Mensch will dem Alltag entfliehen und Entspannung auswärts suchen, aber da haben die Haustiere ein Wörtchen mitzureden. 2025 ist das Jahr mit zwei gecancelten Urlaubsreisen wegen drei Katzen. Diesen Beitrag schreibe ich mit der kleinen, schnurrenden Bonnie auf dem Arm am Laptop zuhause, weil ich auf einmal ganz unerwartet eine Woche Zeit habe. Eigentlich wäre ich jetzt in einem Ferienhäuschen in Dänemark. Und unsere beiden Katzen Bonnie und Balu würden jetzt in einer Katzenpension Freundschaft mit ihren Artgenossen schließen.
Das hatte mit unserem Kater Lopi und – früher – seiner Schwester Luna immer gut funktioniert. Katzen in der Pension, Menschen in der Weltgeschichte unterwegs. Warum also nicht dieses Mal?
Kein guter Start in der Pension
Am Tag vor unserer geplanten Abreise nach Dänemark packen wir die beiden Racker schweren Herzens in ihre Transportrucksäcke und fahren zur Pension. Die beiden sind sieben Monate alt und haben noch nicht viel von der Welt gesehen. Okay, sie kommen aus Griechenland und sind in einem Tiertransporter zwei Tage lang durch halb Europa gefahren, aber das zählt nicht. Der Punkt ist: Sie kennen fast nur unser Haus. Raus dürfen sie nicht. Nun kommen wir in einen Raum, der nicht nur recht streng nach Katzenklo riecht, sondern in dem auch ein anderer feliner Pensionsgast direkt vor Bonnies Rucksack herumtapst.
Bonnie ist gestresst. Bonnie mag das nicht. Nichts daran. Keine fremden Katzen, keine fremden Menschen, keine fremden Räume. Bonnie faucht, schreit und kauert sich mit angelegten Ohren in ihrem Rucksack zusammen.

Kein guter Start. Lopi war immer neugierig losgetrottet und hat sich alles angeschaut. Bonnie macht sich in ihrem Rucksack so klein wie möglich und faucht alles an, was sich nähert – auch Pierre und mich. Balu traut sich immerhin aus dem Rucksack, aber als er neben Bonnies Sichtfenster auftaucht, SCHREIT sie ihn an und Balu erschreckt sich, versucht zu fliehen, springt an der Tür hoch und rettet sich auf einen Kratzbaum. Dort bleibt er am ganzen Körper zitternd sitzen und sieht sich mit großen, ängstlichen Augen um.
Uff. “Die kriegen sich schon ein”, sagt der Katzenpensionsmann. Mir zerreißt es das Herz, die beiden so zurückzulassen. Durch das Glasfenster in der Tür sehe ich, wie Balu mich vom Kratzbaum aus anschaut, völlig verängstigt. Bonnie sitzt im Rucksack und traut sich nicht raus.
Wir fahren nach Hause, katzenlos und mit schlechtem Gewissen. Wie kann man denn eine Urlaubswoche genießen, wenn man die geliebten Tiere so zurückgelassen hat?
Bonnie terrorisiert die Pension
Zuhause beginne ich für die Reise zu packen. Aber nicht lange. Zwei Stunden nach dem Pensions-Check-in ruft völlig entnervt der Inhaber an. “Sowas habe ich in 25 Jahren noch nicht erlebt”, lässt er uns wissen. Er sei gerade erst aus dem Katzenaufenthaltsraum entkommen. 1,5 Stunden lang habe unsere Bonnie ihn dort bedroht. Sie sei vor der Tür gesessen, habe ihn angeschrien und Anstalten gemacht, ihn anzuspringen, wenn er sich näherte. Wehrhaftes Kätzchen :D Mit einem Kissen habe er schließlich nach ihr geworfen und konnte unserem Leichtgewicht so entkommen.
Nun mache er sich Sorgen, wie das ausgeht. Sowas hat er noch nie erlebt, wiederholt er. Balu sitze noch immer ängstlich auf dem Kratzbaum, aber Bonnie terrorisiere mit ihrer Panik auch die anderen Katzen. “Ich weiß nicht, ob das gutgeht”, lässt er uns wissen. “Vielleicht legt sich die Angst bis morgen früh, aber vielleicht frisst sie dann auch nicht”, und was ist mit den anderen Katzen im Raum?
Ganz ideal ist es nicht, Katzen, die nie mit anderen Tieren zu tun hatten, direkt in eine fremde Umgebung voller Katzen zu setzen. Unsere Luna hatte auch immer viel Angst. In einer anderen Katzenpension hatten Neuankömmlinge immer erstmal einen Raum für sich, den sie kennenlernen konnten – und sobald sie sich sicher fühlten, ließ die Inhaberin sie raus zu den anderen Katzen. Das ist in unserer aktuellen Pension nicht möglich. Tja.
Pierre und ich beraten uns kurz. Die Kardinalfrage: Können wir unsere Auszeit genießen, wenn wir uns die ganze Zeit ausmalen, dass unsere geliebten Mitbewohner Angst haben und vielleicht nichts fressen? – Unter der Voraussetzung natürlich, dass sie sich über Nacht doch noch halbwegs eingewöhnen.

Wegen Heimweh vorzeitig nach Hause
Wir hatten keinen teuren Urlaub gebucht. Ein Ferienhaus für 300 Euro, einen Hotelaufenthalt für 250 Euro. Wäre das vor unserem Spitzbergen-Urlaub mit gebuchten Hotels, Flügen und Schiffreise letztes Jahr passiert – ich wüsste nicht, was ich hätte tun sollen. Auf einmal steht alles auf der Kippe. Wir können ja nicht los, wenn für die Katzen nicht gesorgt ist. Doch diesmal ist die Entscheidung zum Glück nicht schwer. Das Hotel kann ich kostenlos stornieren. Das Geld für das Ferienhaus dagegen ist weg. Aber wir können die Katzen wieder abholen – und bleiben dann eben zuhause.
“Wie ‘mit Heimweh aus dem Schullandheim abgeholt’”, sagt Pierre. Das gab es zu meinen Schulzeiten auch. In der Grundschule gab es immer ein oder zwei Kinder, die einfach Angst hatten und nur weinend im Bett lagen. Dann kamen die Eltern angefahren und holten ihre Heulsuse wieder ab. Nun sind wir selbst in der Situation.
Wir lassen alles stehen und liegen, packen dicke Handschuhe ein – unwillige Katzen verleihen ihrer Laune gern mit scharfen Krallen Nachdruck – und fahren nochmal eine halbe Stunde zur Pension. Bonnie miaut uns gleich an, als sie uns sieht. Sie sitzt noch immer nahe der Tür, wo wir sie zurückgelassen haben. Sofort springt sie in ihren Transportrucksack, als wir ihn auf den Boden stellen. Balu hat sich offenbar ebenfalls nicht von der Stelle gerührt. Er wirkt apathisch, sehr verstört. Er lässt sich zwar streicheln, sagt aber keinen Ton. Und er will auch nicht freiwillig in den Transportrucksack.
Mit Handschuhen hebe ich ihn vom Kratzbaum und stopfe ihn in den Rucksack. Und die größte Überraschung: Bonnie und Balu fauchen sich gegenseitig an, sobald sie sich sehen. Eigentlich verstehen sie sich sehr gut – aber nicht hier und jetzt. Wir bekommen immerhin das Geld für den Aufenthalt zurück und verabschieden uns von den Inhabern der Pension.
Während der Fahrt nach Hause herrscht Ruhe im Auto. Alle sind verstört. Hin und wieder fauchen sich die beiden Geschwister an.
Alles wieder gut … nur keine Reise für uns
Zu Hause angekommen ist fast sofort alles wieder gut. Die beiden hüpfen aus den Rucksäcken. Die Stimmung zwischen den beiden ist noch etwas verschnupft, aber ich schenke Bonnie mein Haargummi und damit beginnt sie glücklich zu spielen.
Also .. kein Dänemark für uns. Und wie es für kommende Urlaube aussieht, ist auch noch nicht klar. So bescheiden, wie das gelaufen ist, weiß ich nicht, ob ich es nochmal mit dieser oder überhaupt einer Pension versuchen kann. Vielleicht in Einzelhaltung ohne andere Katzen. Leider sind Katzenpensionen nicht soooo dicht gesät hier in der Gegend… Bittere Aussichten.
Und warum es zu dieser Eskalation kam, weiß ich auch nicht. Wir waren mit den beiden schon mehrmals bei der Tierärztin, auch mit laut bellenden Hunden im Wartezimmer, und niemals waren sie so verängstigt.
Pierre ist über den ausgefallenen Urlaub noch enttäuschter als ich. Er hatte mich schon wochenlang wissen lassen, wie sehr er sich auf die Woche auswärts freut.
Kein Barcelona im Frühjahr
Im April wollten wir zwei Wochen mit Vater nebst Gattin meine Schwester in Barcelona besuchen. Für unseren lieben Lopi hatten wir die Pension gebucht – aber wenige Wochen vor dem Urlaub erhielten wir seine Herzdiagnose. Lopi war schwer krank und benötigte mehrmals am Tag Tabletten. Ein paar Wochen überlegten wir hin und her … und sagten die Reise dann ab. Wir wollten den schwerkranken Kater nicht in die Obhut eines anderen geben. Und was, wenn es dort dann schlimmer wird und er womöglich während unserer Abwesenheit stirbt?
Das war auch die einzig richtige Entscheidung. Wir mussten ihn am 25. April einschläfern lassen – dem Tag, an dem wir von unserer Reise zurückgekehrt wären.
Das Universum will, dass wir dieses Jahr zuhause bleiben.
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