg nach unten echote verdächtig ein kreischendes Baby. Naja, was solls, machts halt jeder, aber wir auch ^__^

Der Weg runter war nicht der gleiche Weg wie hoch, sondern er ging auf der anderen Seite nach unten über eine Bergschulter und dann ein Stück über die Hänge und in einen Wald rein, wo der Weg irgendwann wieder in Glenmore Village rauskommen würde.

Da auf dem Berg die Midges erfrischend nicht vorhanden waren, machten wir uns Sorgen, wie es sein würde, wenn wir wieder in niedrigere Gefilden kommen, in den Wald zB, Midges lieben Wald. Um noch ungestört futtern zu können, haben wir uns kurzerhand direkt neben den Weg gepflanzt und unter neidischen Blicken von Leuten, die nach oben wollten oder von dort kamen, Spaghetti gekocht. Zu dem Zeitpunkt verlor dann die Sonne leider den Kampf gegen die Wolken doch noch und wurde durch einen einsetzenden leichten Nieselregen nochmals ausgelacht. Was solls ^^

Und wohin weiter?

Unsere einzige Sorge war eher, was wir denn nun weiter machen sollten, denn die in Frage kommenden Routen um Aviemore aus unseren Büchern hatten wir nun alle abgeschritten. Wohin also weiter? Es war Dienstag nachmittag, am Samstag mussten wir in Edinburgh eintrudeln. Blieben also im Prinzip nur noch 3 freie Tage, die wir verplanen konnten. Wollte auch nicht wirklich wieder in eine völlig andere Richtung fahren, denn leider ist Busfahren nicht grad billig auf der werten Insel – zumindest, wenn man nicht die Gelegenheit hat, im Internet zu buchen.

In Glenmore gab es ein Tourist Center, dessen Mülleimer vor der Tür erstmal nutzen, uns zweier voller Müllsäcke zu entledigen. Ich hatte nicht nur dort das Gefühl, dass wir aussahen wie Penner ^^ Saph hatte immer die Plane auf dem Rucksack aufgeschnallt, von einem der beiden Rucksäcke baumelte mindestens eine Mülltüte und ein blauer Müllsack als Regenschutz war auch noch an Saphs Rucksack befestigt. Und wir beide selbst.. ok, offen gestanden gibt’s unterwegs beim Wandern und Zelten ohne Campingplatz nicht sooo viel Gelegenheit zum Duschen und Haare waschen ^^ >_<

Wie dem auch sei. Außer einem sehr lecker aufgemachten schottischen Wein, nettem dahinplätschernden Traditional Folk und einigen ziemlich teuren keltischen Souvenirs haben wir im Tourist Center nicht wirklich was gefunden. Zufällig wussten wir aber, um welche Uhrzeiten ein Bus nach Aviemore die „Stadt“ querte und wo er auf Winkzeichen hin anhält. Was auch klappte, nach Aviemore ließen wir uns also zurücktragen ^^ Und in Aviemore gibt’s ebenfalls ein Tourist Center.

So langsam ging es auch auf 4 oder so zu und wir wurden ein bisschen panisch, da wir eigtl nicht mehr in Aviemore bleiben wollten. In einem käuflich zu erwerbenden Buch sah ich, dass es in Newtonmore ein Highland Folk Open Air Musuem gibt, was angeblich ziemlich sehenswert sein sollte. Newtonmore war offensichtlich nicht weit weg, 20 Minuten ca mit Bus oder Bahn. Außerdem sollte es dort auch noch ein bisschen was zum Wandern geben.

So stand unser Ziel dann wohl fest ^^ Erst aber nochmal schnell in Tesco rein, bisschen Futter aufstocken und ein Eis kaufen.

Wie wir da so vor Tesco auf nem Stein saßen und unser Eis lutschten, streifte plötzlich eine dünne schwarze Katze an Saphs Bein entlang. Naja, mag man denken, bei einer 2400-Einwohner-„Stadt“ eher nicht sooo was besonderes. Man sollte dann dazu erwähnen, dass Aviemore im Prinzip nur aus einer einzige Straße besteht und zudem das Touristenzentrum in der Gegend darstellt. Und eine Umgehungsstraße gibt es nicht.

Jedenfalls war die eine Straße zu jedem Zeitpunkt, dessen wir ansichtig wurden, IMMER vollkommen überfüllt. Die Autos stauten sich durch die Stadt durch und es waren auch ziemlich viele Fußgänger unterwegs. Also dann doch eher Stadtfeeling. Und da lief gechillt so ne Katze durch. Katzen mögen normalerweise weder Autos noch Menschenaufläufe, aber diese hier lief uninteressiert dort rum, tappte auf die Straße, blieb mitten drauf stehen und schnupperte ein bisschen rum. Den Autofahrern halte ich zu Gute, dass sie nicht gehupt haben ^^

Eine dicke Frau lockte die Katze schließlich von der Straße und sie spazierte mit hoch erhobenem Schwanz in einen Outdoorausrüstungsladen rein. Süß 😀

Fahrt nach Newtonmore

Nach dem leckeren Eis suchten wir den Bahnhof auf und zockten uns ein Ticket nach Newtonmore. 10 GBP für uns beide, das sind ca 13 EUR. Happig. Aber gut. Schöner Bahnhof, weniger schöner Zug. Während der Fahrt, bei der leider immer nur einer von uns beiden sitzen konnte, perfektionierten wir die Kunst, uns unauffällig gegenseitig die Zunge rauszustrecken. Hach 😀

Als wir schließlich als einzige in Newtonmore ausstiegen, fanden wir uns an einem winzigen Bahnhof ohne Bahnhofsgebäude wieder, etwas außerhalb vom Ort. Definiv Provinzfeeling 😀 Dort machten wir mit dem Zunge rausstrecken weiter, unterstrichen durch ein paar Schubser und Gekicher 😀

Nach der Reorganisation der Rucksäcke – immerhin musste der neue Proviant verstaut werden, schwangen wir wieder die Hufe. Wo es genau hingehen sollte, wussten wir noch nicht. Um die Stadt führt weitläufig ein Rundwanderweg, genannt Wildcat Trail, insgesamt ca 12km lang. Der erschien uns am idealsten, um schnell einen Zeltplatz zu finden. Als Ortsunkundiger ist es sonst schwierig, irgendwie in die Natur zu kommen ^^

Inzwischen war es dann wohl auch schon ca 6 und wir hatten gut einen gewissen Abend in Erinnerung, den wir nicht wiederholen wollten. Das Wetter war grau und nicht grad schön. Nach ca 2 km trafen wir auf eine Brücke, die den Wildcat schneiden sollte. Der Wildcat stellte sich an dieser Stelle als ein schmaler Gänsemarschpfad zwischen hohem Gras heraus. Unter der Brücke floss außerdem der River Calder, der ebenfalls ein felsiges Ufer hatte, wie damals in Drum auch. Da hatten wir gute Erinnerungen dran, also bewegten wir uns gut außer Sichtweite der Straße und bogen dann ins Flußbett ab.

Inzwischen verwandelte sich der einsetzende Niesel immer mehr in Regen und die Wolken hingen tief und grau über den Bergen. Eine große Auswahl blieb uns also nicht. Entweder noch einige unbestimmte Zeit im Regen weiterlaufen und einen Platz suchen, oder auf Teufel komm raus den bestmöglichen Platz am Fluss nehmen. Das taten wir dann auch.

Übernachten am River Calder

Der Calder ist ein eher schmaler, schneller Fluß in seinem steinigen breiten Flussbett. Fast am Rand des trockenen Flussbetts befand sich eine grüne „Insel“, umgeben von Steinen und bewachsen mit niedrigem Gras und ein paar Bäumen und Büschen. Von außen kaum einzusehen und als günstige Option erwählten wir diesen Platz als unser zu Hause für die nächsten Stunden, obwohl mir schon klar war, wie diese Insel entstanden ist – wenn der Fluss anschwillt, ist sie vom richtigen Ufer abgeschnitten (aber natürlich würde der Fluss das jetzt nicht tun).

Erst warteten wir unter einem Baum ab, ob der Regen aufhören würde, damit wir das Zelt aufbauen konnten. Das gaben wir dann aber auf und bauten das Zelt im Regen in Rekordzeit auf. Immerhin auch keine Midges. Gekocht haben wir auch nicht mehr.

Nachts wurde ich vom Regen verarscht. Ich wachte auf und meinte, Schritte vor dem Zelt zu hören. Starr vor Schreck lag ich da und strengte meine Ohren an. Immer wieder kam es mir so vor, als würde dort jemand stehen und hin und wieder auf der Stelle treten – abwartend und abschätzend.

Nach einigen Minuten suchte ich leise nach der Taschenlampe, die einerseits einen harten Griff hat und andererseits einen etwaigen Eindringling sicher vertreiben würde, wenn man ihm unerwartet ins Gesicht leuchtet. Die Taschenlampe umklammernd lag ich einige Zeit im Schlafsack und hatte Schiss.

Irgendwann schlief ich ein – wachte wieder auf, die Taschenlampe war weg. Panisch suchte ich nach ihr und schlief wieder ein, mit der rettenden Taschenlampe in der Hand. Bis zum Morgen hab ich sie festgehalten ^^

Zelten im strömenden Regen (11. Tag)

In der Nacht hatte es durchgeregnet. Am Morgen auch. Am Mittag auch. Gegen Mittag bin ich mal aus dem Zelt, um zu gucken, wie es denn draussen aussieht, und zum Wasser im Fluss schöpfen. Der war ein bisschen breiter geworden, erregte aber nicht meine Sorge. So verbrachten wir dann noch ein paar Stunden im Zelt. Der Regen hörte nicht auf. Nach 4 wurde er ein wenig schwächer und wir verließen beide das Zelt, da wir die Gelegenheit nutzen wollten, mal was Warmes zu futtern.

Sobald ich den Kocher aufgebaut hatte, fing der Regen wieder richtig an. Yeah. Und der Calder war nun deutlich breiter geworden, bestand inzwischen schon aus zwei Flussarmen anstatt nur einem, und der Arm zwischen unserer Insel und dem Ufer begann Pfützen zu bilden. Ich war besorgt. Hatte Bilder im Kopf von Zeitungsmeldungen von 2 dummen Touristen, die bei Dauerregen auf einer kleinen Flußinsel campen und mit dem Zelt vom Wasser weggerissen wurden. Man hört ja da so einiges ;__;

Wir kochten und aßen eher ein bisschen bedrückt. Nervig waren die dicken Regentropfen, die in unseren leckeren Magic-Asia-Reis und die anschließende Suppe platschten. Nach Essen und Abwasch beobachtete ich die langsam ansteigenden Pfützen, beäugte den Regen, lief hin und her und nutzte das Handy, um an eine Wettervorhersage zu kommen.

Die Sache war die: wir fühlten uns beide nicht so richtig wohl auf dieser Insel. Es sah nicht so aus, als würde in ein paar Minuten die Sonne wieder rauskommen. Andererseits waren wir beide absolut nicht scharf darauf, in dem Regen das Zelt abzubauen und dann weiterzulaufen, möglicherweise kilometerlang nichts mehr zu finden und dadurch nichts zu gewinnen. Kurze Zeit dachte ich daran, in den Ort zu laufen und B&B zu suchen – aber es war schon nach 6, der Ort war einen Kilometer entfernt, und so richtig ultimativ erschien das alles nicht. So entschlossen wir uns schließlich, den Platz nicht zu verlassen.

Es würde schon nicht so viel regnen. Das Handy-Internet hatte uns nach einigem Suchen mitgeteilt, dass es am nächsten Tag nur eine 78%ige Regenchance gibt (meine Güte, sind wir bescheiden) – heute 95%. So musste es ja dann besser werden. Über dem völlig durchnässten Außenzelt breiteten wir den blauen Müllsack aus, denn oben lief das Wasser schon kaum noch ab, und auf Wassereinbruch von oben in der Nacht hatten wir beide keine Lust. Von unten und den Seiten natürlich auch nicht, aber das lag nicht in unserer Hand.

Abends gegen 11 stand ich nochmal auf und inspizierte mit der Taschenlampe die Umgebung und den Wasserpegel. Ich war wirklich ziemlich besorgt. In der Nacht davor hatte ich noch Schiss vor irgendeinem Menschen, in dieser vor Naturgewalten. Was, wenn es so stark weiterregnet, dass es eine Flutwelle geben würde? Wenn irgendwo ein Damm einbrechen würde? Sowas kommt vor !_!

Oft wachte ich auf und horchte, ob das Wasser lauter geworden war. Kam mir dann aber nicht so vor. Aber das ist auch keine Erfahrung, die ich gerne nochmal machen würde. So im Schlafsack liegen, sich vorstellen, wie Wasser das Zelt abreißt und uns mit sich reißt, wie wir drin versuchen, rauszukommen… Peh. Naja, Erfahrung gemacht, im nachhinein ganz abenteuerlich ^^

Auf dem Wildcat Trail bei Newtonmore (12. Tag)

Als wir aufwachten, war der Regen schwächer geworden. Das hob unsere Laune sofort und merklich an 😀 Dem Zelt muss man auf jeden Fall bescheinigen, dass es über 24h Dauerregen gut verkraftet hat. Zwar war die Außenhaut völlig durchnässt und ließ das Wasser auch nicht mehr so gut außen abperlen, aber innen war es trocken. Gute Wahl, Mädel 😀

Beim Aufstehen stellten wir fest, dass die Situation draußen sich nicht allzusehr geändert hatte. Der Seitenarm neben unserer Insel hatte sich ein bisschen weiter gefüllt, war aber noch weit davon entfernt, nicht mehr überquerbar zu sein oder sogar richtig zu fließen. Es hatte aufgehört zu regnen und wir nutzten die Gelegenheit sofort, das Zelt abzubauen und ein bisschen auszubreiten und anschließend ziemlich nass einzupacken. Sowas macht man als Mensch, der seine Sachen pfleglich behandelt, ungern ^^

Aber wir waren trotzdem froh, dass wir wieder weiter konnten und machten uns dann schließlich mit Sack und Pack auf den Weg den winzigen Wildcat Trail entlang. War erst ein bisschen enttäuscht, weil das nicht so richtig spektakulär aussah, einfach ein Trampelpfad zwischen Fluss und Zäunen entlang.

Je länger wir aber unterwegs waren, desto besser wurde es. Holzschilder mit dem Katzenlogo wiesen uns immer in die richtige Richtung und der Pfad führte schließlich weg von Zäunen. Ok, immer waren wir uns mit der Deutung des Schildes nicht so ganz einig. Teilweise war die Katze falschrum angebracht, oder ein Pfeil, der in eine Richtung wies und auf einer anderen Seite des Pfahls noch ein Logo, diesmal ganz woanders hin. Aber naja, künstlerische Freiheit vielleicht 😀

Debbie vor der Cairngorm-Kulisse
Ich nicht unbedingt salonfähig vor Cairngorm-Kulisse – wenn du, lieber Leser, wüsstest, wie lange ich zu dem Zeitpunkt nicht mehr meine Haare gewaschen habe, würdest du weiten Abstand halten 😀

Wildcat macht Spaß!

Den Fluß ließen wir dann auch links liegen, bekamen aber noch schöne kleinere Wasserfälle präsentiert. Schließlich ging es eigentlich nur noch über Schafweiden und wir passierten alle paar Meter Gatter, die extra für Wildcatwanderer dort aufgebaut waren, um die unzähligen Schafweiden zu überqueren. Mit unseren Rucksäcken passten wir kaum durch ^^

Die Tour war irgendwie so besonders, dass wir uns schnell einig waren, dass der Weg ansich definitiv zu den Highlights des ganzen Urlaubs zählten. Manchmal fanden wir auch Tafeln mit Infos zur früheren Besiedlung der Gegend. Anderen Leuten begegneten wir kaum, obwohl wir teilweise direkt auf Privatgelände unterwegs waren. Ein alter Bauer mit Hund wünschte uns noch viel Spaß auf dem Wildcat, als wir über seinen weitläufigen Hof über Wiesen und unter alten Bäumen durchliefen 😀

Die schottische Landschaft ist auch ziemlich einzigartig. Eine Weile lang war rechts von uns ein lichter Wald mit hohem Gras und links von uns ein abartig genialer Blick über eine grüne Ebene und Schafweiden auf einige Berge, wo die Wolken rüberzogen. Ahja, das Wetter war auch viel besser geworden, es taten sich immer mehr blaue Stellen im Himmel auf und die Sonne schaute durch. Regen gab es nicht mehr 😀 Einfach genial jedenfalls, das Ganze.

Am relativ frühen Nachmittag begannen wir auch, nach einem neuen Zeltplatz zu suchen. War nicht einfach, denn größtenteils waren wir ja auf Privatgebiet unterwegs und der gesamte Boden war mehr oder weniger mit Schafscheiße vermint. Andererseits war der Weg auch einfach echt geil zum Laufen und es war nicht so, dass wir auf dem Zahnfleisch gingen 😀

Der perfekte Platz präsentierte sich dann auch von ganz allein. Nachdem wir eine weitere Schafweide überquert hatten, ging es durch ein Stechginstergebüsch und ein geiler Anblick tat sich uns auf – siehe eins der nachfolgenden Fotos ^^ Eine abschüssige Wiese, die schräg nach unten in ein von nem kleinen Bach durchzogenes Tal führte, links bahnte sich ein etwas größerer Bach seinen Weg über mehrere Kaskaden nach unten. Das war einfach unheimlich idyllisch 😀 Musste natürlich ein paar Wasserfallbilder machen.

Bach am Wildcat Trail
Schöne Kaskaden des Bachs am Rande einer Wiese am Wildcat-Trail

Zelt direkt am Bach

Danach musste ich noch was anderes und ging wieder ein Stück nach hinten, am Stechginster entlang. Mir offenbarte sich ein schmaler Durchlass durch das Gebüsch. Der Ginster biss mich, als ich mich dort durchkämpfte, aber es hat sich gelohnt. Hinter dem Stechginster gab es eine freie Stelle, ringsum umgeben von Stechginster, die westliche Seite wurde vom Bach begrenzt. Der lärmte zwar, weil direkt hier auch ein Wasserfall war, aber die Wiese war einigermaßen grade und sogar die Schafe schienen den Platz noch nicht so richtig gefunden zu haben, denn der Anteil an Schafscheiße war vergleichsweise gering.

Alles in allem einfach perfekt. Ich holte Saph, der erst wegen dem Stechginster ein bisschen quiekte, dann aber auch von dem Platz begeistert war. So war es beschlossene Sache, dass wir die Nacht hier verbringen würden.

Die Sonne schien die ganze Zeit über und so konnte auch das Zelt wieder trocknen und wir machten uns ans Kochen. An fließendem Wasser kochen macht vieles einfacher 😀 Wasser genug vorhanden, man kann vorspülen, man muss einfach nicht immer an die Vorräte. Das Wasser war zwar ein bißchen bräunlich, aber so kleinlich waren wir nicht, als dass wir das nicht benutzt hätten ^^

Unglaublich – endlich hatten wir Wasser, einen guten Zeltplatz, keinen Regen und auch keine Midges, die uns zu Tode nervten!

Das einzige Manko an diesem Platz war das laute Rauschen des Wassers. Zum Verständigen mussten wir schon die Stimme heben, und wir waren nicht sicher, ob uns der Wasserfall nicht vom Pennen abhalten würde. Tat er erst auch, so ein Rauschen direkt neben dem Ohr stört dann doch was.

Als ich endlich eingeschlafen war, wurde ich von Saph wieder geweckt, der sich krank fühlte, ihm war irgendwie übel. Es war ein Uhr nachts und ich durchkramte unseren Medizinbeutel, den wir freundlicherweise von seiner Mutter bekommen hatten nach Tabletten oder irgendwas gegen Übelkeit. Fündig wurde ich nicht. Nachdem wir eine halbe Stunde so rumsaßen und überlegten, was wir machen sollten – besonders wenn er richtig krank werden sollte – ging es ihm wieder ein bisschen besser und wir legten uns wieder hin, in der Hoffnung, dass Schlaf die Dinge richten würde.

Die Nacht verging dann auch für mich ohne weitere Störungen, Saph lag aber wohl noch länger wach.. >_<

Noch mehr Wildcat Trail und Natur (13. Tag)

Beim Aufwachen ging es Saph wieder besser. Ihm war noch immer ein bisschen schlecht und fühlte sich krank, aber es war nicht so, dass er mit Delirium im Bett lag. Mal davon abgesehen, dass er mir sehr Leid tat – wer läuft schon gerne mit Rucksack (inzwischen nur noch schätzungsweise 13kg) auf dem Rücken durch die Landschaft, wenn er sich fiebrig fühlt >_> Und zweitens waren wir auf seine Tragkraft angewiesen. Heute war Freitag, wir mussten es zumindest bis zurück nach Newtonmore schaffen, denn spätestens morgen mussten wir wieder in Edinburgh sein. Sonntag morgens ging unser Flug zurück nach Deutschland.

Aber es ging. Wir pennten angezogen noch ein bisschen im Zelt und fingen dann gegen 10 an, alles wieder abzubauen. Das Wetter war ok, ich konnte noch ein paar ziemlich schöne Fotos mit tiefhängenden Wolken und beleuchteten Bergen machen 😀

Und dann ging es weiter. Zum ersten Mal in der ganzen Zeit in Schottland bin ich vorne gelaufen und Saph hinter mir, der die ganze Zeit auch ziemlich still war.. Die schönste Gegend hatten wir auch hinter uns.

Nach ca einer Stunde kamen wir wieder in der Zivilisation an, will heißen, auf der Durchgangsstraße durch Newtonmore ca einen Kilometer vom Ortsrand entfernt. Saph ging es noch immer nicht so gut, er war vor allem sehr müde, weil er in der Nacht nicht viel gepennt hatte.

Highland Folk Museum in Newton

Vor dem Ortseingang befand sich der Eingang zum Highland Folk Musuem, wegen dem ich eigentlich ursprünglich überhaupt nach Newtonmore wollte. Es handelt sich um ein ziemlich weitläufiges Gelände von einer Meile Länge, auf dem verschiedene alte Häuser aus Schottland wiederaufgebaut waren. Diese waren an ihrem ursprünglichen Standort abgebaut worden und dann nach Newtonmore transportiert worden, inklusive der ganzen Einrichtung.

Wie man vermutlich weiss, bin ich großer Freund der schottischen Geschichte, und damit meine ich nicht die letzten 50 Jahre, sondern eher die Zeit vor der „Englisierung“ Schottlands ab Mitte des 18. Jahrhunderts. Von Geschichte haben wir auf unserer Tour bisher eher relativ wenig mitbekommen, daher hoffte ich, dass es hier mehr dazu gäbe.

Da der Eintritt gratis war – man ist erstaunt und erfreut zugleich – wollten wir das also einfach mal machen. Die Rucksäcke konnten wir im zugehörigen Gift Shop stehen lassen und wir machten uns auf den Weg. Es gab eine alte Schule, eine alte Schreinerei und einen Uhrmacher, alles sehr schön und glaub original eingerichtet.

Nur.. nicht ganz die Zeit, die mich interessierte, das war alles so um 1900 rum. Also gingen wir weiter, sie hatten sogar ein Stückchen Wald auf dem Gelände – der vom Wildcat Trail gekreuzt wurde ^^. Dort gab es noch eine Wasser-Sägemühle zu sehen und ein Gehege mit 2 Wildschweinen. Wie kann man nur so fett sein 😀

Wie kann man nur in Grubenhäusern leben?

Einen Hügel hoch und wir standen in einem Dorf um 1700. Sie haben dort mehrere Hütten aus Stein, Zweigen und Lehm aufgebaut, mit Kräutergärten daneben und brennenden Feuern innen. An ein paar weiteren Hütten haben sie noch gebaut.

Die Hütten kamen aus verschiedenen Zeiten bzw. Kulturen, so gab es Hütten, die auf einem Steinfundament nur aus Zweigen gebaut und mit Lehm etwas abgedichtet waren. Ist schon seltsam sich vorzustellen, dass man früher so gelebt hat, in so zugigen Hütten und mit Spinnen und Insekten zusammen >_>

Andere Hütten waren ganz aus Stein oder Torfblöcken gebaut. Licht kam keins rein, dafür auch kein Wind. Als wir eine dieser Hütten betreten haben, schlug uns gleich der Ruß entgegen. Innen brannte ein Feuer – zwar mit Abzug nach oben, und Rauch war nicht wirklich in der Hütte, aber die Nase litt ^^ Das Feuer kann man sich jetzt nicht als helles Lagerfeuer vorstellen, sondern als eine Feuerstelle mit glimmenden Kohlen und vielleicht ein paar wenigen Flammen. Es hat den Innenraum in dämmriges Licht gehüllt, 2 m vom Feuer weg konnte man aber wieder nur tasten. So zu leben ist wirklich eine andere Welt..

Nachdem wir jedenfalls das gesehen haben, gingen wir wieder zurück zum Eingang vom Museumsgelände, wo es ein Café geben sollte. Saph war noch immer sehr ruhig. Im Café, das erstaunlich gut ausgerüstet war – im Kantinenstil einfach alles nehmen was man will und dann bezahlen – besorgte ich mir einen Kaffee (seeeeehr lecker) und ne schottische Gemüsesuppe (mhhhhhhhhhh ;_;), Saph ne heiße Schokolade. Tat mal wieder gut 😀

Danach Rucksäcke abgeholt, Mülltüte entsorgt und weiter in die Stadt rein. Newtonmore stellte sich als sehr hübsch heraus. Lauter schmucke Steinhäuschen an der Straße, viel B&B. Vergeblich suchten wir nach Hausnummern, die Häuser hatten dafür alle niedliche englische oder gälische Namen.

Auf der Suche nach einer Busfahrt

Ich deponierte Saph und die Rucksäcke auf einer Bank und machte mich allein auf den Weg herauszufinden, wie man am Besten nach Edinburgh käme. Eine nette Frau im Wildcat Visitor Center sagte mir, dass Bus auf jeden Fall billiger wäre als Zug, aber wie viel der kosten würde, konnte sie mir auch nicht sagen und schickte mich weiter zu einem anderen Laden – Country Crafting oder so (handwerkliche Dekosachen, mit nem Kaffeeraum und wie wir später rausfanden, auch Internetanschluss). Dort fragte ich ebenfalls wieder, die konnte mir aber auch nicht richtig weiterhelfen.

Zurück bei Saph überlegten wir, dass es wohl am Besten wäre, den Bus im Internet zu buchen. So haben wir auch bei der ersten Busfahrt statt 44 Pfund nur 17 Pfund bezahlt. Also fragte ich im Post Office nach Public Internet Acceess, der schickte mich wieder zum Country Crafting Laden ^^ Saph und ich marschierten dorthin und wurden dort in einen dunklen Nebenraum geschickt, immerhin mit einem Rechner und Internet 😀

Dummerweise war der Ort Newtonmore nicht in der Liste aufgeführt, von wo aus man den Bus buchen kann – obwohl der Bus laut Fahrplan hier vorbeifährt. Also gut, dann eben Aviemore, womit wir eigentlich zuviel gebucht hätten, aber besser als gar nicht. Wir dachten, dass das sicher kein Problem wäre, einfach 2 Stationen später als gebucht einzusteigen.

Wieder draußen überkamen uns da aber Zweifel. Was, wenn die Platzreservierung verfällt, wenn wir in Aviemore nicht wie gebucht einsteigen? Blieb wohl nur, auf der Hotline des Unternehmens – auf englisch ;_; – anzurufen. Am Anfang des Urlaubs hatte ich noch ziemliche Aversionen dagegen, mit Einheimischen zu sprechen, weil man gleich raushört, dass ich aus Deutschland komm und so, bin da eher schüchtern. Aber die Erfahrung zeigte, dass alle Schotten, mit denen wir zu tun hatten, sehr freundlich waren und so legte sich das mit der Zeit und ich rief sogar auf der Hotline an, ohne einen Herzinfarkt zu kriegen.

Leider sagte uns die freundliche Dame, dass unser Plan nicht aufgeht und wir entweder in Aviemore einsteigen müssen oder gar nicht.

Zurück in Aviemore

Yeah, also zurück nach Aviemore. Laut dem Busplanprospekt hatten wir den Bus grad verpasst, der Nächste sollte erst in 2 Stunden fahren. Saph aber, der gut aufgepasst hatte, fragte, ob ich denn den angeblich verpassten Bus habe vorbeifahren sehen. Nein, antwortete ich und wir rannten zur Bushaltestelle. Eine Oma stand da und ich fragte, ob sie auch auf den Bus nach Inverness warten würde und lächelnd nickte sie.

Wirklich, ich mag die Schotten. Beim Wandern grüßt man sich grundsätzlich mit hello/hi/hey ho/hey folks oder sowas ^^ Und wir wurden auch einige Male angesprochen, wo wir hin wollten, ob das Wetter nicht toll wäre und solche Sachen. Ganz zu schweigen von der Einladung zum Lagerfeuer ^^

Und so fuhren wir also wieder zurück nach Aviemore, da kannten wir uns ja inzwischen aus. War eben ein bisschen blöd, dass wir da auch erst um ca 6 abends ankamen und dann erst noch ein gutes Stück aus der Stadt raus mussten, um nen Zeltplatz zu finden – wie immer eben. Wir entschieden uns, dem Speyside Way ein Stück zu folgen – das ist ein weiterer Langstreckenwanderweg, der in Aviemore beginnt und dann am River Spey über einige Whiskybrennereien nach Norden führt.

Letztendlich liefen wir dann noch ca 3 Kilometer, bis wir einen Platz fanden, an dem wir uns mehr schlecht als recht niederlassen konnten. Erfreulicherweise stellten wir nach kurzer Zeit fest, dass auf beiden Seiten des Platzes in ca 150m Entfernung Schienen vorbeiführten. Die eine Seite für den normalen Zugverkehr, auf der anderen fuhr mehrmals täglich eine alte Dampflok. Sie kündigte sich mit einem lauten Pfeifen an, wenn sie aus Aviemore Richtung „Boat of Garten“ abfuhr und kurz darauf kam sie dann bei uns vorbei. Ich mag diese alten Loks 😀 Die Soundkulisse und den Dampf und überhaupt das Ganze ._. Man konnte ihr „tschuff-tschuff“ auch nach Meilen noch hören.

Dampflok in Aviemore
Die Dampflok in Aviemore

Saph kochte uns klasse Bolognesenudeln aus der Tüte, die waren verdammt gut 😀

Etwas wehmütig verstaute ich danach die Kochsachen wieder – schließlich war das die letzte Nacht im Zelt ._. Wir kamen außerdem auch auf die glorreiche Idee, uns und die Rucksäcke auf Spinnen und anderes Getier zu checken, bevor wir sie ins Zelt warfen. Bei der Kontrolle fanden wir eine dicke Spinne auf meinem Rucksack. Ist ja schön, dass wir vor der letzten Nacht des Urlaubs rausfanden, warum wir immer Spinnen im Zelt hatten >_> Ok, nächstes Mal wissen wir, was zu tun ist 😀

Die Nacht verging dann auch ohne Zwischenfälle, ausnahmsweise.

Mit letzter Kraft zurück nach Edinburgh (14. Tag)

Gegen 9 wurde ich von der ehrenwerten Dampflok geweckt, die pfeifend und fauchend ihre erste samstägliche Tour begann. Leider regnete es – mal wieder. Diesmal konnten wir den Regen aber nicht aussitzen, weil um 1 der Bus nach Edinburgh ging und wir noch 3 km laufen mussten. Also schnell im Regen alles abbauen, Regenplane über die Rucksäcke und los.

Gut gegen Regen geschützt macht mir Regen auch nicht so viel aus, und so kamen wir relativ gechillt und eine Stunde zu früh in der Stadt an. Im Bahnhofsgebäude besetzten wir ne Bank, eine aktuelle Tageszeitung lag auch rum und so verging die Zeit auch. Zumal ich die Gelegenheit hatte, mir die Abfahrt der Dampflok mal genauer anzuschauen 😀

Der Bus nach Edinburgh war voll bis oben hin, es mussten auch ein paar Leute ohne Reservierung stehen bleiben. Bin froh, dass wir doch reserviert- und auf der Hotline angerufen haben, sonst hätten wir doof geguckt in Newtonmore.

Bei gutem Wetter kamen wir am Nachmittag um ca 5 in Edinburgh an und bahnten uns gleich einen Weg zum Tourist Information Center, wo auch Übernachtungsmöglichkeiten vermittelt werden. Offensichtlich waren wir nicht die einzigen, die das wollten, es war jedenfalls ziemlich voll im Center, und im Übrigen auch in der ganzen Stadt, wie wir herausfinden sollten.

Jedenfalls gab es keine geeignete Übernachtungsmöglichkeit mehr in der ganzen Stadt. Geeignet hätte ich so höchstens 70 Pfund für beide gefunden, und wenn möglich in Innenstadtnähe oder auf der Strecke zum Flughafen. So blieb dann nur noch die Möglichkeit, ein Zimmer im Studentenwohnheim zu bekommen für 110 Pfund, immerhin mit Frühstück.

Übernachtung auf dem Campus der Uni Edinburgh

Zähnekirschend reichte ich meine Kreditkarte für die Anzahlung, erhielt einen Stadtplan und wir dackelten los. Es waren ca 2 km zu laufen und nach kurzer Zeit setzte ein guter schottischer Regen ein – also einer mit konstant viel Wasser. Diesmal waren wir nicht so gut vorbereitet und waren nach kurzer Zeit relativ durchtränkt, die Rucksäcke und deren Inhalte auch.

Total von Regen und Schweiß durchnässt, mit klebrigen Haaren und Ringen unter den Augen boten wir sicher keinen so attraktiven Anblick, als wir uns an der Rezeption den Schlüssel zum Zimmer aushändigen ließen.

Edinburgh unter Wolken
Edinburgh’s dunkler Turm (Scott Monument)

Überraschenderweise war das Zimmer recht nett eingerichtet und hatte auch Dusche und Klo in so nem winzigen Raum direkt im Zimmer.

Wir fielen erst kurz ins Bett, um zu sterben und uns nach der Neugeburt dann unter die Dusche zu begeben. Die erste warme Dusche seit zwei Wochen und die erste Dusche überhaupt seit über einer Woche. Ein bisschen Körperpflege tut schon sehr gut 😀 Tolles Gefühl, frisch gewaschen in einem Bett zu liegen, dem ersten Bett nach 2 Wochen ^^

Edinburgh bei Sonnenuntergang
Edinburgh bei Sonnenuntergang

Wir schauten uns eine Edinburgh-Broschüre an und beschlossen, mal irgendwann ein Edinburgh-Wochenende zu machen. Ich fand es so schade, dass wir kaum Sehenswürdigkeiten angesehen haben (Burgen und Whiskybrennereien ._.) und auch in Edinburgh kaum was gesehen haben >.<

Nachts wachte ich ein paar Mal auf, weil man jeden Schritt und jedes Wort auf dem Gang draußen gehört hat. Mitten in der Nacht fanden es ein paar Leute lustig, erst laut zu reden, an Türen zu klopfen und kichernd wegzurennen. Was solls.

Edinburgh und Heimflug (letzter Tag)

Zum Frühstück gings in die Campus-Kantine direkt am Wohnheim. Gab eine riesige Auswahl, auch schottisches Frühstück 😀 Ich lud mir Porridge, gebratene Tomaten, Haggis, Spiegelei, Kartoffelcrunchdinger, gebratene Pilze und noch mehr Zeug auf den Teller und musste mir auch noch Cornflakes besorgen >_>

Jedenfalls schaffte ich das alles nicht wirklich ._. Was ne Verschwendung ._. Aber war lecker 😀 Hab auch das erste Mal Haggis probiert, das schottische Nationalgericht (Hackfleisch, Kräuter und so, gekocht in Rindermägen (glaub ich)). Schmeckte lecker, war mir aber zu fettig ._.

Gebäude auf dem Uni-Campus in Edinburgh
Gebäude auf dem Uni-Campus in Edinburgh

Um kurz nach 8 waren wir fertig und liefen wieder in die Innenstadt, von wo aus uns der Shuttlebus zurück zum Flughafen bringen sollte.

Von hier aus gibt’s auch nicht mehr wirklich was zu berichten. Alles geklappt, pünktlich zurück in Deutschland. Wir wurden von Saphs Eltern am Flughafen abgeholt und zu Hause präsentierten sie uns einen schön verzierten Willkommen-zurück-Kuchen.

Flug über den Ärmelkanal
Rückflug nach Weeze :/

Tja, das war unser Schottland-Urlaub 2008

Rückblickend haben wir ne Menge erlebt und gemacht und es war sicher jede Erfahrung wert. Ist zwar nicht einfach, sich mit widrigen Umständen wie Regen, Spinnen und keine Dusche und Klo zu arrangieren, geht aber. Würd ich auch gerne mal wieder machen 😀 Nur die Midges müssen nicht nochmal sein. Sie können so einen Tag auf Wanderschaft schon wirklich versauen, wenn sie bei jeder Rast angeschwirrt kommen.

Im Nachhinein ist es faszinierend, wie viel Pech wir hatten – immer wieder Regen, Probleme damit, geeignete Schlafplätze zu finden, zu Anfang das fehlende Wasser und natürlich die Midges. Dennoch war es ein toller, wenn auch anstrengender Urlaub, und wir waren auch fast immer richt gut drauf.

Beim nächsten Mal aber auch auf jeden Fall vorher besser planen, nicht erst vor Ort dastehen und noch nicht wissen, wo wir hin sollen. Natürlich hat es auch was für sich, sich vor Ort alle Freiheiten zu lassen und dann zu entscheiden, was als nächstes ansteht – aber zu Fuß und mit schweren Rucksäcken ist man dann doch schon eingeschränkt, was den Aktionsradius betrifft. Das hätte sicher besser laufen können.

Bis irgendwann dann wieder in Schottland ._.

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