16. Juli 1871 – Krieg als Erholungsexkursion

In diesem Beitrag in der Zeitung mit dem klangvollen Namen „Lokomotive an der Oder“ (erschien in Oels im heutigen Polen) geht es um die Gesundheit von Soldaten nach dem letzten Feldzug der deutschen Armee.

Welcher Feldzug das genau war, ist nicht völlig geklärt. Wir haben Juli 1871, deswegen müsste es um den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 gehen, aber der Beitrag klingt etwas widersprüchlich.

Ist aber auch egal. Basierend auf einem Bericht, der zuvor in der Magdeburger Zeitung erschienen war, geht es den Soldaten überwiegend sehr gut. Der Aufenthalt in einem Lande mit „allerschönstem Klima“, dazu Rotwein statt Branntwein und Bier, habe ihnen sehr gut getan. Die Soldaten seien nun körperlich viel frischer – eine Erholungs-Exkursion sei es im Grunde gewesen!

Und ja, wir reden hier über einen Krieg, nicht über das Pfadfinderlager ^^ Ein Feldzug, der Körper und Seele gut tut. Sollte jeder mal machen!

Über den Gesundheitszustand der deutschen Armee während des letzten Krieges werden, wie die „Magd. Ztg.“ mitteilt, demnächst ausführliche Berichte erscheinen. So ist so viel schon jetzt anzugeben, dass nach Ansicht der ersten medizinischen Autoritäten, welche den Feldzug mitgemacht haben, der Gesundheitszustand ein über alles Erwarten guter gewesen ist.

Eine Zeit lang trat an Orten, welche starr mit Militär belegt waren, der Typhus allerdings ziemlich heftig auf und besonders empfindlich litten die Patienten da, wo größere Lazarette für Verwundete etabliert waren.

Unvermeidlich ist in einzelnen Lazaretten trotz aller aufgewandten Mühe ferner die Pyämie gewesen. Die Blutvergiftung ist die natürliche Folge der Krankenpflege in Lazaretten, selbst den Besteingerichteten, und bessere Lazarette waren überhaupt nicht herzurichten, wie in Frankreich. Allein die Pyämie trat vereinzelt auf und der Typhus nahm durchschnittlich keinen bösartigen Charakter an.

Die deutsche Armee befand sich eben in einem Lande, dessen Klima zu den allerschönsten in Europa gehört. Wenig empfindlich war die Kälte, sehr erträglich die Hitze. Erkältungen wurden vermieden, weil die Nächte nicht allzu rauh waren.

Der Deutsche ist sowieso abgehärteter wie der Franzose, kommt er vollends in ein Land mit gleichmäßigem milden Wetter, so wird er nicht bloß gegen Erkrankungen geschützter sein wie vordem, sondern er wird sich wesentlich erholen. Alle, welche den Feldzug glücklich überstanden haben, sind jetzt körperlich frischer und wohler wie je zuvor.

Es kam hinzu, dass an die Stelle des Genusses von Bier und Branntwein der Genuss des Rotweins trat, der allen Soldaten ohne Unterschied des Ranges zugänglich gewesen ist. Wenn man will, so war für Hunderttausende der Krieg eine Erholungs-Exkursion in ein schönes, gesegnetes Land mit herrlicher Luft und reizend wohltuendem Klima. Nichts natürlicher, als dass dies alles auf den Gesundheitszustand der Armee den besten Einfluss ausüben musste.

Lokomotive an der Oder (Oels) am 16. Juli 1871, S. 1, Quelle

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