Alles Neuland! – Akademiker und die Tücken der Datenverarbeitung

Ich freue mich, heute endlich mal wieder Anekdoten aus der Arbeitswelt zu präsentieren und hoffe, sie gefallen dir genauso gut wie mir (nachdem ich damit fertig war, den Kopf auf die Tastatur zu schlagen) :D Mit aufwändig Tablet-handgezeichneten Illustrationen!

Kurzes Vorwort: Eigentlich beschäftige ich mich im Job mit der Weiterentwicklung der Internetportale meiner Firma: Ich mache Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Content-Management. Aber weil gerade eine Kollegin Urlaub hat, habe ich die große Freude (…), sie ehrenhaft vertreten zu dürfen.

Meine Kollegin ist „Kundenpflegerin“. Unsere Kunden sind angesehene Akademiker, die sich mit einer Art öffentlichem Profil auf unseren Portalen darstellen lassen. Diese Profile erstellen und pflegen wir, bzw. meine Kollegin, bzw. ich in ihrer Abwesenheit.

Und dabei haben mich in der doch recht kurzen Zeit meiner Vertretung doch recht merkwürdige Anfragen von unseren Kunden erreicht.

Natürlich sind diese Leute hochqualifizierte Akademiker, die in ihrem Bereich knallhart ihre PS auf die Straße bringen. Aber gerade bei solchen Fachidioten (das ist keine Beleidigung, sondern ein Kompliment!) ist die Computer- und Online-Affinität häufig nicht besonders ausgeprägt. Klientel also für Geschichten über DAUs, resignierte Systemadministratoren aus der Hölle und Memes mit „have you tried turning it on and off again?“. Kurz: Die mangelnde Kompetenz mit „Computerzeug“, die seit über 20 Jahren das #Neuland erheitert.

Also, legen wir los, Büro-Modus an!

Der ausgedruckte Nachverfolgungsmodus

Unser Kunde, nennen wir ihn Dr. House*, lässt seine Sekretärin Ms. Moneypenny* die Kommunikation mit uns abwickeln. Wir haben sein öffentliches Profil fast fertig. Bevor das Profil online gehen kann, möchte Dr. House aber nochmal über alle Texte drüberlesen, damit er sie auf Wunsch korrigieren kann.

Dazu habe ich ihm, bzw. Ms. Moneypenny, alle Texte des Profils als Word-Dokument zugeschickt. Dann kann er sie mir zurückschicken und ich copy-paste sie in sein Profil.

Word-Nachverfolgungsmodus
Der korrekt in Word angewendete Nachverfolgungsmodus ermöglicht die einfache Arbeit mit Korrekturen

Am heutigen schönen Tage schickte mir Ms. Moneypenny nun also die korrigierten Dokumente als PDF zurück. Ich öffnete sie und sah, dass Dr. House die Änderungen vorbildlich im Word-Nachverfolgungsmodus eingetragen hat. Super Sache, damit kann man erkennen, wo etwas geändert wurde.

Als ich jedoch den Cursor schwang, um mit dem Copy-Pasten anzufangen, stellte ich fest, dass Übles vorging. Es handelte sich nun mitnichten um ein Text-PDF, sondern um einen fein säuberlichen Farbscan des ausgedruckten, korrigierten Dokuments.

Was war passiert? Ich stelle es mir so vor…

Rückblende, wenige Tage zuvor: Ms. Moneypenny erhält die Texte als Word-Dokument. Pflichtbewusst schickt sie sie weiter an ihren Chef Dr. House. Vielleicht erklärt sie ihm schnell noch, wie er in den Nachverfolgungsmodus wechselt, damit die Änderungen nachvollziehbar sind. Dr. House korrigiert nun also den Text, fügt hier ein Wort ein, streicht dort eines heraus.

Statt nun aber das Dokument an Ms. Moneypenny zurückzuschicken, die es mir dann weiterleiten würde, druckt er es aus. Wie man es eben so macht, im Jahre 1990. Er legt die Papiere Ms. Moneypenny auf den Tisch und geht zurück in seine eigene Welt.

Ms. Moneypenny verdreht die Augen, legt den Ausdruck auf den Scanner und scannt ihn ein. Was soll sie sonst machen, sie hat ja auch keine Zeit, all die Änderungen selbst nochmal ins Word-Dokument einzutragen.

Aber: Der Scan ist sehr gut geworden, man erkennt die Scan-geübte Hand und ich habe ihn im ersten und zweiten Moment für ein normales Word-Dokument gehalten. Chapeau!

Der Dokumentenkreislauf
Man könnte die korrigierte Word-Datei einfach per Mail versenden. Oder man druckt sie aus, scannt sie ein und verschickt sie dann per Mail!

Das Ende vom Lied: Aus dem schönen Mail-Kreislauf wurde ein Mail-Drucker-Scanner-von-Hand-nachtragen-Kreislauf, der mich eine zusätzliche halbe Stunde Zeit für das manuelle Eintragen der Änderungen im Text gekostet hat.

Das unscharfe Profilbild

Es begab sich nun zur gleichen Zeit, dass Dr. Grey* sah, dass sein Profilbild auf unserem Internetportal nicht gut war. Um genau zu sein: Es war es nicht nur Dr. Grey, sondern Dr. Grey und seine fünf Kollegen, die sich in dem kleinen Profilbildchen von vielleicht 150 x 150 Pixel Größe tummelten.

Das 6-Personen-Gruppenfoto sei im Profilbild ja doch recht unscharf, einzelne Details in den Gesichtern der Helden in weiß seien ja kaum zu erkennen! Dr. Grey witterte Inkompetenz auf unserer Seite und kontaktierte umgehend telefonisch seinen ersten Ansprechpartner: Unseren Außendienst.

Unser Außendienst kontaktierte umgehend telefonisch den Innendienst, also mich. Es könne ja wohl nicht sein, dass Bilder unscharf seien. Mach es schärfer, oder gib es dem ITler, damit er es schärfer machen möge, so die Quintessenz des Gesprächs.

Mein Einwand, dass bei sechs Akademikern in dem kleinen Profilbildkreis gar nicht so viel Platz für Bartstoppeln und Frisurendetails sei, blieb ungehört. Das Bild ist unscharf, es muss schärfer werden.

Profilbild und Gruppenprofilbild
Ist es möglich, dass mehrere Menschen auf einem kleinen Foto undeutlicher sind als nur einer? Wirrrklich?

Das Bild war nicht unscharf, es war nur klein. Das ist aber nunmal so – Profilbilder sind genau wie Passfotos sehr klein, und auf kleinen Bildern sieht man nicht so viel wie auf großen Bildern. Normalerweise prangt auf so einem Profilbild eben nur exakt ein einzelnes Antlitz und keine Boy Band.

Nunja, ich lud das ausreichend aufgelöste Bild neu hoch, positionierte es so, dass die äußeren Ohren der äußeren Kollegen abgeschnitten wurden und leitete das ganze an unseren Außendienstler weiter. Der schrieb Dr. Grey eine Mail, dass wir das Bild geändert hätten.

Neuer Tag, neues Glück – leider nicht. Dr. Grey beschwerte sich beim Außendienst, dass das Bild noch immer „unscharf“ sei. Der Außendienst antwortete ihm, dass wohl einfach die Auflösung des Bildes nicht gut genug sei für unser Portal (ohje, auch hier besteht Aufklärungsbedarf!), aber er, der Außendienst, sich mit den technischen Details eines Fotos nun wirklich nicht so genau auskenne.

Damit lag es an mir, Dr. Grey über ein universales Gesetz mit kleinen Bilder und vielen Details aufzuklären.

Mit mäßigem Erfolg offenbar.  Eine spätabendlich geschriebene Antwort von Dr. Grey fiel sehr kurz aus: „Okay, schade“ – ich bezweifle, dass er das Prinzip verstanden hat. Nun wird uns Dr. Grey für immer für zu doof halten, ein gut aufgelöstes Bild mit sechs Akademikern „scharf“ auf 150 x 150 Pixeln darzustellen.

„Bitte löschen Sie diese beiden Logos!“

Zuletzt noch eine kurze Anekdote mit Dr. Cox*. Er hat zwar schlau mitgedacht und sich große Mühe gegeben, mit der Technik Schritt zu halten. Aber leider hat es nicht ganz so funktioniert, wie Dr. Cox sich das gewünscht hat.

Dr. Cox schrieb mir also flugs eine knappe Mail mit dem Inhalt: „Bitte löschen Sie diese beiden Logos!“, angehängt zwei Grafiken. Links ein großer roter Kringel, rechts davon ein Screenshot des Profils mit mehreren eingefügten Logos.

Hier muss Sherlock nicht lange kombinieren: Offenbar hatte Dr. Cox den Screenshot in die Mail eingefügt und dann mit irgendeinem Tool den Kreis oben drüber gemalt, um die beiden Logos zu kennzeichnen. Ich wüsste zwar nicht, welches Mailprogramm sowas anbietet, aber nehmen wir einfach mal an, dass es eines gibt, das das kann.

Kringel zur Kennzeichnung
Klare Anweisung!

Gute Idee, aber das Mailprogramm war dann nicht schlau genug, diesen Kringel auf dem Screenshot als eine einzige Grafik zu speichern. Es behandelte beide separat und verschickte sie daher nebeneinander statt aufeinander.

Okay, mit der Erklärung klingt es nicht mehr so lustig. Es war aber lustig, diese Mail zu bekommen und einfach den Kringel irgendwo zu sehen, aber nirgends, wo er Sinn ergeben würde. So… typisch :D

*) Der echte Name ist der Redaktion bekannt!

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